Kinderheim in Oberfranken:Totes Mädchen in Wunsiedel: Mann wegen Vergewaltigung angeklagt

Lesezeit: 2 min

Nach der Tat lagen an der Straßenecke zur Zufahrtsstraße zum Kinder- und Jugendhilfezentrum Blumen und Grablichter auf dem Gehweg. (Foto: Daniel Vogl/dpa)

Der 25-Jährige soll jedoch nicht schuld sein am Tod der Zehnjährigen. Verantwortlich dafür ist nach Erkenntnissen der Ermittler ein elf Jahre alter Junge, der das Mädchen stranguliert haben soll.

Von Max Weinhold

Fünf Monate nach der Tötung eines zehn Jahre alten Mädchens in einem Kinderheim im oberfränkischen Wunsiedel hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen 25 Jahre alten Mann wegen Vergewaltigung erhoben. Am Tod des Mädchens soll er jedoch nicht schuld sein: Verantwortlich dafür ist nach Erkenntnissen der Ermittler ein elf Jahre alter Junge, der noch nicht strafmündig ist, wie Staatsanwaltschaft und Polizei am Dienstag mitteilten.

Der Mitteilung zufolge kletterte der wegen der Vergewaltigung beschuldigte Mann in der Nacht auf den 4. April im Ansinnen, einen Diebstahl zu begehen, durch ein geöffnetes Badezimmerfenster in die Einrichtung. Dabei sei er "zufällig" auf das Mädchen und den Jungen getroffen. In der Folge habe er das Mädchen vergewaltigt - im Beisein des Jungen, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte. Der Mann sitzt seit Ende April in Untersuchungshaft.

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Einschlägig vorbestraft, also in der Vergangenheit mit ähnlichen Taten in Erscheinung getreten, sei er nicht. Eine Beteiligung an der Tötung des zehnjährigen Mädchens sei dem Angeschuldigten nicht nachzuweisen. Die Vergewaltigung dagegen habe er eingeräumt.

Getötet haben soll das Mädchen der Junge, nachdem der Mann das Heim verlassen habe. Er habe das Mädchen nach Erkenntnissen von Polizei und Staatsanwaltschaft stranguliert, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Hof am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur sagte. Zuvor sei es zwischen den beiden zu einem Streit gekommen; worum es dabei ging, sagte er nicht. Den Jungen erwartet wegen seines Alters kein Strafverfahren. Mit elf Jahren gilt er als strafunmündig. Er befinde sich in "gesicherter Obhut".

Der nun wegen Vergewaltigung angeklagte Mann hat der Staatsanwaltschaft zufolge neben dem Übergriff auf das getötete Mädchen auch weitere Straftaten gestanden. Der Deutsche aus dem Raum Wunsiedel soll seit Anfang 2022 bei fünf Einbrüchen in Container Baumaschinen im Wert von etwa 16 000 Euro gestohlen und im Internet verkauft haben. Lediglich den Vorwurf, zur Spurenbeseitigung einen der Container in Brand gesetzt zu haben, bestreite er.

An den fünfmonatigen Ermittlungen waren mehr als 40 Polizistinnen und Polizisten beteiligt. Die Sonderkommission "Park" habe mehrere Hundert Spuren - Fingerabdrücke, Datenträger, DNA - ausgewertet und mehr als 130 Vernehmungen durchgeführt. Durch die Auswertung dieser Spuren sowie rechtsmedizinische Gutachten seien die Ermittler auf die beiden Tatverdächtigen gekommen. Der Junge hatte bereits wenige Tage nach dem Tod des Mädchens unter Verdacht gestanden, an der Tat beteiligt gewesen zu sein.

Ob es gegen Betreuer aus dem Heim strafrechtliche Konsequenzen geben wird, ist offen. Ermittlungen wegen der Anzeige einer Privatperson wegen Pflichtverletzungen der für die Fürsorge der Kinder zuständigen Behörden dauerten an.

Gesprächsangebot für Kinder und Mitarbeiter besteht weiter

Der Träger des Heims St. Josef, die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg, hatte unmittelbar nach Bekanntwerden des Todes ein Krisenteam eingerichtet, um die knapp 90 Kinder und Jugendlichen im Alter von drei bis 19 Jahren zu betreuen. Viele von ihnen waren wegen der Osterferien im Skiurlaub oder bei ihren Familien, also nicht am Tatort gewesen.

Am Dienstag teilte der Krisenstab der Einrichtung mit, man werde das Gesprächsangebot auch weiterhin aufrechterhalten. Die Kinder und Jugendlichen sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden nach wie vor "begleitet und betreut", die Maßnahmen "vorsorglich intensiviert", da die aktuelle Mitteilung zum Tathergang "alle Beteiligten erneut in der Bewältigung der Geschehnisse stark herausfordern" könne.

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