Schwerin:Bündnis für gute Schule fordert mutige Politik für Bildung

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Trotz zusätzlicher Millionen für die Bildung sieht das Bündnis für gute Schule in Mecklenburg-Vorpommern weiterhin erhebliche Defizite im Bildungssystem des...

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Schwerin (dpa/mv) - Trotz zusätzlicher Millionen für die Bildung sieht das Bündnis für gute Schule in Mecklenburg-Vorpommern weiterhin erhebliche Defizite im Bildungssystem des Landes. Neben einer oft mangelhaften Ausstattung der Schulen beklagten die dem Bündnis angehörenden Lehrer-, Schüler- und Elternverbände am Donnerstag in Schwerin vor allem Lücken in den Lehrerkollegien. Da viele Stellen unbesetzt seien, werde es immer schwieriger den regulären Unterricht zu gewährleisten und die Inklusion von Schülern mit Handicaps sicherzustellen.

Der Elternrats-Vorsitzende Kay Czerwinski warnte vor der Gefahr eines „systematischen Versagens der gesamten Bildung“. Zum Schuljahresbeginn habe er wegen Unterrichtsausfällen erneut viele Briefe bekommen. „Die Erosion hat längst begonnen. Eltern sind besorgt und teilweise auch ohnmächtig“, berichtete Czerwinski.

„Schulen brauchen Politik, die alle Ressourcen für die Zukunft mobilisiert und dabei mutig nach neuen Wegen sucht. Seiteneinsteiger können und dürfen nicht die alleinige Lösung sein, um dem Lehrermangel zu begegnen“, sagte die Landesvorsitzende der Schulleitungsvereinigung, Heike Walter. Nach ihren Angaben verfügte ein Drittel der zum neuen Schuljahr eingestellten 651 Lehrer nicht über eine pädagogische Ausbildung.

„Der Bedarf an Lehrer ist groß. Deshalb brauchen wir auch Seiteneinsteiger. Wir müssen sie aber auch sachgerecht ausbilden“, sagte Walter und forderte Zusatzstunden für erfahrene Pädagogen, die als Mentoren fungieren. Zudem erneuerte sie die Forderung nach einer Reform der Lehrerausbildung, um mehr Praxisbezug herzustellen, und nach mehr Ausbildungsplätzen an den beiden Universitäten im Land.

Nach Angaben des GEW-Landesvorsitzenden Maik Walm ist der Bedarf an Lehrern größer als bislang angenommen. Bis 2030 benötige das Land 8700 neue Lehrer, als Ersatz für altersbedingt ausscheidende Pädagogen und als Reaktion auf wachsende Schülerzahlen. „Das sind 80 Prozent der jetzt arbeitenden Lehrerinnen und Lehrer“, machte der Gewerkschafter die Dimension deutlich. Die permanente Überlastung habe dazu geführt, dass 93 Prozent der Lehrer vor dem Erreichen des regulären Rentenalters schon mit 63 Jahren aus dem Schuldienst ausschieden. „Das Land will die Bildungsausgaben zwar um 50 Millionen Euro im Jahr aufstocken. Das aber kann nur ein erster Schritt sein“ sagte Walm. Die von der Lehrergewerkschaft GEW vorgeschlagenen Stellenausstattung würde mit einem Plus von 300 Millionen Euro jährlich zu Buche schlagen.

Leo Radloff vom Landesschülerrat appellierte an Regierung und Landtag, mit der geplanten Änderung des Landesschulgesetzes spürbare Verbesserungen auf den Weg zu bringen und für mehr Personal zu sorgen. „Wenn der Physikunterricht einmal ausfällt, freut man sich als Schüler über Extrafreizeit. Fällt er aber ein halbes Jahr aus, geht der Spaß am Lernen verloren“, sagte er. Die Politik dürfe das Problem nicht auf die leichte Schulter nehmen. „Es geht um die Zukunft der Schüler, ob sie gute Bildung erhalten und die Chance auf gute Abschlüsse“, betonte der Schülervertreter.

Das aus Sorge um die Bildungsqualität im Land gegründete Bündnis hatte sich bereits im März mit einem eindringlichen Appell an Regierung und Landtag gewandt und Nachbesserungen am neuen Schulgesetz verlangt. Daraufhin hatte das Parlament die Gesetzesbehandlung um ein halbes Jahr verlängert und die abschließende Beratung und Verabschiedung auf den Herbst verschoben. Elternrats-Chef Czerwinski beklagte, dass das Bündnis für gute Schule von den Koalitionsfraktionen SPD und CDU nicht informiert worden sei, welche Änderungen am Gesetzentwurf noch vorgesehen sind.

Bildungsministerin Bettina Martin (SPD) bescheinigte dem Bündnis, mit ihren Forderungen in einem konstruktiven Dialog bereits für Änderungen am Gesetzentwurf gesorgt zu haben. „Diese werden nun im parlamentarischen Verfahren umgesetzt“, sagte sie. Als Beispiel nannte sie die Ausdehnung der Zeitspanne für die Umsetzung der Inklusionsstrategie. „Die Streckung bis 2028 gibt uns mehr Zeit, die Inklusion in der Schule voranzubringen. Die Landesregierung hat darüber hinaus ein 200 Millionen Euro Schulpaket gepackt, das uns für die kommenden Jahre weitere wichtige Spielräume eröffnen wird, wie bei der besseren Vergütung der Grundschullehrer mit A13/E13 und bei der Lehrerbildung“, sagte die Ministerin. Die Zusatzmittel sollen vier Jahre lang mit jeweils 50 Millionen Euro zum Einsatz kommen.

Die Vorsitzende der Linksfraktion, Simone Oldenburg, unterstütze die Forderungen des Bündnisses. „50 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr reichen eben vorn und hinten nicht, um die rote Laterne in allen Bereichen der Schul- und Berufsbildung abzugeben“, sagte sie. Mit kleinteiligen Sonderprogrammen ließen sich Missstände, „die durch jahrelange Sparorgien und Versäumnisse entstanden sind“, nicht beseitigen. Bildung sei eine Investition in die Zukunft und müsse bezahlt werden. Deshalb werde ihre Fraktion in den Etatberatungen auch Vorschläge für zusätzliche Investitionen einbringen.

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