Cold Case:Nach 28 Jahren: Mordanklage im Fall Wiesenfeld

Lesezeit: 1 min

Ein Flugblatt, auf dem die Bevölkerung um Hinweise zu einem Mordfall gebeten wird. (Foto: dpa)

Nach dem Tod einer 13-Jährigen auf einem Hof in Unterfranken will die Staatsanwaltschaft einen Tatverdächtigen vor Gericht bringen. Er war damals 17.

Von Olaf Przybilla, Karlstadt

28 Jahre nach dem Tod einer 13-Jährigen in Unterfranken will die Staatsanwaltschaft einen Mann wegen Mordes vor Gericht bringen. Die Behörde habe Anklage zur Jugendkammer des Landgerichts Würzburg erhoben, teilte Oberstaatsanwalt Tobias Kostuch mit. Der damals 17-Jährige soll das Mädchen namens Sabine kurz vor Weihnachten 1993 in einem Ortsteil von Karlstadt getötet haben. Die Staatsanwaltschaft geht von einer Tat "zur Befriedigung des Geschlechtstriebs" aus.

Der Verdächtige aus dem Kreis Main-Spessart war nach Durchsuchungen im Januar wegen Mordverdachts festgenommen worden. Wenige Wochen danach wurde er wieder freigelassen, ermittelt aber wurde weiter. Schon früher hatte er im Fokus der Ermittler gestanden.

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Als 1994 das Würzburger Landgericht einen damals 15-Jährigen in dem Fall freisprach, hatte der Richter im Urteil zwei andere Verdächtigte benannt. Darunter auch den nun Angeklagten. Die Ermittler hatten zudem einen weiteren Verdächtigen im Visier, auch gegen ihn hatte der Richter 1994 einen Verdacht geäußert. Ein Verfahren gegen ihn aber wurde nun mangels Tatnachweises eingestellt.

Auf einem Hof im Stadtteil Wiesenfeld war das Mädchen 1993 zuletzt gesehen worden. Ermittler entdeckten die 13-Jährige dort unter dem Betondeckel einer Güllegrube. Nach der Tat war ein Schüler festgenommen worden. Im Prozess wegen Totschlags wurde er freigesprochen. Später kam er bei einem Verkehrsunfall ums Leben.

Ob das Würzburger Landgericht die nun erhobene Anklage zulässt, gilt als keineswegs gewiss. Darüber zu befinden hat dieselbe Jugendkammer, die bereits die Freilassung des zum Tatzeitpunkt 17-Jährigen aus der Untersuchungshaft angeordnet hatte. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sind "Spurentreffer am Slip der Getöteten gefunden worden", konkret handele es sich um einen "Spermienkopf".

Auch wird eine Zeugin benannt, die angeblich Angaben zu einem möglichen sexuellen Hintergrund der Tat machen solle. Anderen Zeugenaussagen zufolge solle der nun Verdächtige auffälliges Interesse an der Tat gezeigt haben.

Sollte die Anklage in diesem cold case zugelassen werden, käme es wohl zu einem Indizienprozess, wahrscheinlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit, da der Angeklagte zum Tatzeitpunkt minderjährig war. Nachweisen müsste ihm die Staatsanwaltschaft einen Mord. Ein Totschlag wäre bereits verjährt.

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