Island: Streit über Milliardenansprüche:Falsche Prioritäten

Die Isländer wollen den Milliardenschaden, den ihre Pleitebanken angerichtet haben, nicht gemeinsam mit den ausländischen Gläubigern regulieren. Dabei gäbe es wichtigere Angelegenheiten zu klären.

Gunnar Herrmann

Der Streit um das Erbe der Pleitebank Icesave gleicht immer mehr einer isländischen Saga: Er findet einfach kein Ende. In der aktuellen Fehde geht es allerdings nicht, wie in der Sage, um Drachenboote, geraubte Frauen und gekränkte Ehre. Heute geht es um Geld.

Die finanzielle Schieflage des isländischen Kreditinstituts Landsbanki (isländisch auch: Landsbankinn) trübt nun das internationale Ansehen Islands. (Foto: AFP)

Die Isländer haben soeben das Schuldenabkommen mit Großbritannien und den Niederlanden abgelehnt. Vier Milliarden Euro fordern Briten und Niederländer von der Insel. Es handelt sich um Schulden, die aus der Pleite der privaten Onlinebank Icesave stammen. Das ist eine große Summe für ein kleines Land - aber sie wäre bezahlbar. Die Gläubiger werden nun wohl vor Gericht für ihre Ansprüche streiten.

Genau das wollten die Gegner des Icesave-Abkommens erreichen. Damit habe Island noch eine Chance auf ein günstigeres Ende der Banksaga, argumentieren sie. Das klingt nachvollziehbar, doch ging es bei der Volksabstimmung um mehr als nur um ein paar Kronen.

Für die siegreiche "Nein"-Seite ist der Schuldenzwist ein Kampf, bei dem alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft werden. Sie proklamiert eine isländische Unabhängigkeit, die sich selbst genug ist und keine Freunde braucht. Die Befürworter des Schuldenabkommens hatten dagegen erkannt, dass man Probleme mit Nachbarländern besser gemeinsam regelt, statt sich in Prozessen zu bekriegen.

Mit einem "Ja" wäre ein Schlussstrich unter das traurige Icesave-Kapitel gezogen worden. Island hätte fortan in Ruhe über Wichtigeres diskutieren können, etwa über sein Verhältnis zu Europa und einen eventuellen EU-Beitritt. Doch solche Fragen werden nun weiter vom Schuldenstreit überlagert. Das ist keine gute Ausgangslage für eine vernünftige Debatte über die Zukunft der Insel.

© SZ vom 11.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: