OVG-Vize:Beschleunigte Asylverfahren erfordern ausreichend Personal

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Ein Flugzeug startet am Flughafen Hannover - fotografiert durch Stacheldraht am Flughafenzaun. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa/Archivbild)

Die Politik verspricht, Asylverfahren und Abschiebungen zu beschleunigen. Aus Sicht der Verwaltungsrichter fehlen dafür allerdings personelle Voraussetzungen.

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Münster (dpa/lnw) - Die Zahl der Asylverfahren an den sieben Verwaltungsgerichten Nordrhein-Westfalens ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen. Mit rund 20.600 neuen Streitfällen (2022: 17.700) lag sie erstmals seit 2019 wieder über 20.000. Das geht aus dem am Montag veröffentlichten Jahresbericht des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für Nordrhein-Westfalen hervor.

Die von der Politik angestrebte Verfahrensbeschleunigung setze eine ausreichende Personalstärke an den Gerichten voraus, mahnte OVG-Vizepräsident Sebastian Beimesche. Es könne als sicher gelten, dass die seit 2021 wieder deutlich steigende Zahl an Asylanträgen auch weiterhin „eine erhebliche Zunahme der Klagen und Eilverfahren bei den Verwaltungsgerichten“ nach sich ziehen werde.

Beimesche erinnerte an das gemeinsam beschlossene Ziel des Bundeskanzlers und der Länderchefs, Gerichtsverfahren für Angehörige von Staaten, für die die Anerkennungsquote weniger als fünf Prozent beträgt, in drei Monaten und in allen anderen Fällen regelhaft nach sechs Monaten abzuschließen. „Der Beschluss soll der Erwartung entsprechen, dass diejenigen, die keinen Schutzanspruch haben und ausreisepflichtig sind, Deutschland auch zügig wieder verlassen“, stellte der Vizepräsident fest. „Allerdings zeigt die ständige verwaltungsrichterliche Erfahrung, dass dies in sehr vielen Fällen nicht so ist.“

Dabei träfen die Verwaltungsgerichte asylrechtliche Eilentscheidungen heute schon innerhalb kürzester Zeit und auch über die Mehrzahl der Asylklagen werde binnen Jahresfrist entschieden. Eine weitere Verkürzung der Verfahrenszeiten erfordere mehr Personal, damit andere, für die Allgemeinheit nicht weniger wichtige Verfahren nicht zurückgestellt werden müssten. Daher sollte auf den eigentlich in den nächsten drei Jahren vorgesehenen Stellenabbau in der Verwaltungsgerichtsbarkeit verzichtet „und möglichst weitere Stellen geschaffen werden“, betonte Beimesche.

Der Anteil der Asylsachen an allen neu eingegangenen Verfahren sei im vergangenen Jahr an den sieben Verwaltungsgerichten in NRW auf rund 40 Prozent erheblich angewachsen. Dabei sei die Quote in Köln mit 24 Prozent am niedrigsten gewesen und in Aachen mit rund 56 Prozent am höchsten.

© dpa-infocom, dpa:240304-99-216353/2

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