Überwachungsprogramm Prism:Internetgiganten in Erklärungsnot

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So viele Daten, so viele Nutzer - und wer kontrolliert Daten und Nutzer? Server im Google-Datenzentrum in Pryor, Oklahoma. (Foto: dpa)

In Blogs brodelt es: Facebook, Google und andere Internetkonzerne müssten endlich klar darlegen, inwieweit sie mit der US-Regierung kooperieren und was genau sie über das Überwachungsprogramm Prism wussten - die dürren Dementis der Konzerne stellen viele nicht zufrieden. Viele Blogger interessieren sich besonders für eine wiederkehrende Worthülse.

Von Karin Janker

Nun ist die Zeit der Analyse gekommen: Nachdem die erste Aufregung über das Bekanntwerden des Überwachungsprogramms Prism abgeebbt ist, konzentrieren sich die Blogger darauf, die Hintergründe aufzudecken und die ihrer Meinung nach Verantwortlichen zur Rede zu stellen. Von ihnen fordern sie Aufklärung.

Unter dem Decknamen "Prism" hat die Nationale Sicherheitsbehörde der USA (NSA) seit 2007 weltweit Internetnutzer ausspioniert und überwacht. US-Präsident Barack Obama begründete das Programm mit der Sicherheit seines Landes, die es zu gewährleisten gelte.

Vielen Bloggern geht es auch um etwas anderes: Sie schauen auf den Datenschutz - und geben sich mit den jünsten Dementis der großen Internetkonzerne nicht zufrieden. Zunächst hatten die Google-Chefs Larry Page und David Drummond im offiziellen Blog des Unternehmens unter der Überschrift "What the ...?" geschrieben, dass Google keinem Programm beigetreten sei, das der US-Regierung oder einer anderer Regierung direkten Zugang zu seinen Servern gewährt:

"First, we have not joined any program that would give the U.S. government - or any other government - direct access to our servers."

Wenige Stunden später folgte Facebook-Chef Mark Zuckerberg, der via Statusmeldung auf seiner Facebook-Pinnwand einen fast gleichlautenden Text veröffentlichte:

"Facebook is not and has never been part of any program to give the US or any other government direct access to our servers."

Inzwischen zogen auch die anderen Konzerne nach - jeweils mit ähnlichen Formulierungen. Der Sendergruppe CNBC zufolge verkündete Apple, man hätte nie zuvor von Prism gehört und ebenfalls keinen "direkten Zugang" zu Daten gewährt:

Die US-Webseite Buzzfeed stellt in einem Artikel dar, dass sich in sämtlichen Dementis - auch in jenen von Paltalk und Yahoo - die Formulierung "direct access" wiederhole. Um diese Auffälligkeit kreist nun die Kritik in Blogs und Tweets in Deutschland und den USA:

Die US-Nachrichtenagentur AP schreibt in einer Analyse, dass die Verlautbarungen der Internetkonzerne dechiffriert werden müssten. Sie gäben demnach keine Auskunft darüber, ob die NSA bei den Unternehmen Verbindungsdaten gesammelt habe. Die Agentur zitiert außerdem Lee Tien, eine Vertreterin der Electronic Frontier Foundation, die sich für Bürgerrechte im Internet engagiert: "Es ist ziemlich schwierig abzuschätzen, was diese Dementis bedeuten." Genauere Erklärungen von Google, Facebook und den anderen Konzernen stehen bislang allerdings aus.

Bisher bestätigten die Internetkonzerne nur, dass sie den Behörden Informationen nach einem entsprechenden Gerichtsbeschluss zur Verfügung stellen. In einem Artikel stellt die New York Times den Ablauf solcher Verfahren dar. Demnach sei mit Google und Facebook über "separate, sichere Portale" zu diesem Zweck verhandelt worden, die teilweise auf Servern der Unternehmen eingerichtet werden sollten. Der Bericht lässt offen, ob diese Ideen umgesetzt wurden. Mehrere Unternehmen hätten den Behörden den Zugriff auf rechtmäßig angeforderte Daten erleichtert. Prism wird in dem Artikel allerdings nicht namentlich erwähnt, das beschriebene Vorgehen bezieht sich auf Einzelfälle und bestehende rechtliche Grundlagen.

Der Mitbegründer des World-Wide-Web Tim Berners-Lee äußerte sich inzwischen in der Financial Times "tief beunruhigt" über die bekannt gewordene Massenüberwachung im Prism-Programm. Er forderte alle Internetnutzer dazu auf, auf ihren Rechten im Netz zu bestehen und darauf, informiert zu werden, wenn jemand Zugang zu den eigenen Daten verlange. Man müsse genau abwägen, wem man die Entscheidung über den Zugang zu Daten anvertraue.

Mit Material von dpa.

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