Der Lehrermangel wird zu einem der größten Probleme der Bildungspolitik in Deutschland. Auch in den kommenden Jahren werden Tausende Stellen unbesetzt bleiben. Zu dieser Erkenntnis kommt eine neue Bedarfsprognose der Kultusministerkonferenz (KMK) vom Donnerstag. Die KMK geht in ihrer Modellrechnung davon aus, dass bis 2030 jährlich 32 000 Lehrer eingestellt werden müssten. Allerdings mangelt es an ausgebildeten Pädagogen dafür. Bundesweit 700 Stellen dürften jedes Jahr unbesetzt bleiben.
Während es im Westen weiterhin etwas mehr Lehrer als Jobs gibt, ist die Lage im Osten dramatisch: Dort könnten jedes Jahr bis zu 1500 Pädagogen fehlen, das sind 22 Prozent der benötigten Lehrer. Die erste Beschlussvorlage zur KMK-Sitzung, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, enthielt sogar noch höhere Zahlen. Lehrerverbandspräsident Heinz-Peter Meidinger weist außerdem auf die Stadtstaaten hin, wo der Mangel zu großen Klassen und Stundenausfall führe. Gleichwohl setzten Länder auf Seiteneinsteiger und Pensionisten. "Drei von vier Neueinstellungen in Berlin in Grundschulen sind Seiteneinsteiger", so Meidinger. Das bringt aber lediglich Linderung.
In den alten Ländern sind die Unterschiede bei den Schularten deutlich. Lehrer für Berufs- und Grundschulen sowie Sonderpädagogen fehlen bereits jetzt, die KMK sieht auch künftig "große Engpässe". Zugleich dürfte es weiterhin arbeitslose Gymnasiallehrer geben, weil zahlreiche Abiturienten dieses Lehramt studieren, obwohl sie in vielen Fächern kaum Chancen auf einen sicheren Job haben.
Eine Ursache für den Mangel sind steigende Schülerzahlen. Bis 2030 sollen es in Deutschland 11,2 Millionen werden, fast 300 000 mehr, als die KMK vor fünf Jahren prognostizierte. Als Grund gelten mehr Geburten und Zuzug, wobei Flüchtlinge nur einen kleinen Effekt ausmachen. Langzeitprognosen sind schwierig, Trends oft unvorhersehbar. Eine Lehrerausbildung dauert meist sechs Jahre. Kürzlich räumte der KMK-Vorsitzende und Thüringer Minister Helmut Holter (Linke) aber ein, dass "keine vorausschauende Politik" gemacht worden sei. Er plädiert für mehr Studienplätze. Im Osten gab es nach der Wende kaum Einstellungen, die Lehrerschaft überalterte. Zudem rächte sich der Verzicht auf Beamtungen über viele Jahre. Die Lehramtsabsolventen suchten daher früher oft das Beamtenglück im Westen.
Vor der Wahl in Bayern verschärfte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Konkurrenz: "Wir stellen von den befristeten Stellen um, das wird es künftig nicht mehr geben", sagte er im Bayerischen Fernsehen. Diese Forderung der Opposition hatte die CSU bisher abgelehnt. In Bayern sind fünf Prozent der 150 000 Lehrer befristet angestellt. Schulminister Bernd Sibler plant schon länger, diesen Lehrern ein "vernünftiges Angebot" zu machen. Die finale Entscheidung steht noch aus.