Die Kuschel-Suite im Bodenmaiser Hof.
(Foto: Bodenmaiser Hof)180 Kilometer sind es von Bodenmais nach München, aber nur 15 bis zur tschechischen Grenze. Im Zug stehen die tschechischen Aufschriften noch vor den englischen. Früher war das hier eine bitterarme Gegend; in den 50er Jahren begann man, auf das zu setzen, was damals noch "Fremdenverkehr" hieß. Heute hat der Ort 6000 Gästebetten, etwa 2000 davon im Vier- und Fünf-Sterne-Bereich.
Für die Region um Bodenmais bringen diese Betten Arbeitsplätze. Dass die Gemeinde auch sonst von den Wellnesshotels profitiert, bezweifeln viele in Bodenmais. Christa Weikl betreibt die "Pension Arberblick" in Bodenmais, ein kleines Gästehaus, in dem die Zeit stehen geblieben ist. Hier gibt es keine 24-Stunden-Rezeption, sondern eine Klingel mit Weikls Namen darauf.
Als Weikl aufmacht, schlüpft eine dicke Katze durch die Tür. Die sechs Zimmer sind hübsch, sauber, ordentlich - statt Buddha-Statuen hängen hier Stickbilder im Treppenaufgang. 25 Euro, sagt Weikl, koste hier ein Zimmer, doch die Gäste seien anspruchsvoll geworden: "Auch wer nicht so betucht ist, will heute den Service eines Vier-Sterne-Hauses."
Weikl macht sich aber nicht nur Sorgen um ihre Pension, sondern auch um Bodenmais. "Die Gäste der Wellnesstempel gehen nicht raus, kaufen sich keinen Kaffee, kein Eis im Ort", sagt sie. "Wenn das so weitergeht, dann geht der Ort kaputt."
Die meisten Gäste buchen mit Dreiviertel-Pension
Dass ihre Gäste ihr Geld eher im Haus lassen als im Ort, das bestätigen auch die beiden Juniorchefs des Mooshofs. Anton Holzer, Chefkoch und der ältere der beiden Juniorchefs, schätzt, dass 98 Prozent aller Gäste ihr Zimmer nicht mit Frühstück, sondern mit Dreiviertel-Pension buchen, also mit Frühstück, Nachmittagssnack und Abendessen. "Uns ist der Gast am liebsten, wenn er im Haus bleibt und hier konsumiert", sagt sein Bruder Andreas.
Als der 38-jährige Anton Holzer ein Kind war, sah der Mooshof noch ganz anders aus. Der Juniorchef führt durch das Hotel, treppauf, treppab, durch lange Gänge mit weichen Teppichböden, durch das alte Hallenbad von 1984 und die nach Hautcreme riechenden Kosmetik- und Massageräume.
"Da vorne war der Stammtisch, wo die Einheimischen zum Frühschoppen gehockt sind", erzählt er im Restaurant. Und wo es heute im Meditations- und Bewegungsraum mit der Buddha-Statue und den Hanteln muffig riecht, da war grüne Wiese und eine ziemlich steile Böschung. "Da sind wir als Kinder Schlitten gefahren."
Die Eltern hätten immer schon kräftig in ihr Hotel investiert, erzählt Andreas Holzer. "Als mein Vater gesagt hat, er macht jetzt Gästezimmer mit eigener Toilette, hat meine Oma ihm den Vogel gezeigt." Das Tempo der Neuerungen stieg, die Hotels pushen einander immer weiter. "Früher waren wir die einzigen mit Freibad", sagt Anton Holzer, "jetzt hat jeder eines." Heute wirbt das Hotel Bodenmaiser Hof mit einer Rosenquarz-Bio-Sauna, der Bergknappenhof mit einer Infrarotsauna, das Hotel Riederin mit einer Gegenstromanlage im Pool und einem "Wellness-Biergarten".