Die deutsche Sauberkeit ist fast so legendär wie die deutsche Gründlichkeit. Ende der Sechziger ging es besonders gründlich sauber zu: Der Weiße Riese und die Waschfrau Klementine betraten den Markt. "Riesenwaschkraft" musste ein Mittel haben, und "nicht nur sauber, sondern rein" musste es waschen. An Umweltbelastung und Ökologie verschwendete man keinen Gedanken. Das sollte heute anders sein. Nicht nur im Privathaushalt, sondern auch in professionellen Wäschereien. Das wünscht sich Lidia Zoumis. Doch mit dieser Idee scheint sie in ihrer Branche noch relativ allein zu sein. Jedenfalls berichtet die 52-Jährige, die in Geretsried vor zwei Jahren die nachhaltig-ökologische Wäscherei "Zer-O-Wash" gegründet hat, dass sie von Kolleginnen und Kollegen eher belächelt werde. Nun aber ist sie mit ihrem kleinen Betrieb an der Händelstraße in Geretsried unter den drei Finalisten des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2024.
Zoumis ist studierte Wirtschaftsingenieurin und war zuletzt beim Wolfratshauser Dichtungshersteller Eagle Burgmann beschäftigt. Während Corona - als Liefer- und Abholdienste Konjunktur hatten - sei in ihr die Idee einer Hol-und-Bring-Wäscherei gereift, erzählt sie. Gleichzeitig habe sie von einem Typus Waschmaschine erfahren, der bis dahin nur auf dem anglo-amerikanischen Markt existierte. Diese Maschinen brauchten, so erklärt sie, 50 Prozent weniger Energie, 50 Prozent weniger Waschmittel und 70 bis 80 Prozent weniger Wasser. Der Trick besteht im Einsatz von Nylon-Polymerperlen. Eine Million dieser saugfähigen Kügelchen stecken in der Maschine; sie werden mit Druck zusammen mit Wasser und Waschmittel auf die Wäsche gebracht. Zoumis erklärt den neuartigen Prozess sehr anschaulich: "Die Wäsche wird nicht gebadet, sondern geduscht." Der Effekt sei nicht nur die umweltschonendere Reinigung. Die Wäsche komme außerdem weniger feucht und fast knitterfrei aus der Trommel, sodass sie weniger getrocknet und gebügelt werden müsse.
Mit zwei der modernen Maschinen, die sie via Tschechien besorgen musste, und etlichen anderen Gerätschaften, wie Wäschereien sie brauchen, hat Zoumis sich selbständig gemacht. Ein Wagnis? "Ich hab' mich halt getraut", sagt die Mutter dreier Söhne lakonisch. Ihr Mann habe sie ohnehin unterstützt.
Natürlich verwendet der Geretsrieder Betrieb ökologisch abbaubare Produkte; zudem nutzt sie "grünen Strom" und bezieht Ökogas von den Stadtwerken München. Für ihren Hol-und-Bring-Service hat Zoumis zwei Elektroautos, die sie an der eigenen Photovoltaikanlage auflädt. Und sie ist schon voller Erwartung einer neuen Technologie, mit der Mikroplastikfasern aus der Wäsche gefiltert werden können. Auf ihrer Website heißt es: "Wir sind ein nachhaltiges Unternehmen, in dem wir stets mit dem Ziel arbeiten, das Bewusstsein zu stärken und die Umwelt zu schonen. Deshalb haben alle von uns durchgeführten Initiativen einen ökologischen Bezug zu unserem Planeten."
Zoumis ist nicht nur stolz darauf, dass sie neben dem Sieger Stadtwerke München und den Berliner Bäder-Betrieben nun unter den Finalisten des Deutschen Nachhaltigkeitspreises in der Kategorie "Gesundheit und Soziales/Persönliche Dienstleistungen" ist. Es ist für sie auch ein Gradmesser in einer Branche, in der es bisher keinerlei Standards oder Benchmarks für Ökologie und Nachhaltigkeit gibt. Der Preis, den eine Stiftung vergibt, zählt Zoumis' Wäscherei zu den "Vorbildern des nachhaltigen Wandels in Deutschland".
Die 140 Jury-Mitglieder hätten sich, so heißt es weiter, "mit Expertise, Augenmaß und Mut für diejenigen Unternehmen entschieden, die aus ihrer Sicht in diesem Jahr die nachhaltige Transformation in ihren Branchen anführen". Zer-O-Wash wird als eine regionale, nachhaltige Wäscherei gewürdigt, die eine Referenz für ganz Deutschland sein wolle. Das Konzept sei ganzheitlich, klimaschonend, innovativ und ressourcensparend.
Am Standort Händelstraße, gleich neben dem Neuen Platz, hat Zoumis zwar wenig Laufkundschaft, dafür treue Stammkundinnen und Kunden, besonders ältere Menschen, die über den Bringdienst froh sind. Im Übrigen wäscht sie für Gewerbekunden, darunter ein Golfclub, Hotels oder die Lebenshilfe Geretsried. Mit ihrer Auslastung habe sie durchaus "noch Luft nach oben", sagt sie.