Frankfurt am Main:Unipräsident: Wissenschaft muss Gesellschaft zusammenführen

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Enrico Schleiff während einer Pressekonferenz. (Foto: Arne Dedert/dpa/Archivbild)

Wissenschaftsskepsis zu bekämpfen - das ist für den Präsidenten der Frankfurter Goethe-Universität eine der wichtigsten Aufgaben für Hochschulen im Jahr 2022....

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Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Wissenschaftsskepsis zu bekämpfen - das ist für den Präsidenten der Frankfurter Goethe-Universität eine der wichtigsten Aufgaben für Hochschulen im Jahr 2022. „Dass Teile der Gesellschaft der Wissenschaft nicht mehr vertrauen, gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, sagte Professor Enrico Schleiff der Deutschen Presse-Agentur.

Die Entwicklung habe nicht erst mit, aber auch durch US-Präsident Donald Trump und seinen „alternativen Fakten“ begonnen; die Corona-Pandemie habe auch bei uns Skepsis spürbar gemacht. „Corona hat die Gesellschaft aber nicht gespalten. Corona hat nur die bereits bestehenden Spaltungstendenzen gezeigt.“ Die Wissenschaft müsse gegensteuern, sagte Schleiff. Das fange damit an, „berechtigte Fragen der Menschen nach mehr Transparenz in der Forschung ernst zu nehmen“.

„Wissenschaft muss verständlicher und erlebbarer werden“, sagte Schleiff. Nicht-Wissenschaftler müssten verstehen können: Wie sammeln wir Daten und Fakten, wie analysieren wir Ergebnisse, wie bewerten wir sie? Wissenschaftskommunikation dürfe nicht nur über bloße Ergebnisse berichten - sie müsse auch den Prozess erklären, der dazu geführt habe. Ein Mittel gegen Wissenschaftsskepsis sei, Menschen auch emotional „mitzunehmen“ in die spannende Welt der Wissenschaft.

Die Goethe-Universität will dafür unter anderem Nachwuchswissenschaftler besser in Kommunikation ausbilden. Laien sollten noch stärker als bisher in das universitäre Leben eingebunden werden - zum Beispiel mit schon praktizierten bürgernahen Exkursionsformaten und Forschungsprojekten und einer Kinderuni mit 12 000 Schülerinnen und Schülern pro Jahr.

Der Molekularbiologe Schleiff hatte Anfang 2021 das Amt von Birgitta Wolff übernommen, er ist für sechs Jahre gewählt. Für 2022 erwartet Schleiff von der neuen Bundesregierung „ein klares Bekenntnis zur Grundlagenforschung, in der auch Irrwege erlaubt sind“. Die Forderung nach unmittelbarer Anwendbarkeit von Forschung sieht Schleiff kritisch.

Man brauche Grundlagenforschung auch dort, „wo man heute noch gar nicht erkennt, warum das in Zukunft einen großen Beitrag leisten könnte. Lösungen, die die Wissenschaft 2021 zum Beispiel für die Herausforderungen des Klimawandels oder den Umgang mit der Pandemie entwickelt hat, basieren nicht auf jahrelanger, sondern auf jahrzehntelanger Grundlagenforschung“.

„Schnittstellenthemen wie Klimaschutz und Digitalisierung sind die großen Aufgaben der Zukunft“, sagte Schleiff. „Die Wissenschaft hat das schon lange erkannt und kann wichtige Impulse geben. Ich hoffe sehr, dass die Politik die Wissenschaft einbezieht.“ Es gehe aber nicht nur um Naturwissenschaften: Die wichtigste Aufgabe des Jahres 2022 sei, „den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stabilisieren“, sagte Schleiff. „Wenn uns das nicht gelingt, ist vieles andere nebensächlich.“

© dpa-infocom, dpa:220103-99-571081/2

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