Blattwerk Vierkirchen:Tee und Gewürze mit Leidenschaft statt geheimen Inhaltsstoffen

Lesezeit: 3 min

In ihrer Gewerbeküche füllt und mischt Maria Anna Braunschmidt die Kräutermischungen und Tees, rührt Balsame und Gewürzpasten. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Maria Anna Braunschmidt stellt Tees, Gewürzmischungen und -pasten her. "Kräuter mit Herz" ist nicht nur der Werbeslogan ihres kleinen Unternehmens Blattwerk, sondern Teil ihrer Lebensphilosophie. Hier verrät sie einige ihrer Zutaten.

Von Alexandra Vettori, Vierkirchen

"Geld bitte passend in den Briefkasten", so steht es auf einem Pappkarton am Garteneingang von Maria Anna Braunschmidt in Vierkirchen. Daneben das Firmenschild "Blattwerk" und ein paar Töpfchen mit Melisse, Hauswurz und Salbei. Auch im Vorgarten wachsen eher unübliche Blumen, auf dem Tisch dahinter hat die Kräuterfrau eine Karaffe mit Wasser für den Besuch bereitgestellt, Duftrosenblätter und Zitronenverbene schwimmen darin, "ein wunderbarer Sommergeschmack", sagt die Kräuterexpertin und ist schon mitten drin: "Die Pflanzen sind unsere Lehrmeister, aber die Menschen haben so viel verlernt."

Dass sie mal selbständige Kräuterproduzentin und Direktvermarkterin werden würde, hätte die 58-jährige Gartenbauingenieurin nicht gedacht. Mit ihrer Zusatzausbildung in Umweltbildung und Gartentherapie war sie lange in der Behindertenarbeit tätig und sehr glücklich damit. Bis die Einrichtung den Gartenbetrieb schloss. "Das war für mich ein Schlag, ich war da richtig mit Herzblut dabei", erzählt sie. In das berufliche Loch fiel allerdings schon bald ein Lichtstrahl: Ein benachbarter Bauer bot an, ihr ein Stück Land zu verpachten, für einen eigenen Kräutergarten. Und so begann das nächste Berufsleben von Maria Anna Braunschmidt.

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Im Kräutergarten wächst sogar griechischer Bergtee

Pflanzen und Natur haben in ihrem Leben immer eine große Rolle gespielt, sie stammt vom einem Bauernhof in Niederbayern. Gartenbau studiert hat sie in Freising, dort lernte sie auch ihren Mann kennen. Vor Jahren sind die beiden dann mit ihren Kindern nach Vierkirchen gezogen, "damals konnte man sich hier draußen noch Häuser leisten". Und gleich daneben, auf 300 Quadratmetern inmitten von Wiesen, begann das zunächst zarte Pflänzchen ihres Unternehmens Blattwerk zu wachsen: Zusammen mit zwei Freundinnen und ihrer Familie legte Maria Anna Braunschmidt Beete an, mittlerweile sprießen rund 50 verschiedene Gewächse. Unter anderem griechischer Bergtee, "regionaler griechischer Bergtee", wie Braunschmidt mit einem Lächeln hinzufügt, "dass der hier wächst, hat mich überrascht, ich dachte, der braucht einen bestimmten Boden."

Parallel bildete sich die frischgebackene Kräuterproduzentin in Sachen Direktvermarktung fort, das Zertifikat dafür erlangte sie 2018. Sie baute mit tatkräftiger Unterstützung ihres Teams eine Gewerbeküche im Keller ihres Hauses aus, die allen behördlichen Anforderungen entspricht, von Hygiene- bis Kosmetikverordnung. "Für kleine Produzenten ist es sehr schwierig, das alles zu erfüllen", sagt die Vierkirchenerin. Eigentlich würde sie auch gerne ein Bio-Zertifikat erwerben, die Voraussetzungen erfüllt sie durchaus, verwendet Braunschmidt doch ausschließlich organischen Dünger und kauft nur Bio-Saatgut. "Aber das Ganze ist mir einfach zu kompliziert", sagt sie.

Auf 300 Quadratmetern baut Maria Anna Braunschmidt gleich hinter ihrem Haus in Vierkirchen Kräuter an. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Jedes Blatt aus dem Kräutergarten von Maria Anna Braunschmidt ist handgezupft. Jetzt im Sommer wird bei schönem Wetter täglich geerntet. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Ein kleines Verkaufsständchen steht auch an der Gartentür vor dem Wohnhaus der Braunschmidts. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Ihre Kundschaft schätzt die "Kräuter mit Herz" auch so. Das Blattwerk-Team verkauft auf Märkten in Indersdorf und Dachau und Bauernläden in München und Karlsfeld, sogar zwei Supermärkte im Landkreis Dachau haben sie schon ins Sortiment genommen. Dazu betreibt Blattwerk einen Online-Shop. Ist im Garten einmal nicht so viel zu tun, arbeitet Maria Anna Braunschmidt in der Kräuter-Küche. Hier wird zerkleinert, verpackt, und hier erfindet sie ihre Gewürzmischungen, Kräutersalze und Chili-Pasten. In den Regalen stapeln sich Kistchen und Eimer, Waldmeister, Lindenblüten, Oregano, Fenchel.

Stolz erzählt sie, dass sie sogar ein georgisches Gewürz "nachgebaut" hat. Ein Neffe brachte ihr das aus dem Urlaub mit, und weil es so gut schmeckte, hat sie die Zutaten erforscht. Hauptbestandteil war Schabzigerklee, den Braunschmidt als "Grillmeister" schon kennt. "Ich habe es ziemlich genau getroffen, das war total spannend." Wegen der vielen Mineralien und des besseren Geschmacks gibt sie in fast alle ihrer Mischungen auch Wildkräuter, Brennnessel oder Knoblauchsrauke. Zu Petersilie kommt meist auch ein wenig Giersch, er fehlt auch im Suppengewürz "Suppenkasperl" nicht, "Giersch schmeckt so ähnlich wie Petersilie, ist aber vielfältiger".

Der Solartrockner ist selbst gebaut

Ihrem Sohn verdankt sie es, dass sie inzwischen auch selbst Kräuter in großem Stil und trotzdem klimaschonend trocknen kann. Er hat ihr einen Solartrockner gebaut, aus einem Folientunnel mit schwarzem Boden, in dem von Solarpaneelen angetriebene Ventilatoren die warme Luft über das Trockengut wehen. Gerade trocknen die ersten Ringelblumen, Holunder und Duftrosen. Klingt einfach, ist es aber nicht, denn jede Pflanze hat ihre Bedürfnisse, wer die nicht achtet, erntet braune, vertrocknete Ware. Also gibt es zwei Etagen, die empfindlichen Kräuter trocknen unten, die robusteren oben.

Den Solartrockner hat Braunschmidts Sohn ihr gebaut. (Foto: Niels P. Jørgensen)
In den Regalen stapeln sich Kistchen und Eimer, Waldmeister, Lindenblüten, Oregano, Fenchel. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Auch Geschenkkörbe stellt die Kräuterfrau zusammen, vom Duftkissen bis zur Chilipaste oder Fischgewürz ist allerhand im Sortiment. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Und so ist Maria Anna Braunschmidt längst dankbar für die Wende, die ihr beruflicher Werdegang genommen hat. Und ein wenig Umweltbildung betreibt sie nebenbei in einer sozialen Landwirtschaft auch wieder. Ansonsten brütet sie über neuen Produktideen, "ein Gelee aus Kräutern mit Apfelsaft und Minze" zum Beispiel, "einen Brotaufstrich, vielleicht mit Thymian, den kann man dann auch zu Käse essen" oder Apfelsaft mit Waldmeister, "die süße Waldfee". Schade findet es die Kräuterexpertin, dass sie keine Heiltees verkaufen darf. Doch das verbietet die Arzneimittel-Verordnung. Immerhin hat sie einen Weg gefunden, das zu tun, was ihr wichtig ist, "die Menschen teilhaben zu lassen und ihnen zu zeigen, was für ein Schatz die Pflanzen sind".

Hoppla, seit wann ist der Landkreis so hip? Immer mehr Menschen im Landkreis stellen ihre eigenen Trendprodukte her - und treffen damit den Zeitgeist. In der Serie "Hippes von hier" zeigt die SZ Dachau lokale Erzeuger und ihr hashtagtauglich Handgemachtes: von veganer Mode über Kaffee und Kräutermischungen bis hin zum Gin, der die Farbe wechselt.

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