Internet:Unternehmen müssen Kontrolle abgeben

Tim Höttges, der Chef der deutschen Telekom, hat ebenfalls eine klare Meinung zu dem Thema: "Wir müssen global denken. Es darf keine Insellösungen geben." Nicht jeder müsse alles machen, "das wird in der IoT-Welt nicht funktionieren - nur mit Offenheit geht es." Dafür müsse man als Unternehmen eben auch mal ein bisschen Kontrolle abgeben.

Das fällt nicht jedem leicht, vor allem nicht, wenn es um Unternehmen geht, die es schon lange gibt und die somit ihre Denkweise ziemlich radikal verändern müssen.

Bei General Electric (GE) etwa, gegründet 1892, gibt man zu: "Kollaboration war für uns nicht leicht", sagt Europachef Mark Hutchinson, "aber anders geht es nicht mehr." Bei GE hätten viele die neue Art der Zusammenarbeit als "Schritt ins Ungewisse" empfunden. Aber auch GE sieht keine Alternative, selbst wenn das heißt, dass man auch mal mit dem unmittelbaren Wettbewerber zusammenarbeiten muss.

Bei BMW, auch ein Unternehmen aus der Old Economy auf gutem Weg in die neuen Zeiten, sieht man die Sache ganz genauso: "Die Automobil- und die Software-Industrie brauchen einander", sagt Elmar Frickenstein, der bei den Münchnern für das Zukunftsthema autonomes Fahren zuständig ist. Man habe deshalb auch Here, den Hersteller digitaler Karten, den Daimler, BMW und Audi von Nokia gekauft haben, für Kooperationen geöffnet. Denn: "Alle haben mehr davon, wenn viele Daten gesammelt werden", sagt Frickenstein. Auch bei BMW habe man überlegt: Können wir dies oder jenes teilen? Letztlich aber hätten die Vorteile überwogen. Deshalb wird der Autohersteller zum Beispiel auch die Plattform öffnen, an der er zusammen mit dem israelischen Bilderkennungsspezialisten Mobileye arbeitet. "So kommen wir schneller und sicherer ans Ziel", sagt Frickenstein.

"Sogar das Militär setzt jetzt quelloffene Software ein."

Firmen wie das US-Unternehmen Red Hat arbeiten schon länger mit offener Software - mittlerweile macht sie Milliarden-Umsätze. Santiago Madruga, bei Red Hat Chef der Bereiche ICT und Telekommunikation in der EMEA-Region, wundert sich nicht, dass mit dem Trend zur Vernetzung der Welt Open-Source-Software gefragt ist wie nie: "Wie hätte man denn die vielen Sensoren mit Software realisieren sollen, wenn man dafür man jeweils eine Lizenz gebraucht hätte?", fragt er. Aber Open Source hat seiner Einschätzung nach auch das Image der Frickel-Software endgültig abgestreift. "Firmen wie Nokia oder Cisco, die New Yorker Börse, Banken, sogar das Militär setzten jetzt alle Open-Source-Software ein", sagt er, "das war vor ein paar Jahren noch nicht so."

Madruga führt als Argument an, dass Open-Source-Software in der Regel sicherer sei als herstellerspezifische. Das leuchtet ein, denn den Quellcode, also das Programm, so wie Menschen es verstehen können, kennen bei herstellereigener Software nur die Mitarbeiter dieser Hersteller. Bei Open-Source-Programmen dagegen kann sich jeder, der etwas davon versteht, den Quellcode ansehen. Weil so mehr Kontrolle herrsche, sei diese Software deshalb sicherer, sagt Madruga.

Vor Fehlern ist man freilich auch hier nicht gefeit, vor allem dann nicht, wenn bei den Anwendern Nachlässigkeit, Unwissenheit oder Schlamperei hinzukommen. Zwei Drittel von Programmen, die Teile von Open-Source-Projekten enthalten, würden Sicherheitslücken aufweisen, meldete jüngst die Firma Black Duck. Das Unternehmen hat sich auf die Untersuchung von Open-Source-Programmen spezialisiert. Der Grund: Die Hersteller achten nicht genug darauf, die Teile ihrer Programme, die aus allgemein verfügbaren Quellen stammen, gegebenenfalls zu aktualisieren. Denn Open-Source-Programme werden zwar meist schnell verbessert, wenn Sicherheitsprobleme bekannt werden. Diese Verbesserungen müssen diejenigen dann aber auch einpflegen, die die Software verwenden.

Sogar gravierende Fehler, die seit mehreren Jahren behoben seien, gebe es noch in erstaunlich vielen Programmen, hat Black Duck festgestellt. Das Problem kommt freilich aber auch bei herstellereigener Software häufig vor. Nur lässt es sich dort meist nicht so leicht überprüfen.

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