Schule und soziale Netzwerke:Wann Facebook für Lehrer zum Problem wird

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Für Lehrer kann ein leichtfertiger Umgang mit Facebook zum Problem werden. (Foto: AFP)

Weil sie freizügige Fotos bei Twitter postete, wurde eine US-Lehrerin suspendiert. Auch in Deutschland gibt es Pädagogen, die in sozialen Netzwerken allzu freigiebig mit privaten Inhalten umgehen.

Von Johanna Bruckner

Carly McKinney mag ihren Körper und sie mag ihn gerne zeigen. Unter dem Namen @Crunk_Bear veröffentlichte die 23-jährige Amerikanerin bei Twitter mehrere freizügige Fotos von sich. Eine Aufnahme zeigt sie, nur im Höschen, beim Handstand auf dem Bett. Auf einem anderen Bild steht sie mit nur wenig mehr Stoff am Leib vor einem Spiegel und bewundert ihr Tattoo knapp über der Bikini-Zone.

Dass die besagten Tweets nicht einfach im Kurznachrichten-Nirwana verschwanden, sondern zum Skandal wurden, liegt am Beruf der jungen Frau: Carly McKinney ist Lehrerin für Mathematik an einer Highschool im US-Bundesstaat Colorado. Weil die 23-Jährige neben Freizügigem auch Fragwürdiges postete - so legte sie beispielsweise nahe, sie korrigiere Klassenarbeiten bisweilen unter Drogeneinfluss - suspendierte die Schule McKinney vorübergehend und ordnete eine Untersuchung an. Da nutzte es auch nichts, dass die Pädagogin im Nachhinein beteuerte, ihr mittlerweile gelöschtes Twitter-Profil sei als Parodie gedacht gewesen.

Doch so sehr die ganze Angelegenheit tatsächlich wie ein Scherz - oder blanke Naivität - anmutet: Auch manchem deutschen Pädagogen ist die Gefahr eines so offenen wie offenherzigen Social-Media-Profils augenscheinlich nicht bewusst. Daniela Peters (Name v. d. Red. geändert) ist Lehrerin an einem bayerischen Gymnasium und weiß von einer Referendarin zu berichten, "die ebenfalls Unterwäschebilder von sich bei Facebook hochgeladen hat - im naiven Irrglauben, die Schüler würden sie nicht finden". Das mag die Ausnahme und solch unbedachtes Verhalten auf die Unerfahrenheit einer Nachwuchs-Pädagogin zurückzuführen sein. Doch soziale Netzwerke sind längst zum Problemfeld für Schulen und Lehrer geworden.

Wenn Facebook-Chats zum Suspendierungs-Grund werden

Welche Inhalte dürfen Pädagogen bei Facebook öffentlich zugänglich machen? Müssen sie ihr privates Profil schützen? Sollten sie Freundschaftsanfragen von Schülern annehmen? Solche Fragen stellen sich auch der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) - und auf die wenigsten kann Schulexpertin Martina Schmerr schon konkrete Antworten geben: "Wir als GEW würden Lehrern nicht von Facebook abraten, aber wir mahnen zur Vorsicht", sagt sie im Gespräch mit SZ.de.

Nicht zuletzt der Skandal um einen Hamburger Lehrer, der über Facebook eine sexuelle Beziehung zu einer Schülerin angebahnt hatte, zeige, welche Gefahr es berge, "wenn Lehrer privaten Kontakt mit Schülern suchen". Dieser könne den Pädagogen auch in harmloseren Fällen zum Verhängnis werden. "In Bayern gab es beispielsweise den Fall, dass ein Lehrer mit Schülerinnen privat gechattet hatte. Er wurde vom Dienst suspendiert, obwohl die Gespräche nicht anzüglich oder anstößig waren", so Schmerr.

Noch sei nicht klar, welche dienstrechtlichen Konsequenzen ein bestimmtes Verhalten in sozialen Netzwerken habe, weil rechtskräftige Urteile fehlten. Schmerr hält es aber für möglich, dass ein deutscher Pädagoge in einem vergleichbaren Fall ähnliche Sanktionen zu befürchten hätte wie Carly McKinney in den USA. "Was wäre, wenn eine Lehrerin ein freizügiges Foto von sich ins Klassenzimmer hängt? Da ist wohl jedem klar, dass die Lehrerin zur Verantwortung gezogen werden muss, weil sie ihrer Vorbildfunktion nicht gerecht wird." Im Netz seien die Folgen ungleich problematischer, "weil im Zweifelsfall nicht nur Schüler der Frau das Bild zu Gesicht bekommen, sondern es in Sekundenschnelle an Freunde und Freundesfreunde weiterverbreitet wird".

Daniela Peters ist bei Facebook zwar auch mit Schülern befreundet, doch sie sei sehr vorsichtig, was sie dort öffentlich mache. "Ich lade nur Bilder hoch oder poste Mitteilungen, die ich genauso gut in der Schule ans schwarze Brett hängen würde - die also jeder wissen darf und auch weitersagen kann." Eines ist der Gymnasiallehrerin außerdem wichtig: "Ich dränge mich nicht auf, die Einladungen kamen immer von den Schülern selbst."

Damit folgt Peters dem Rat der GEW und des Deutschen Lehrerverbands (DL). "Freundschaftsanfragen von Lehrern an Schüler sind tabu", sagt GEW-Sprecherin Schmerr. DL-Präsident Josef Kraus plädiert für "größte Zurückhaltung" von Pädagogen im Umgang mit Facebook. Er sieht in den virtuellen Freundschaften eine Gefahr für den Respekt im realen Miteinander: "Wenn sich Lehrer mit Schülern befreunden, suggeriert das eine Beziehung, die in der Realität nicht besteht."

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Tatsächlich scheint die Hierarchie des Klassenzimmers im Netz schnell vergessen zu werden. "Ich habe schon erlebt, dass jüngere Schüler bei Facebook über Kollegen hergefallen sind, mit denen ich befreundet bin", erzählt Daniela Peters. "Eine Zeitlang habe ich alle Freundschaften zu Schülern abgebrochen, die noch nicht in der Kollegstufe (Oberstufe, Anm. d. Red.) waren."

GEW-Referentin Schmerr sieht einen Gewissenskonflikt für Pädagogen nicht nur gegenüber Kollegen. Unklar sei, inwiefern die Fürsorgepflicht von Lehrern auch in einem pseudo-privaten Raum wie Facebook gelte: "Müssen sie einschreiten, wenn sie von Beleidigungen oder auch Saufgelagen erfahren?" Sie rate zwar nicht grundsätzlich von Freundschaften mit Schülern ab, aber: "Man macht es sich einfacher, wenn man Schule und soziales Netzwerk klar voneinander trennt." Wer doch auf Freundschaftsanfragen eingeht, so ihre Empfehlung, soll dies konsequent tun: "Wenn man einen annimmt, muss man alle annehmen. Sonst fühlen sich manche Schüler zurückgesetzt."

Für Daniela Peters ist Facebook vor allem eine gute Möglichkeit, Kontakt zu ehemaligen Schülern zu halten. Sie nutzt das soziale Netzwerk aber auch für erweiterte Unterrichtszwecke: "Vor wichtigen Prüfungen habe ich meinen Schülern auf diesem Wege Skripte zukommen lassen und sie konnten letzte Fragen stellen. Außerdem habe ich versucht, sie mit Mutmach-Nachrichten aufzubauen." Eine Herangehensweise, die auch GEW-Sprecherin Schmerr befürwortet: "Wenn man Facebook unterrichtsergänzend und professionell einsetzt, ist dagegen nichts zu sagen."

Facebook im Klassenzimmer problematisieren

Zum Problem können aber nicht nur Pädagogen werden, die Facebook zu offensiv nutzen. Vor allem viele ältere Lehrer verweigern sich sozialen Netzwerken und hinken dem Wissen ihrer Schüler diesbezüglich hinterher. Schmerr plädiert deshalb für Fortbildungen - auch weil es wichtig sei, Facebook im Klassenzimmer zu problematisieren. Dabei gehe es nicht nur darum, die Schüler für Cybermobbing und den Datenmissbrauch durch Dritte zu sensibilisieren. "Es ist bekannt, dass Facebook selbst Informationen sammelt und vielleicht auch missbraucht. Für die hoheitlich geschützte, pädagogische Aufgabe, die ich als Lehrer wahrnehme, ist Facebook ohnehin ein fragwürdiger Raum. Also muss ich zumindest diese Problematik vermitteln."

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Doch selbst Lehrer, die Facebook aus eben diesen Gründen ganz bewusst meiden, sind nicht vor Gefahren gefeit. Sebastian Wagner (Name von der Red. geändert) unterrichtet an einem bayerischen Gymnasium Sport und Englisch. In einer Prüfung wurde er von einem Schüler auf die gemeinsame Facebook-Verbindung angesprochen - doch dort ist Wagner nicht Mitglied. "Ich vermute, dass ein Schüler einen Fake-Account unter meinem vollen Namen angelegt hat." Das Profil mache ihn zwar nicht lächerlich, doch der Unbekannte sammle mittlerweile aktiv Freunde in seinem Bekanntenkreis.

Bislang hat Wagner den falschen Facebook-Account nicht löschen lassen, weil das für ihn als Nicht-Mitglied mit bürokratischen Hürden verbunden ist. "Zumindest", so Wagner, "lädt er keine Fotos von mir hoch."

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