Werbespot-Parodie auf Apple-Kult:Samsung veräppelt die iPhone-Jünger

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Sind Apple-Kunden ihrer Marke so blind ergeben, dass es ihnen überhaupt nicht mehr um die Qualität ihrer Geräte geht? Samsung legt mit einem neuen Werbespot diesen Schluss nahe - und belebt damit ein Genre neu, das Apple einst prägte.

Eine Schlange vor einem amerikanischen Geschäft, das wie ein Apple-Store aussieht: Eine Gruppe Hipster wartet offenbar auf das iPhone 4S. "Noch neun Stunden", singt eine junge Frau, "Ich bin so aufgedreht, ich könnte drei Wochen warten!", sagt sich ein anderer begeistert.

So stellt man sich die Warteschlange vor, wenn Apple ein neues Produkt auf den Markt bringt. Einzig: Die Szenen sind aus einem Samsung-Werbespot, der noch eine ganz andere Wendung nimmt.

Denn die ersten Apple-Fanboys beginnen, sich Sorgen zu machen: "Die Blogs sagen, der Akku sei dürftig", sagt ein missmutig dreinblickender Hipster in einem Campingstuhl. Wie könne man denn überhaupt erkennen, dass er ein neues Gerät habe, wenn es wie das alte aussehe, fragt sich ein anderer Wartender.

Plötzlich entdecken die iPhone-Hipster andere junge, gutaussehende Passanten auf der Straße. Und diese haben kein iPhone, sondern ein anderes flaches Smartphone in ihren Händen. Begeistert lassen sie sich das Gerät erklären - bis sie merken, dass es sich um das Samsung Galaxy S II handelt.

"Ich bin kreativ" - "Du bist Barista"

Enttäuscht winken die Warteschlangen-Steher daraufhin ab: "Ich könnte mir niemals ein Samsung kaufen, ich bin kreativ", sagt ein Apple-Fan, worauf sein Kollege ihm ein trockenes "Du bist Barista" zuflüstert. Am Ende erscheint der Slogan "The next big thing is already there", inklusive Hinweis auf das Samsung-Handy.

Weil der Spot mit dem Titel "The Next Big Thing" die blinde Ergebenheit von Apple-Kunden gegenüber neuen Produkten ihrer Marke aufs Korn nimmt, wird er derzeit in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter herumgereicht; mehr als 260.000 Menschen haben das Video bereits auf YouTube angeklickt.

Vergleichende Werbung hat im Tech-Sektor eine lange Tradition, in die sich der koreanische Konzern Samsung nun einreiht. Ironischerweise war es ausgerechnet das Unternehmen von Steve Jobs, das in seinen Spots die Konkurrenz angriff.

Bereits in dem berühmten Spot "1984" für den Macintosh stand die konformistische Gesellschaft, die dort als Gegenpol zu Nutzern des Apple-Computers präsentiert wird, nach Aussage von Steve Jobs für den Konkurrenten IBM.

1984 war noch eine Interpretationsfrage: Mehr als 20 Jahre später ging Apple den Konkurrenten Microsoft in seiner Kampagne "Get A Mac" direkter an. Zwischen 2006 und 2009 personifizierten zwei Schauspieler in den kurzen Spots jeweils einen Computer: Ein etwas steifer, unbeholfener Nerd im Anzug stand für Windows-PCs, ein lockerer Kreativ-Hipster für den Mac. Die Lehre der kurzen Rededuelle, die stets mit den Worten "I'm a Mac - I'm a PC" begannen: Macs sind lässig, PCs voller Fehler und ohne Komfort.

2008 konterte Microsoft mit der Kampagne "I'm a PC". Darin bekannten sich verschiedene Menschen dazu, vielleicht nicht besonders gut oder hip auszusehen, aber dennoch als Designer, Umweltschützer oder Schriftsteller besondere Dinge vollbringen zu können. Auch Microsoft-Chef Bill Gates hatte mit dem Spruch "Ich bin ein PC und trage eine Brille" einen Gastauftritt.

Mit der Kampagne gelang es Microsoft, die PC-Welt sympathischer erscheinen zu lassen: Die Apple-Werbespots wirkten in diesem Kontext arrogant - womöglich auch deshalb stellte das Unternehmen die Kampagne 2009 ein.

Samsung und der Microsoft-Trick

Nun hat Samsung also eine Art Microsoft-Trick angewendet: Die Apple-Kunden stehen als versnobte, verblendete Fanboys und -girls da, die ihr Produkt nicht nach den Funktionen, sondern nach der Marke beurteilen. Eigentlich also eine Steilvorlage für Apple - doch dass das Unternehmen per Werbespot antwortet, gilt als unwahrscheinlich.

Heute verzichtet der inzwischen weltgrößte IT-Konzern darauf, seine Produkte mit denen anderer Hersteller zu vergleichen. Der Konkurrenzkampf zwischen Apple und Samsung, das im dritten Quartal mehr Smartphones als der kalifornische Konkurrent verkaufte, wird längst in diversen Patentverfahren vor Gerichten in aller Welt ausgetragen.

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