Dass ihr Produkt gesünder sein sollte, war ursprünglich gar nicht Anspruch der Öko-Bauern. Doch spätestens seit die Lebensmittelbranche Bio-Produkte auf breiter Front anbietet, prasseln die Werbeversprechen nur so auf die Verbraucher herein: Bio sei frischer, schadstoffärmer, natürlicher - und damit ganz klar gesünder. An dieser Darstellung gibt es einige Zweifel. Erst im September hatte eine große, viel diskutierte Studie der Universität Stanford der ökologischen Kost einen Vorteil für die Gesundheit abgesprochen. Nun wagt sich die American Acadamy of Pediatrics hervor und legt seine Interpretation der bisherigen Forschung im Fachmagazin Pediatrics vor. Die wichtigsten Fakten:
Milch
Bei dem Getränk fällt das Urteil der Mediziner am klarsten aus: Bio-Milch bietet keine gesundheitlichen Vorteile. Egal ob die Kuh auf der Wiese graste oder im Großstall stand: ihre Milch enthält gleichviele ernährungsrelevante Mineralstoffe und Vitamine.
Ein Unterschied ist der Einsatz von Wachstums- und Sexualhormonen die Kühen in konventioneller Zucht in einigen Ländern häufiger verabreicht werden. EU-weit ist ihr Einsatz verboten oder streng reglementiert. Doch selbst da, wo sie eingesetzt werden, stellt die Praxis den Wissenschaftlern zufolge keine Gefahr für milchtrinkende Kinder dar. Denn diese Hormone seien artspezifisch und hätten keine Wirkung auf den Menschen. Außerdem werden 90 Prozent dieser Hormone während dem Pasteurisieren, also dem Haltbarmachen der Milch, zerstört.
Obst und Gemüse
Pflanzliche Produkte vom Biohof enthalten mehr Vitamin C. Doch es gibt keinen Beweis, dass dieser Fakt einen Vorteil in der Kinder-Ernährung darstellt. Ein Vitamin-C-Mangel ist in den Industrienationen ohnehin kaum zu erwarten.
Ein weiterer Unterschied zwischen Bio- und konventionellen Früchten ist der Pestizid-Gehalt. Bio-Pflanzen enthalten deutlich weniger Rückstände dieses Pflanzenschutzmittels. Doch mit der Interpretation dieses Faktes tun sich auch die Kinderärzte schwer: "Es ist unklar, ob der geringere Pestizid-Anteil für die Gesundheit von Bedeutung ist", schreiben sie.
Die Ärzte zitieren eine Studie, wonach Schwangere, die während ihrer Arbeit auf Feldern in Kontakt zu Pestiziden kamen, häufiger kleinere Kinder zur Welt brachten. In einer anderen Studie wurden mehr Entwicklungsverzögerungen und Aufmerksamkeitsprobleme bei Kindern von Farmarbeiterinnen festgestellt als in der Normalbevölkerung. Solche Erkenntnisse lassen aufmerken, denn das Nervensystem von Kindern entwickelt sich noch, und könnte besonders anfällig für Gifte sein. Dennoch, so schreiben die Mediziner, sei ein direkter Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Pestizid-belastetem Obst und neurologischen Auffälligkeiten nicht nachgewiesen.
Fleisch
Häufiger Genuss von rotem Fleisch steht im Verdacht, eine ganze Reihe von Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes und verschiedene Krebsleiden zu begünstigen. Ob dies bei Bio-Fleisch anders ist, ist nicht geklärt. Die Einschränkung der konventionellen Fleischerzeugung könnte aber möglicherweise indirekt der Gesundheit nützen. Denn bei dieser Form der Tieraufzucht werden häufig Antibiotika eingesetzt. Dieser massenhafte Einsatz fördert die Entstehung von resistenten Keimen, die, wenn sich Menschen mit ihnen infizieren, kaum mehr bekämpft werden können.
Das Wichtigste für Eltern ist den Ärzten zufolge, dass die Kinder sich ausgewogen ernähren. Ihr Speiseplan sollte viel Obst und Gemüse, Vollkorn- und Milchprodukte enthalten. Sie können, müssen aber nicht aus Öko-Erzeugung stammen. Jenseits der gesundheitlichen Fragen hat der Gang zum Biomarkt auf jeden Fall ein Vorteil: Eltern geben ihren Kindern ein Beispiel in umweltbewusstem Verhalten.