Raus aus der Lebensversicherung:Wenn die Police zu teuer wird

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Wer seine Lebensversicherung aufgeben will oder muss, hat mehrere Möglichkeiten. Doch eines ist klar: Kündigen ist fast immer die schlechteste Variante.

Alina Fichter

Das vergangene Jahr war für viele nicht einfach. Da waren diejenigen, die kurzarbeiten mussten und plötzlich viel weniger Geld verdienten als zuvor. Andere verloren ihren Job gleich ganz, und der Verlust riss eine tiefe Lücke in ihre Finanzplanung. Mit so etwas rechnet keiner. Und genau das ist das Problem - denn alle Kosten laufen weiter, so als wäre nichts geschehen.

Beiträge zur Lebensversicherung sind für viele Menschen ein hoher Kostenfaktor. (Foto: dpa/dpaweb)

Auch die Beiträge zur Lebensversicherung sind bei vielen ein hoher Kostenfaktor. So mancher rechnet und merkt dann: zu teuer. "Immer mehr Menschen tun sich schwer damit, das nötige Geld für die Police aufzubringen", sagt Kerstin Becker-Eiselen, Verbraucherschützerin in Hamburg. Bereits im Krisenjahr 2009 war die Stornoquote auf über sechs Prozent gestiegen; sie lag damit so hoch wie nie zuvor. In diesem Jahr dürfte sie noch weiter nach oben klettern.

Lebensversicherungen sind die Lieblingsanlage der Deutschen: Über 90 Millionen Policen gibt es hierzulande, das sind deutlich mehr, als das Land Einwohner hat. Aber gut die Hälfte der Verträge werden vorzeitig gekündigt. Je langfristiger sie sind, desto schlechter ist auch das Durchhaltevermögen der Besitzer: Bei 30-jähriger Laufzeit steigen drei von vier Kunden vorzeitig aus.

Das Problem ist, dass die meisten bei einer Kündigung viel Geld verlieren - obwohl sie ja eigentlich sparen wollen: "Der Versicherer bestraft Frühaussteiger finanziell", sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten (BdV). Er rät allen, die es irgendwie schaffen können, bis zum Ende der Vertragslaufzeit durchzuhalten.

Wer das nicht kann und seine Lebensversicherung möglichst rasch zu Geld machen möchte, muss nicht gleich kündigen. Das ist zwar die beliebteste, aber fast nie die sinnvollste Variante. Sie lohnt sich vor allem dann, wenn jemand ein Haus kauft oder Drillinge bekommen hat und schnell Bares braucht. "Wer einen teuren Kredit bedienen muss, kann eine Kündigung erwägen", sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen - niemand solle mehr für Schuldzinsen ausgeben als er über die Lebensversicherung erspare.

Bei einer Kündigung der Lebenspolice bekommen Verbraucher nicht einfach all ihre eingezahlten Beiträge, sondern den sogenannten Rückkaufswert ausgezahlt. Wie das Unternehmen ihn genau berechnet, bleibt für den Verbraucher im Dunkeln: "Kaum etwas ist so intransparent wie der Rückkaufswert", sagt Weidenbach. Zwar ist seit 2008 gesetzlich gesichert, dass mindestens die Hälfte der eingezahlten Beträge zurückfließen muss. Wie viel der Kunde aber zusätzlich bekommt, entscheidet das Unternehmen.

Die höchsten Einbußen muss verkraften, wer seinen Vertrag erst vor kurzem abgeschlossen hat: "Die Verwaltungs- und Abschlusskosten fressen in den ersten Jahren die eingezahlten Beiträge beinahe ganz auf", sagt Verbraucherschützerin Becker-Eiselen.

Deshalb empfiehlt es sich, andere Möglichkeiten als die Kündigung zu prüfen - besondersfür jene, die nur einen vorübergehenden finanziellen Engpass überstehen müssen. Sie können ihren Versicherer darum bitten, die Vertragslaufzeit zu verkürzen. Viele Gesellschaften lassen mit sich reden und verzichten dann auf den Storno-Abzug. Manche gestehen dem Kunden sogar die so genannten Schlussgewinne zu - ein deutlicher Vorteil im Vergleich zur Kündigung. Verbraucherschützerin Becker-Eiselen rät Betroffenen, zu vergleichen, wie viel sie bei einer Verkürzung auf zwei oder drei Jahre bekämen, und diesen Wert mit dem Rückkaufswert zu vergleichen.

Verbraucher, die es bereits ins letzte Drittel der Vertragslaufzeit geschafft haben, können ihren Vertrag auch beitragsfrei stellen lassen. Er läuft dann zwar weiter, der Kunde spart sich aber die monatlichen Beiträge. Am Ende bekommt er die Versicherungssumme samt Schlussgewinnen ausgezahlt. Der Haken der Beitragsfreistellung: "Eine mit abgeschlossene Berufsunfähigkeitsversicherung entfällt", sagt Weidenbach; das ist vor allem für Ältere bitter, denn sie tun sich schwer, eine Alternative zu finden.

Verkauf auf dem Zweitmarkt

Eine weitere Option ist es, die Police auf dem Zweitmarkt zu verkaufen. Allerdings lassen sich Zweitverwerter meist nur auf das Geschäft ein, wenn die Vertragslaufzeit 15 Jahre nicht übersteigt und der Rückkaufswert mindestens 10.000 Euro beträgt. Zudem ist Vorsicht geboten: "Auf dem Zweitmarkt tummeln sich viele schwarze Schafe", sagt Thorsten Rudnik vom BdV. So gibt es zahlreiche Internetseiten, auf denen Anbieter das Doppelte des Rückkaufswertes oder mehr versprechen. "Solche Summen sind völlig unrealistisch", sagt Rudnik. Die Machenschaften mancher Zweitmarktanbieter hat die Finanzaufsicht Bafin auf den Plan gerufen. Vor kurzem hat sie drei Zweitmarkt-Anbietern das Geschäft verboten.

Skeptisch sollten Verbraucher vor allem dann werden, wenn Anbieter den Kaufpreis der Versicherer in Raten auszahlen wollen. "Auf so etwas sollte sich niemand einlassen", sagt Verbraucherschützer Rudnik. Er rät, sich den Kaufpreis der Versicherung unbedingt bar auszahlen zu lassen. Sonst hat der Verbraucher womöglich das Nachsehen - weil er am Ende, statt Geld zu sparen, Geld verliert.

© SZ vom 04.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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