Plagiatsfall Annette Schavan:"Massive Interventionen" für eine "schlechte Verliererin"

Annette Schavan

Uneinsichtige Plagiatorin? Bruno Bleckmann, Dekan der Philosophischen Fakultät der Uni Düsseldorf, übt scharfe Kritik an Ex-Bildungsministerin Annette Schavan.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Wollte ein Netzwerk Annette Schavan retten? Der Dekan, der das Plagiatsverfahren gegen die damalige Bildungsministerin betrieb, kritisiert in seinem Abschlussbericht Einflussversuche durch Politiker und Wissenschaftler.

Von Roland Preuß

Die Hauptpersonen der Plagiatsprüfung im Fall Annette Schavan hatten immer beharrlich geschwiegen: Der Dekan der Philosophischen Fakultät in Düsseldorf, Bruno Bleckmann, und sein Prodekan Stefan Rohrbacher wehrten Presseanfragen zu Gesprächen zwei Jahre lang stets ab. Informationen gab es von Bleckmann nur in wenigen Mitteilungen und einem verlesenen Statement, als die Uni Düsseldorf der damaligen Bundesbildungsministerin im Frühjahr 2013 den Doktortitel wegen Plagiaten entzog.

Dafür durften sie umso mehr einstecken: Politiker bezeichneten das Plagiatsverfahren als skandalös und dilettantisch, Wissenschaftler attackierten die Düsseldorfer Kollegen.

Bleckmann schwieg, doch sein Zorn muss gewachsen sein. Dies lässt sich aus seinem vertraulichen Abschlussbericht herauslesen, den der Dekan kürzlich allen Senatsmitgliedern der Uni vorlegte - und der nun öffentlich wurde. Darin wehrt sich der Professor mit seinen wissenschaftlichen Waffen: Er legt offen , wie Politiker, Wissenschaftsfunktionäre und Medien hätten Einfluss nehmen wollen auf das Verfahren. Es ist ein mit präzisem Sarkasmus geführter Rundumschlag.

Ausstehende Entschuldigungen

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, Fraktionschef Volker Kauder und anderen Unionspolitikern wirft Bleckmann wegen deren Kritik am Verfahren "verbale Entgleisungen" vor, für die sie sich nie entschuldigt hätten. Selbst nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf, das den Titelentzug bestätigte, hätten sie und Schavan selbst keine Einsicht gezeigt. Bleckmann bezeichnet Schavan deshalb als "schlechte Verliererin".

Noch bedenklicher aber ist, was Bleckmann führenden Wissenschaftsorganisationen vorwirft, vom Wissenschaftsrat bis hin zur Hochschulrektorenkonferenz, in dem die Rektoren der Republik organisiert sind: Seit dem Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe 2012 habe es "massive Interventionen" zugunsten von Schavan gegeben, durch Kritik am Düsseldorfer Verfahren, Erklärungen, Gegengutachten und Briefe an ihn; etwa vom HRK-Präsidenten Horst Hippler, dem Bleckmann vorwirft, den Gleichheitsgrundsatz zu verletzen. Hippler war am Freitag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Tatsächlich ist die kollektive Kritik von Wissenschaftsfunktionären zugunsten der gut vernetzten Schavan auffällig. Unrealistisch aber wirkt, wenn Bleckmann in einem derart politisch aufgeladenen Verfahren auf eine Prüfung in aller Ruhe pocht, sich öffentliche Gegengutachten oder Erklärungen von Wissenschaftsorganisationen verbittet. Diese, schließt Bleckmann sarkastisch, hätten an weniger prominenten Plagiatsfällen, die bis heute in Düsseldorf laufen, "nicht das geringste Interesse gezeigt".

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