Zinswende in Europa:EZB erhöht Leitzins für die Eurozone

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Erstmals seit Juli 2008 hebt die Europäische Zentralbank wieder die Zinsen an. Damit will sie ein Zeichen gegen die wachsenden Inflationsgefahren setzen.

Die Zeiten extrem billigen Geldes sind vorbei: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins für die Eurozone auf 1,25 Prozent angehoben. Der Zins legt damit um 0,25 Prozentpunkte zu, wie die EZB in Frankfurt am Main mitteilte.

Seit Mai 2009 hatte der Zinssatz zuvor auf seinem historischen Tief von einem Prozent verharrt und seit Juli 2008 waren die Zinsen nur noch rückläufig.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte den Zinsschritt bereits im März angedeutet. Die Währungshüter wollen damit der steigenden Inflation in der Euro-Zone entgegentreten. Im März war die Teuerungsrate in der Euro-Zone auf 2,6 Prozent geklettert. Für die schwächelnde Konjunktur in hoch verschuldeten Ländern am Rand der Euro-Zone wie Irland, Griechenland und Portugal könnte die Zinserhöhung Gift sein.

Bei höheren Leitzinsen werden Kredite für Verbraucher und Unternehmen teurer und die Zinsen auf Spareinlagen legen zu. Wegen der dadurch sinkenden Ausgabebereitschaft kann der Handel nicht mehr so stark mit seinen Preisen anziehen.

Die erste Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank seit fast drei Jahren stößt in Deutschland auf ein geteiltes Echo. "Angesichts des Inflationsdrucks ist die heutige Zinsentscheidung der EZB nachvollziehbar", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Hans Heinrich Driftmann. "Sie trägt zur Stabilisierung der Preise bei und erhöht damit auch die Planungssicherheit für Unternehmen." Zwar würden damit auch die Finanzierungskosten steigen. Doch fürchte die Wirtschaft einen schlechteren Zugang zu Krediten durch die neuen Eigenkapitalvorschriften der Banken viel mehr als Kostensteigerungen durch höhere Zinsen.

Scharfe Kritik kam dagegen vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). "Mit der Erhöhung des Leitzinssatzes befindet sich die EZB erneut auf einem geldpolitischen Holzweg", sagte Bundesvorstand Claus Matecki. Sie betreibe eine "Kollektivbestrafung von kompletten europäischen Gesellschaften, um die Inflation zu bekämpfen". Das belaste Wachstum, Beschäftigung und Staatsfinanzen, was weitere Ausgabenkürzungen in den Euro-Krisenländer nach sich ziehe. "Auch in Deutschland wird die Zinslast auf öffentliche Haushalte steigen", sagte Matecki. "Die zusätzlichen Steuereinnahmen durch das robuste Wachstum werden dann statt für Investitionen und Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen für Zinsen aufgebraucht."

© sueddeutsche.de/dpa/afp/rtr/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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