Verkehrssicherheit:Unfallrisiko Regionalzug

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An unbeschrankten Bahnübergängen in Bayern kommt es immer wieder zu Unfällen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Immer wieder kracht es an unbeschrankten Bahnübergängen, oft mit gravierenden Folgen. Doch einfach alle mit Schranken zu versehen, ist nicht ohne Weiteres möglich. Und dann ist da noch der Leichtsinn der Autofahrer.

An Bahnübergängen haben Züge Vorfahrt, so regeln es die Straßenverkehrsordnung und die Physik. Denn meist ist es nicht praktikabel, die tonnenschweren Wagen zum Halten zu bringen. Trotz der klaren Regelung kommt es an bayerischen Bahnübergängen immer wieder zu Unfällen. 48 waren es der Verkehrsunfallstatistik des Innenministeriums zufolge im vergangenen Jahr. Sechs Menschen starben, 30 wurden verletzt. 2022 waren es 35 Unfälle mit sieben Toten und 22 Verletzten.

Besonders im Fokus stehen dabei die unbeschrankten Bahnübergänge. Zwar wird in der Statistik nicht gesondert erfasst, an welcher Art Übergang ein Unfall passiert. Aber an diesen ist die Vorsicht der kreuzenden Autofahrer besonders gefragt. Würde man Schranken aufstellen, ließen sich vielleicht Situationen vermeiden wie diese aus den vergangenen Monaten: Anfang Februar fuhr ein Autofahrer in der Nähe von Wasserburg am Inn (Landkreis Rosenheim) trotz roter Ampel über einen unbeschrankten Bahnübergang und stieß mit einem Regionalzug zusammen.

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Im vergangenen November kollidierte an einem unbeschrankten Bahnübergang im schwäbischen Mindelheim ein Regionalzug mit einem Transporter. Und an einem Bahnübergang nahe der Münchner S-Bahnhaltestelle Fasanerie mussten wegen einer Baustelle fast ein Jahr lang Mitarbeiter der Bahn die Straße mit Flatterbändern absperren. Immer wieder kam es dabei zu Unfällen und gefährlichen Situationen.

Generell sind unbeschrankte Bahnübergänge in Bayern keine Seltenheit. Wie eine Sprecherin der Deutschen Bahn (DB) mitteilt, gibt es im Moment im Freistaat fast 3000 Bahnübergänge. Davon ist knapp die Hälfte unbeschrankt, verteilt über alle Regierungsbezirke. "Eine pauschale Ausstattung aller Bahnübergänge mit Vollschranken beispielsweise ist nicht sinnvoll", schreibt die Sprecherin. Schließlich handele es sich bei den meisten Übergängen um wenig befahrene Anlagen, etwa an Forst- oder Feldwegen.

Ob stark befahren oder nicht, jede Kreuzung sei ein potenzieller Gefahrenort. Darum arbeite die Bahn daran, gemeinsam mit den jeweiligen Straßeneigentümern und dem Bund die Zahl der Bahnübergänge zu reduzieren. Seit 1950 habe sich diese ohnehin halbiert, sagt die Sprecherin. Anlagen, an denen es vermehrt zu Unfällen gekommen sei, seien vorrangig beseitigt oder mit Schranken ausgestattet worden. "Die aktuelle Zahl ist der niedrigste Wert in der DB-Geschichte."

Dass sich Schiene und Straße möglichst nicht treffen sollten, schreibt in Deutschland das Eisenbahnkreuzungsgesetz vor, zumindest bei neu gebauten Wegen. Kommt es an einem Übergang zu einem Unfall, werden laut Bahn Sonderverkehrsschauen vorgenommen. An diesen nehmen unter anderem Vertreter der Bahn, der Gemeinde, des Eisenbahnbundesamts und der Polizei teil. Soll dann etwa eine Schranke aufgestellt werden, müssen sich Bahn und der Eigentümer der Straße, meistens eine Kommune, zuerst auf die Maßnahme einigen und eine sogenannte Kreuzungsvereinbarung schließen. Laut des bayerischen Gemeindetags funktioniert das gut, die Verständigung zwischen Bahn und Kommunen laufe ohne "wirkliche Praxisprobleme" ab. Die Kosten für etwaige Maßnahmen teilen sich dann Bund, Freistaat und Bahn, je nachdem, um was für eine Bahnstrecke es sich handelt.

"Die Kommunen wurden von einer Kostentragung freigestellt", teilt ein Sprecher des bayerischen Bauministeriums mit. In den vergangenen fünf Jahren habe Bayern fast 60 Millionen Euro für Schranken, Warnlichter oder auch den Bau von Über- und Unterführungen ausgegeben. Am sichersten ist eben, Schiene und Straße komplett kreuzungsfrei zu führen.

Denn selbst die besten Schutzvorrichtungen helfen nicht, wenn sich Verkehrsteilnehmer nicht an die Regeln halten. Wenn es an Bahnübergängen kracht, sind nämlich meistens nicht die Zugführer schuld. "Mehr als 95 Prozent aller Unfälle an Bahnübergängen sind auf ein Fehlverhalten der Straßenverkehrsteilnehmer zurückzuführen", erklärt Alexander Kreipl, der verkehrspolitische Sprecher des ADAC Südbayern.

Die meisten Unfälle endeten mit schwerwiegenden Folgen, da Autofahrer die Geschwindigkeit und den entsprechend längeren Bremsweg eines Zuges oft völlig unterschätzten. Selbst wenn ein Zugführer eine Vollbremsung hinlege, benötige der Zug ja immer noch einige hundert Meter, um zum Stillstand zu kommen. "Hauptursachen für die Unfälle sind folglich Unkenntnis, Leichtsinn und Unaufmerksamkeit", sagt Kreipl. Oder die Missachtung der Schutzvorrichtungen, etwa wenn Autofahrer eine Halbschranke umfahren. Grundsätzlich appelliere man an die Verkehrsteilnehmer, an Bahnübergänge stets nur mit mäßiger Geschwindigkeit heranzufahren.

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