Studie zum G8:Turbo-Abiturienten schneiden besser ab

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Die Verkürzung des Gymnasiums auf acht Jahre zählt nicht zu den beliebtesten Reformen der Republik. Schülern ist das G8 als steter Quell des Stresses verhasst, Lehrer befürchten wegen der Streichung von Stoff ein absinkendes Niveau. Nun liefert die Hamburger Studie den G8-Unterstützern Munition.

Roland Preuß

Die Verkürzung der Gymnasialzeit von neun auf acht Jahre ist seit dem Start umstritten. Eine Studie aus Hamburg beflügelt nun die Kontroverse: demnach erzielen G8-Abiturienten bessere Leistungen als frühere Absolventen des neunjährigen Gymnasiums. Und dies, obwohl inzwischen deutlich mehr junge Menschen eines Jahrgangs das Abitur machen, darunter ein gewachsener Anteil aus bildungsfernen Elternhäusern.

Zwar hat es viele Gegner, doch das G8 ist offenbar nicht nur schlecht: Einer neuen Studie zufolge erzielen G8-Abiturienten bessere Leistungen als frühere Absolventen des neunjährigen Gymnasiums. (Foto: dpa)

Die Nachricht kommt ausgerechnet zu einer Zeit, in der mehrere Bundesländer wieder am neunjährigen Gymnasium Gefallen finden: Bayern etwa führt ein zusätzliches "Intensivierungsjahr" ein, Hessen will künftig an einzelnen Schulen wieder das neunjährige Gymnasium zulassen. Die anhaltende Kritik der Eltern zeigt Wirkung. Nun liefert die Hamburger Studie den G8-Unterstützern Munition.

Die Autoren um den Bildungswissenschaftler Ulrich Vieluf hatten die Hamburger Zwölftklässler im Sommer 2011 zwischen mündlichen und schriftlichen Abiturprüfungen Tests in Englisch, Mathematik und Naturwissenschaften schreiben lassen und mit gleichartigen Tests aus dem Jahr 2005 verglichen. Damals gingen die Schüler noch ein Jahr länger auf das Gymnasium.

Die Zahl der Abiturienten steigt

Es ist der erste umfangreiche empirische Leistungsvergleich zwischen G8 und G9. Demnach schneiden die G8-Abiturienten in Englisch und den Naturwissenschaften insgesamt besser ab, nur in Mathematik sind die durchschnittlichen Leitungen leicht zurückgegangen. Allerdings ist die Zahl der Abiturprüflinge zwischen 2005 und 2012 stark gewachsen, nämnlich um ein Drittel, es wurden also deutlich mehr junge Erwachsene durchs Abitur gebracht.

Im Ergebnis sind die Leistungen der Schüler unterschiedlicher geworden: die 500 besten G8-Prüflinge schnitten in Englisch deutlich besser ab als die 500 besten G9-Prüflinge, allerdings gab es auch mehr schlechte Englisch-Schüler unter den G8. Dennoch sieht die Studie dies als bemerkenswert positives Ergebnis: Denn gleichzeitig habe sich der Anteil der Schüler aus bildungsfernen Elternhäusern verdoppelt.

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Das G8 war in Hamburg 2002 unter dem CDU-Bürgermeister Ole von Beust eingeführt worden, die Studie erstellte nun federführend Ulrich Vieluf und damit ein ehemaliger politischer Spitzenbeamter unter der früheren grünen Bildungssenatorin Christa Goetsch. Hamburgs heutiger Bildungssenator und KMK-Vorsitzender Ties Rabe (SPD) zeigte sich hocherfreut über die Ergebnisse. Die Studie räume mit zwei Vorurteilen auf: "Es gibt deutlich mehr Abiturienten, obwohl das Niveau nicht gesunken ist. Und: Die Schulzeitverkürzung G8 am Gymnasium hat nicht geschadet, sondern zu diesem Erfolg beigetragen", sagte er.

Wie groß dieser Beitrag der Schulzeitverkürzung ist, darüber lässt sich allerdings streiten. Denn die Einführung des G8 ging einher mit einer weiteren Reform der Oberstufe: die bisherigen Kurse wurden abgelöst durch ein neues Regelwerk, das neben Deutsch gerade in Mathematik und Englisch mehr Stunden und höhere Leistungsanforderungen vorsieht. Und in eben diesen beiden Fächern wurden nun die Vergleichstests gemacht. Dennoch habe auch die "Verdichtung der Lernzeit" im G8 offenbar genutzt, sagte Rabe.

Experten wie Jochen Kramer sind da skeptischer. Die besseren Leistungen "gehen nicht unbedingt auf die verkürzte Schulzeit zurück", sagt der Bildungsforscher an der Universität Tübingen . Andere Faktoren, etwa die veränderte Oberstufe, könnten ebenfalls einen Einfluss haben.

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