Kirche:Wir sind Kirche: Missbrauchsaufarbeitung nur Kompromiss

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Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, spricht auf einer Pressekonferenz zu Journalisten. Foto: Andreas Arnold/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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München (dpa) - Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" bewertet die Rahmenvereinbarung zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche als Kompromiss und drängt auf eine konsequente Umsetzung. "Die gemeinsame Erklärung zeigt richtige Wege auf, doch sie wird nur dann zum Erfolg führen, wenn sie wirklich von allen 27 Bischöfen in Deutschland unterzeichnet und die standardisierte Aufarbeitung gemäß den Kriterien Unabhängigkeit, Transparenz und Partizipation von Betroffenen auch konsequent umgesetzt wird", hieß es am Mittwoch in einer Mitteilung aus München.

Die Bewegung hält es "nach wie vor für überfällig, Verbrechen und Verbrecher endlich als solche zu bezeichnen, statt nur die Reinhaltung der Institution Kirche im Blick zu haben". Die Bischöfe dürften nicht länger darauf verweisen, dass sie für die Täter, deren Datenschutz und Lebensunterhalt verantwortlich seien. Auch seien Fragen nach einer Entschädigung der Opfer noch immer ungeklärt.

Am Dienstag hatte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) die Einigung auf eine "Gemeinsame Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland" bekanntgegeben. Für die umfassende, vergleichbare und abgestimmte Aufarbeitung sollen Strukturen etabliert werden, die eine transparente und unabhängige Arbeit gewährleisten. Betroffene und Experten sollen dabei ausdrücklich einbezogen werden. Die Einigung hatten der DBK-Missbrauchsbeauftragte Bischof Stephan Ackermann und der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, ausgearbeitet.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, begrüßte die Erklärung zur Missbrauchsaufarbeitung. "Nur mit Offenheit, Transparenz und klaren Standards kann dem verbreiteten Misstrauen angesichts früher üblicher Vertuschung begegnet werden", erklärte Sternberg am Mittwoch. Mit dieser Absichtserklärung werde eine angemessene Beteiligung der Betroffenen sichergestellt. "Das Übereinkommen ist neben der Etablierung einheitlicher Präventionsstandards ein weiterer wichtiger Schritt zu einer Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs, die zum Vorbild werden kann."

"Wir sind Kirche" beklagte dagegen: "Sehr viel effektiver wäre die Einrichtung einer nationalen Aufarbeitungskommission gewesen (...) und wenn es auch ermöglicht würde, die Namen von Tätern wie Personalverantwortlichen zu benennen". Im Jahr 2018 hatte die Kirche die sogenannte MHG-Studie und damit schockierende Zahlen zu sexuellem Missbrauch öffentlich gemacht. Die Studie wurde unter anderem kritisiert, weil die Wissenschaftler keinen direkten Zugang zu den Personalakten hatten.

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