Weiden:Bayern-SPD-Generalsekretär darf Plakate nicht aufhängen

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Uli Grötsch pflasterte mit seinen Plakaten die Hausmauer seines Büros. Durfte er allerdings gar nicht. (Foto: oh)

Zumindest nicht an dem Ort und in der Größe, die Uli Grötsch sich wünscht. Denn sein Wahlkreis sieht für die Werbung ganz besondere Regeln vor.

Von Lisa Schnell, Weiden

Für Uli Grötsch war es eine durch und durch logische Entscheidung. Grötsch kandidiert wieder für den Bundestag. Er will, dass die Leute ihn wählen. Dafür aber - logisch - müssen sie ihn kennen. Grötsch ist seit Kurzem auch Generalsekretär der Bayern-SPD. Es kennen ihn deshalb ein paar mehr, aber das reicht angesichts des Bekanntheitsgrads der SPD in Bayern wohl noch nicht ganz. Also setzt Grötsch daheim in der Oberpfalz wie jeder andere auch auf Wahlwerbung.

Man könnte meinen, dafür reiche es aus zu wissen, wie man Plakate klebt, aber das ist natürlich naiv. Denn auch in Bayern, im Land des Leben-und-Leben-Lassens, wie Horst Seehofer gerne sagt, gibt es für fast alles eine Verordnung und mindestens einen Paragrafen. In dem Falle greift die Plakatierungsverordnung der Stadt Weiden. Die ist gar nicht so dünn und auch recht kompliziert, aber an die dachte Grötsch erst mal nicht, als er diese wunderbare, weiße Wand vor sich sah.

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Eine ganze Hauswand und das an der gut befahrenen Bürgermeister-Prechtl-Straße in Weiden, seinem Wahlkreis. Eine Wand, die alle Fußgänger und Autofahrer im Blick haben und hinter der auch noch er selbst sein Bürgerbüro hat. Was also wäre logischer als nicht nur hinter der Wand, sondern auch davor Gesicht zu zeigen? Schließlich hatte es auch schon der ehemalige SPD-Landesvorsitzende Ludwig Stiegler so gemacht. Eine Zeit lang lächelte nun also ein überlebensgroßer Grötsch von der Hauswand, um die Passanten zu motivieren, in Weiden bei der SPD ihr Kreuz zu machen. Irgendwann aber muss wohl auch ein Mitarbeiter der Stadt vorbei gekommen sein, zumindest bekam Grötsch recht bald einen Brief aus dem Rathaus. Großflächige Plakatierungen seien in Weiden nicht gestattet, hieß es darin. Nur Plakate der Norm A0 sind noch erlaubt.

Warum? Weil es der Stadtrat so beschlossen hat, heißt es aus dem Rathaus. Und weil in Bayern auch bei der Plakatierung Ordnung herrschen müsse. Früher, als es noch keine Plakatierungsverordnung in Weiden gab, müssen es unhaltbare Zustände gewesen sein. Von "Wildwuchs überall" spricht ein Mitarbeiter der Stadt, der sich noch an die schlimme Zeit erinnert. Er spricht gar von Plakaten, die an Laternenmasten festgemacht waren und das samt Gestell. Nicht auszudenken, was da hätte passieren können, gerade jetzt, wo immer mehr Stürme durch Bayern ziehen. Von einem Unfall sei zwar nichts bekannt, die Plakat-Laternen-Konstruktion wird im Rathaus aber als "sehr gefährlich" eingestuft.

Um die Sicherheit der Bürger zu garantieren, gibt es seit 2014 die Plakatierungsverordnung. Sie schützt die Altstadt mit einer "Bannmeile" vor Wahlwerbung rund um das Rathaus. Genau ist auch geregelt, wie Plakate an Laternen befestigt werden müssen: nur auf dem Boden stehend und mit Kunststoffbändern. Um den Wildwuchs zu beschneiden, sind jeder Partei außerdem höchstens 300 Plakate gestattet.

Doch nicht nur in Weiden gibt es strenge Regeln. Die Plakatierungsverordnung gehört in Bayern mittlerweile zum Einmaleins der Bürokratie, so scheint es. Und überall fällt sie anders aus.

Michael Linnerer, Bundestagskandidat der FDP in Rosenheim, hat deshalb schon im Juli bei allen 48 Gemeinden in seinem Wahlkreis angefragt, wie man wo plakatieren darf. Er hat fast 48 verschiedene Antworten bekommen: Bei manchen dürfen Plakate nur auf extra dafür aufgestellte Stellwände, manche sind durchnummeriert, manche nicht. In Rosenheim etwa hat die FDP immer Platz sieben auf der Stellwand. Ein Plakat pro Wand für die FDP ist erlaubt, die CSU bekommt drei, die SPD zwei. Detaillierte Regeln gibt es auch in Nürnberg. Die Plakatierungsverordnung umfasst etwa fünf Seiten. 500 Plakate pro Partei sind gestattet. Um das zu kontrollieren, gibt es kleine Aufkleber, die wie ein Plakatsiegel auf jede Stellwand gehören. Wer wild plakatiert, kann angezeigt werden. Unter den demokratischen Parteien aber werde nicht gepetzt, heißt es. Nur, wenn ein Plakat der AfD oder der NPD falsch hängt, wird das sehr gerne gemeldet.

Uli Grötsch ist selbst Polizist. Die Sicherheit durch Plakatieren hat er bis jetzt nicht gefährdet gesehen. Unschön findet er dagegen, wenn die Plakate verwittert überall in der Stadt hängen. Die Stadt Weiden könnte sein Banner deshalb auch als Maßnahme zur Verschönerung sehen, meint er.

© SZ vom 24.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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