Wahlkampf:Was wollen die Parteien mit ihren Wahlplakaten sagen?

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Fährt man zum Beispiel den Isar-Radweg entlang, fallen einem über kurz oder lang die Plakate auf. (Foto: Robert Haas)

Wer dieser Tage auf seinem Radl schnell an den Wahlplakaten vorbeifährt, die schon vielerorts hängen, dem erschließt sich nicht auf Anhieb deren Sinn. Da ist ein bisschen Reflexion gefragt.

Kolumne von Lisa Schnell

Es ist Radlwetter und es ist Wahlkampf. Diese Kombination führt dazu, dass täglich die unterschiedlichsten politischen Botschaften am Sommerradler vorbeihuschen, wenn er gen Freibad gleitet. Je schneller er ist, desto schwerer haben es die Parteien, sich in seinem Gedächtnis zu verhaken. "Stell dir vor..." so viel kann er lesen vom Plakat der SPD, dann ist er schon weiter. Er biegt um die Ecke und stellt sich vor, was er sich vorstellen soll. Gerade malt er sich aus, wie die SPD ein Mindesteis für jeden Bürger einführt und alle Grundstückbesitzer am Starnberger See enteignet, da knallt das nächste Plakat in sein Bewusstsein.

Es ist weiß-blau, also CSU, für diese Erkenntnis braucht es keine Millisekunde, nach 34 Jahren Konditionierung in Bayern geht das fix. Bleiben noch etwa 19 Sekunden für den Text, bis der Radler ihn strampelnd wieder hinter sich lässt. Nur vier Worte. Die CSU weiß eben, der Wähler will nicht überfordert werden bei über 30 Grad. So denkt es sich der Radler und nimmt gleich alles wieder zurück. Denn da steht: "Bayern verpflichtet." Bayern verpflichtet? Zu was? Und wen? Den Wähler, die CSU zu wählen? Oder die CSU, den Wähler vollends zu verwirren? Das Plakat liegt schon lange hinter ihm, da grübelt der Radler immer noch. Kurz ist er abgelenkt von einer Frau, die sich für ein Bad im Fluss zwar ihrer Kleider, nicht aber ihres Selfiesticks entledigte, da kommt ihm eine mögliche Erklärung: "Eigentum verpflichtet", so heißt das ja eigentlich. Dass es bei der CSU "Bayern verpflichtet" heißt, könnte darauf hinweisen, dass die CSU den Freistaat mittlerweile als ihr Eigentum ansieht.

Schließlich wird auch im Rest der Republik zwischen CSU und Bayern kaum mehr unterschieden. Sogar Bayern, die mit der CSU gar nichts am Hut haben, müssen sich im übrigen Teil des Landes für die Irrgänge von Seehofer und Söder rechtfertigen. Auf der anderen Seite: In letzter Zeit, als es besonders irr wurde, machten viele mehr als deutlich, dass es ein Bayern gibt, das nicht vollends der CSU gehört. Am Ende, der Radler ist am Freibad angekommen, bleibt nur Verwirrung und die Frage: "Echt jetzt?" Zumindest darauf gibt das Plakat Antwort. Da steht: "Echt." Und wer sich das Rätsel ausgedacht hat: der frühere Kultusminister Ludwig Spaenle.

© SZ vom 07.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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