EU stärkt Kundenrechte:Schneller und sicherer

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Neue Regeln für Europa: Künftig sollen EU-Bürger innerhalb eines Tages ihren Telefonanbieter wechseln können. Und ihre Daten werden besser geschützt.

O. Bilger und C. Gammelin

Verbraucher sollen künftig schneller ihren Telekommunikationsanbieter wechseln können und vor sittenwidrigen Webseiten geschützt werden. Einen entsprechenden Vorschlag verabschiedete das EU-Parlament am Dienstag mit großer Mehrheit. Die neuen Regeln sollen spätestens vom Frühjahr 2011 an gelten. "Durch die kurzen Wechselfristen stärken wir den Wettbewerb", sagte die Europa-Abgeordnete Angelika Niebler zufrieden. Die CSU-Politikerin ist innerhalb der Fraktion der Europäischen Volksparteien für die Telekom-Gesetzgebung zuständig. Der SPD-Europaabgeordnete Matthias Groote sprach von "massiven Verbesserungen". EU-Telekommunikationskommissarin Viviane Reding prophezeite, der verschärfte Wettbewerb werde "zu billigeren Festnetz-, Mobilfunk- und Internetdiensten" führen. Die Details der neuen Regeln:

Die EU will mit dem verabschiedeten Telekompaket für mehr Wettbewerb sorgen. (Foto: Foto: iStock)

Anbieterwechsel

In Deutschland wartet ein Verbraucher etwa fünf Tage, wenn er seinen Telefon-Anbieter wechseln möchte. Das ist besser als der europaweite Durchschnitt, den die EU-Kommission errechnet hat. Dort dauert der Betreiberwechsel im Durchschnitt 8,5 Tage bei Mobilfunkverträgen und 7,5 Tage bei Festnetznummern. "Manche Verbraucher müssen sogar zwei bis drei Wochen warten", heißt es in dem Bericht der Kommission. Künftig soll es schneller gehen. Verbraucher können nach der neuen Vorschrift ihren Anbieter innerhalb eines Arbeitstages wechseln - und dabei ihre bisherige Rufnummer mitnehmen. Die neuen Vorschriften begrenzen außerdem die Mindestlaufzeit eines Vertrages auf maximal 24 Monate und schreiben die Möglichkeit eines Vertragsabschlusses mit einer Dauer von einem Jahr vor.

Schnellere Internetverbindung

Webseiten, die sich sofort auf dem Bildschirm aufbauen - das ist noch längst nicht überall möglich. In ländlichen Gebieten der Europäischen Union werden gegenwärtig durchschnittlich 70 Prozent der Bevölkerung mit Breitband-Internetanschlüssen versorgt. Vor allem hier setzt die EU mit den beschlossenen Maßnahmen auf eine stärkere Verbreitung des Drahtlos-Internets. So sollen mehr Menschen Zugang zu einem schnellen Internet erhalten. Der Ausbau drahtloser Internetverbindungen soll durch eine engere Koordination der Vergabe von Funkfrequenzen in Europa vorangetrieben werden. Durch den Wechsel vom analogen zum Digitalfernsehen freiwerdende Frequenzen sollen für drahtloses Internet bereitgestellt werden. Das Gesetzespaket soll außerdem mehr Rechtssicherheit für Unternehmen bringen, die in den Ausbau schnellerer Breitbandnetze investieren. Die EU erlaubt in Zukunft zudem Kooperationen zwischen konkurrierenden Unternehmen beim Breitbandausbau, sofern das Netz danach auch von anderen Marktteilnehmern genutzt werden darf. Auf Initiative Deutschlands wurde eine Regelung aufgenommen, die Unternehmen milliardenschwere Investitionen in Breitbandnetze erleichtern soll. Die Deutsche Telekom oder Vodafone könnten demnach kleinere Anbieter an den Kosten beteiligen.

Internetfreiheit

Niemand muss mehr fürchten, dass ihm plötzlich das Internet abgeschaltet wird. Zum Schutz vor willkürlichen Internetsperren setzten die Europa-Politiker durch, dass die betroffenen Nutzer, etwa verdächtigte Raubkopierer, vor einer Kappung ihres Anschlusses angehört werden müssen. Nur in besonders dringenden Fällen darf auf eine Anhörung verzichtet werden, etwa bei Verdacht auf Verbreitung von Kinderpornographie über das Internet. Damit wolle die EU unverhältnismäßigen Gesetzen gegen Raubkopierer vorbeugen, erklärte der Europaabgeordnete der schwedischen Piratenpartei, Christian Engström: "Maßnahmen zur Durchsetzung von Urheberrechten dürfen nicht die Grundrechte von Internetnutzern aushebeln." Auch die CSU-Abgeordnete Niebler bekräftigte: "Es darf keinen Ausschluss aus dem Netz wegen willkürlicher Verdachtsmomente geben."

Besserer Datenschutz

Die Privatsphäre der Bürger ist im neuen europäischen Telekommunikationsrecht besonders geschützt. Internet- und Telefonanbieter müssen Namen, E-Mail-Adressen und Kontoangaben ihrer Kunden sicher aufbewahren, damit diese nicht zufällig oder absichtlich in falsche Hände gelangen können. Die volle Verantwortung für Verbreitung und Speicherung dieser Informationen liegt bei den Anbietern. Bei Verletzungen gegen die Datenschutzbestimmungen wird erstmals in Europa eine Benachrichtigungspflicht festgeschrieben. Die Betreiber müssen ihre Kunden und die Behörden bei Sicherheitsverletzungen der personenbezogenen Daten informieren. Außerdem dürfen sogenannte Cookies nur noch mit Zustimmung eines Internetbenutzers auf dessen Computer installiert werden. Cookies heißen kleine Programme, die beim Surfen im Internet von Webseiten auf dem Computer abgelegt werden, um dort Informationen wie Passwörter zu speichern. Bisher bemerkt der Verbraucher diesen Vorgang nicht in jedem Fall. Anbieter von Internetdiensten erhalten darüber hinaus neue Rechtsmittel zum Schutz ihres Unternehmens und ihrer Kunden vor Versendern unerwünschter Reklame, den sogenannten Spam-Mails.

Mehr Informationen

Die Richtlinie verschärft auch die Informationspflichten der Anbieter. Verbraucher sollen genauer erfahren, für welche Dienste sie sich anmelden und welche Möglichkeiten mit diesen Kommunikationsdiensten verbunden sind. So sollen sie vor Vertragsunterzeichnung etwa über das Leitungsnetz eines Anbieters informiert werden, um die Geschwindigkeit beim Internetsurfen und Herunterladen von Daten genauer zu kennen.

Stärkung der Behörden

Die Unabhängigkeit der nationalen Aufsichtsbehörden gegenüber Regierungen und Telekom-Konzernen wird mit den Vorschriften gestärkt. Sie können große Konzerne zur Abgabe ihrer Netze an separate Firmen zwingen, um mehr Konkurrenz zu ermöglichen. In dem "Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation" (GEREK) sollen sich die nationalen Regulierer abstimmen und über grenzüberschreitende Wettbewerbsfragen gemeinsam entscheiden. (Kommentare)

© SZ vom 25.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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