Fernsehen im Netz:Apple drängt ins Fernsehen

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Werbung an der prominentesten Stelle, die New York City zu bieten hat: Reklame für die Apple-Sendung Carpool Karaoke am Times Square. (Foto: imago/Levine-Roberts)

Was plant Apple mit seinen Großinvestitionen auf dem TV-Markt? Wird der Konzern zum Konkurrenten von Netflix, Amazon Prime und Co.? Oder kauft er Netflix einfach?

Von Jürgen Schmieder

Es gibt ein Geheimnis in Hollywood, das ist so geheim, dass es alle kennen. Und deshalb wissen auch alle angeblich genau, was passieren wird. Es geht um den Technikkonzern Apple und seine gar nicht so geheimen Pläne, in den kommenden Jahren mehrere Milliarden Dollar in eigene Bewegtbild-Inhalte investieren zu wollen. Das Unternehmen ist für seine Verschwiegenheit berüchtigt, es veröffentlicht nur, was sich nicht mehr verheimlichen lässt - was bei Produkten wie Ipad, Iphone und Ipad jeweils für einen wahnwitzigen Hype und bei Apple für wahnwitzigen Reichtum gesorgt hat.

Diese Strategie verfolgt Apple nun auch bei Filmen und Fernsehserien. Es gibt immer wieder unscheinbare Meldungen, die für sich betrachtet kleine schwarze Punkte auf einer weißen Wand sind. Meldungen wie diese: Apple mietet ein 12 000-Quadratmeter-Gebäude im Filmbezirk Culver City im Süden von Los Angeles. Das Unternehmen wirbt hochrangige Manager der Produktionsfirmen Amazon Studios und Sony Pictures Television ab. Es gibt Deals für eine Neuauflage der Steven-Spielberg-Serie Amazing Stories aus den 1980er Jahren, für Sitcoms mit Kirsten Wiig, Reese Witherspoon und Jennifer Aniston sowie ein True-Crime-Projekt mit Octavia Spencer. Apple ist dabei beim Wettbieten mit dem Bezahlsender HBO um eine Science-Fiction-Serie des unerschöpflich kreativen J.J. Abrams.

Was genau hat Apple vor?

Wer die einzelnen Punkte miteinander verbindet, erkennt eine Struktur. Aber eine Frage bleibt offen, die es bei Apple immer gibt vor der Einführung neuer Produkte: Was genau haben die da vor?

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Das Unternehmen hat in den vergangenen Monaten mit eigenen Inhalten auf dem Portal Itunes experimentiert. Die Castingshow Planet of the Apps, bei der Entwickler ihre Ideen an prominente Investoren wie Jessica Alba und Gwyneth Paltrow bringen wollten, war ein langweiliger Abklatsch der Gründer-Serie Shark Tank (das Vorbild zur deutschen Sendung Die Höhle der Löwen) und letztlich ein Flop. Ebenso wie die Erweiterung der wunderbaren Carpool-Karaoke-Episoden von James Corden. Warum sollte jemand exklusiv auf dem Apple-Portal sehen wollen, wie Blake Shelton und Chelsea Handler ein paar Lieder schmettern, wenn es das lustigere Original in Cordens Light-Night-Show auf dem traditionellen TV-Kanal CBS gibt?

Apple will 2018 eine Milliarde Dollar in das Programm investieren

Apple hat nun offenbar eingesehen, und das ist die zu erkennende Struktur all der Einzelnachrichten der vergangenen Wochen, dass es einzigartige Inhalte braucht, um im großen Stream nicht unterzugehen. Also bestenfalls eine Serie, die zum popkulturellen Phänomen wird wie Game of Thrones. Die wird nun stets erwähnt, wenn Fernsehsender und Streamingportale erklären, wonach sie suchen. Allerdings: Die Produktion einer Game-of-Thrones-Folge kostet etwa zehn Millionen, ein hochwertiges Drama fünf Millionen und eine Sitcom zwei Millionen Dollar pro Episode.

Reese Witherspoon (links) und Jennifer Aniston stehen bald für eine Sitcom gemeinsam vor der Kamera. (Foto: AP)

Wenn also darüber berichtet (und von Apple nicht dementiert) wird, dass das Unternehmen in diesem Jahr eine Milliarde Dollar in eigene Inhalte investieren möchte, dann ist das natürlich sehr viel Geld. Es ist aber letztlich so, dass man damit immer noch ein recht kleiner Fisch ist. Das Streamingportal Netflix hat zuletzt außerordentliche Quartalszahlen (8,3 Millionen neue Nutzer weltweit) vermeldet und will alleine in diesem Jahr acht Milliarden Dollar für Inhalte ausgeben, der in den USA große Konkurrent Hulu dürfte etwa drei Milliarden Dollar investieren und könnte zudem davon profitieren, dass Disney kürzlich Filetstücke von Fox gekauft und als Hulu-Mehrheitseigner einen Vertriebsweg für seine Inhalte hat. Amazon Prime möchte Inhalte für vier Milliarden, HBO für etwa zwei Milliarden Dollar produzieren.

Und was hat Apple vor? Das ist die Frage für alle Silicon-Valley-Deuter, die anhand der Punkte auf der weißen Wand nicht nur eine Struktur, sondern auch eine Richtung zu erkennen glauben. "Wir beobachten Apple sehr genau, es könnte sein, dass sie ihre Inhalte mit Apple Music verknüpfen", sagt etwa der Netflix-Programmchef Ted Sarandos.

Analysten halten sogar für möglich, dass Apple Netflix kauft

Das wäre die offensichtliche Lösung, zumal Apple auf dieser Plattform bereits mit Bewegtbild-Inhalten experimentiert, kürzlich ein Spezialangebot für Filme eingeführt hat - und nur so nebenbei im vergangenen Quartal damit 8,5 Milliarden Dollar umgesetzt hat. Eine Alternative wäre, dass Apple die Inhalte über die TV-App zugänglich macht, die es auch in Deutschland schon jetzt gibt und die bislang einen Überblick über die Inhalte anderer Videodienste gibt. Es wäre sogar möglich, dass Apple die Inhalte mit dem Betriebssystem iOS verknüpft und nur auf seinen eigenen Geräten zugänglich macht. Das wäre riskant, würde aber zur Strategie passen, sich Konkurrenten gegenüber abzuschotten.

Sarandos sagt auch: "Ob jemand für uns produziert oder mit uns konkurriert, das ist seine Entscheidung." Das kann man als bedeutsamen Satz lesen, weil er Partnerschaften andeutet - womöglich gar mehr. Apple hat kürzlich verkündet, im Ausland geparkte Firmengewinne abzuziehen und daheim in den USA zu versteuern. Die Steuerreform von US-Präsident Donald Trump begünstigt Investitionen, weshalb die Analysten Jim Suva and Asiya Merchant von Citi gar einen Zukauf von Netflix für möglich halten. "Apple hat 220 Milliarden Dollar zur Verfügung", heiß es in dem Bericht, der die Chance auf einen Netflix-Kauf bei 40 Prozent ansetzt.

Was Apple aber tatsächlich vorhat, das ist nicht bekannt - und bis das Unternehmen seine Pläne verkündet, wird es ein Geheimnis bleiben.

© SZ vom 13.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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