Stuttgart:Gericht klärt Bedeutung von „politischer Weiterbildung“

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Stuttgart (dpa/lsw) - Dreht sich "politische Weiterbildung" nur um Politik - oder dürfen sich Arbeitnehmer in ihrer Bildungszeit auch mit sozialen und gesellschaftlichen Themen befassen? Zum ersten Mal haben sich Baden-Württembergs höchste Arbeitsrichter am Mittwoch mit dieser Frage beschäftigt. Im Bildungszeitgesetz des Landes, das seit Mitte 2015 gilt, ist das nicht eindeutig definiert. Die Richter ließen aber schon erkennen, dass sie wohl von einem eher weit gefassten Begriff der "politischen Weiterbildung" ausgehen. Eine Entscheidung sollte am Nachmittag verkündet werden (Az. 2 Sa 4/17).

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Stuttgart (dpa/lsw) - Dreht sich „politische Weiterbildung“ nur um Politik - oder dürfen sich Arbeitnehmer in ihrer Bildungszeit auch mit sozialen und gesellschaftlichen Themen befassen? Zum ersten Mal haben sich Baden-Württembergs höchste Arbeitsrichter am Mittwoch mit dieser Frage beschäftigt. Im Bildungszeitgesetz des Landes, das seit Mitte 2015 gilt, ist das nicht eindeutig definiert. Die Richter ließen aber schon erkennen, dass sie wohl von einem eher weit gefassten Begriff der „politischen Weiterbildung“ ausgehen. Eine Entscheidung sollte am Nachmittag verkündet werden (Az. 2 Sa 4/17).

Im konkreten Fall geht es um einen Verfahrensmechaniker, dessen Firma ihm keine Bildungszeit für ein IG-Metall-Seminar mit dem Titel „Arbeitnehmer(innen) in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft“ gewähren wollte. Aus Sicht des Unternehmens handelte es sich nicht um „politische Weiterbildung“ im Sinne des Gesetzes.

Das Gericht betonte, dass es die völkerrechtliche Interpretation des Begriffs für maßgeblich halte. Es berief sich auf ein Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu dem Thema, dem die Bundesrepublik Deutschland 1976 beigetreten ist. Darin sei explizit auch von allgemeiner, sozialer und gesellschaftlicher Bildung die Rede - und das Land Baden-Württemberg als Gesetzgeber habe ausdrücklich Bezug auf internationale Regeln genommen, betonte der Vorsitzende Richter Ulrich Hensinger.

Die Kammer muss allerdings auch klären, ob der Antrag in dem konkreten Fall womöglich allein schon aus formalen Gründen abgelehnt werden durfte. Die Unternehmensseite argumentierte vor Gericht unter anderem auch damit, dass die IG Metall ihren Mitgliedern das Seminar bezahle und alle übrigen möglichen Interessenten vom hohen Preis abgeschreckt würden - oder sich genötigt sähen, in die Gewerkschaft einzutreten. Eine Mitgliedschaft in einer Partei oder Gewerkschaft darf laut Gesetz keine Voraussetzung sein, um im Rahmen der Bildungszeit an einem Seminar teilzunehmen.

Laut Landesarbeitsgericht sind aktuell zwölf Verfahren im Zusammenhang mit dem Bildungszeitgesetz bekannt - fast immer geht es um den Begriff „politische Weiterbildung“. Vier sind in erster Instanz entschieden, alle gingen zu Gunsten der Arbeitnehmer aus.

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