Bildungsministerin Wanka:Unerwünschte Einmischung

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Hält grundsätzlich an G8 fest: Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU). (Foto: dpa)

Bislang hat sich Johanna Wanka in Sachen Schulpolitik zurückgehalten. Doch nun keilt die Bildungsministerin gegen die Entscheidung einiger Bundesländer, zum neunjährigen Gymnasium zurückzukehren. Man müsse in der Lage sein, unpopuläre Entscheidungen zu treffen, wenn sie richtig seien.

Von Johann Osel, München

Ist nicht Ehrlichkeit angebracht und ihr Amt muss umbenannt werden, statt Bundesbildungsministerin nur noch Forschungsministerin? Diese Frage wurde Johanna Wanka im SZ-Interview gestellt, als sie 2013 neu auf den Posten kam. Als frühere Landesministerin in Hannover und Potsdam wusste sie genau, dass der Bund in der föderal organisierten Schulpolitik so gut wie nichts zu melden hat. "Nein, Bildung und Forschung gehören zusammen", antwortete sie damals aber, "wir brauchen den Bund, denn Deutschland steht in einem globalen Wettbewerb."

Seitdem hat sich die CDU-Politikerin kaum in schulische Belange eingemischt. Mal gab es Jubel zur Pisa-Studie ("auf dem Weg in die Spitzengruppe"), mal Schnurren aus der eigenen Schulzeit. So sollte sie nach dem Willen ihrer Lehrerin Köchin werden, wurde dann doch Mathematikerin. Ansonsten überließ die 63-Jährige dem Chor der Länderminister die Bühne, konzentrierte sich auf Wissenschaft. Mit wuchtigen Aussagen zum Gymnasium meldet sich Wanka nun zu Wort - und handelt sich prompt Unmut aus den Ländern ein.

In einem Interview warnte die Ministerin die Länder vor der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G 9): "In der Politik ist wichtig, dass man Stimmungen nicht ignoriert. Aber man muss auch in der Lage sein, unpopuläre Entscheidungen zu treffen, wenn sie richtig sind." Es sei verkehrt, "Politik nach Umfragen zu machen" und sich dem Druck der Eltern zu beugen.

Das Thema schlechthin

Die Äußerungen fallen in eine Zeit, in der in vielen Ländern die Dauer bis zum Abitur das Thema schlechthin ist, quer durch die Parteien. Das rot-grün regierte Niedersachsen hat eine Kommission tagen lassen und die flächendeckende Rückkehr zum G 9 beschlossen, die CSU in Bayern sucht gerade nach einem neuen Modell, es wird wohl kein reines G 8 sein. In Hessen dürfen die Schulen entscheiden und schaffen das Turbo-Abitur so peu à peu ab, in Baden-Württemberg gibt es G-9-Modellschulen.

Dementsprechend fallen manche Reaktionen auf die plötzliche Einmischung aus Berlin aus. Die SPD-Ministerin in Hannover, Frauke Heiligenstadt, widersprach Wanka in der Zeitung Die Welt vehement. Das Abitur nach zwölf Jahren sei in Niedersachsen von Schwarz-Gelb "überhastet eingeführt" worden und sei dann gescheitert. Wanka, einst für die CDU im Kabinett in dem Bundesland, müsse diesen Sachverhalt kennen, ergänzte sie säuerlich. Im Umfeld der Kultusministerkonferenz interpretiert ein Beobachter Wankas Interview gar politisch: "Es ist sicher kein Zufall, dass die Äußerung just nach dem G-9-Beschluss von Rot-Grün in Niedersachsen fällt."

Doch auch im eigenen Lager frohlockt man nicht unbedingt. "Es gibt gute Argumente für G 8 und für G 9. Dieser Dissens kann nicht mehr zentral für alle aufgelöst werden, daher bieten wir eine Wahlfreiheit an", stellt das CDU-geführte Ressort in Hessen klar: "Debattenbeiträge aus Berlin hören wir uns gerne an, aber Schulpolitik ist und bleibt Ländersache."

Aus dem bayerischen Ministerium von Ludwig Spaenle (CSU) ist ein Grummeln zu hören, man führe einen "gründlichen Dialog". Und werde, so heißt es sinngemäß, die Sache selbst zu regeln wissen.

© SZ vom 29.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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