SPD Bayern fällt auf 19 Prozent:Wie Ude seine Chance vergeudet

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Christian Ude will Ministerpräsident in Bayern werden. Im Moment hat er aber keinen guten Lauf. (Foto: dapd)

Horst Seehofer kraftmeiert sich in Richtung absolute Mehrheit in Bayern: Eine aktuelle Umfrage, die der SPD nur 19 Prozent bescheinigt, schockfrostet die Sozialdemokraten und den Spitzenkandidaten Christian Ude. Ihr Wahlkampf droht zu scheitern, noch ehe er richtig begonnen hat.

Ein Kommentar von Sebastian Gierke

Die Opposition in Bayern gibt nichts auf Umfragen. Aus reinem Selbstschutz. Doch wenn plötzlich das eher konservative Allensbach-Institut die zuletzt so kraftmeiernde CSU bei für ihre Verhältnisse desaströsen 41 Prozent sieht, dann wird gefeixt, dann wird gejubelt. So geschehen am Dienstag dieser Woche.

Doch der Spaß dürfte den so erfolgshungrigen wie erfolgsentwöhnten Oppositionellen nun im Halse stecken bleiben. Denn nur einen Tag nachdem Allensbach mit einer umstrittenen Umfrage die CSU kalt erwischt hatte, schockfrosten neue Zahlen die SPD und ihren Spitzenkandidaten Christian Ude. Bei 19 Prozent steht die SPD im Freistaat, das ist das Ergebnis einer Umfrage des Bayerischen Rundfunks. Die CSU scheint auf dem Weg zur absoluten Mehrheit bei der Landtagswahl 2013 kaum mehr aufzuhalten zu sein.

Nun ist das mit Umfragen so eine Sache. Momentaufnahme heißt es dann gerne bei denen, die zurückliegen, jedes Institut habe andere Zahlen, abgerechnet werde am Schluss. Stimmt alles.

Und dennoch: Diese 19 Prozent sind ein Menetekel, an dem Christian Ude und sein Wahlkampf scheitern könnte. Schuld daran ist die SPD selbst.

Mit der Kandidatur Udes war ein Ruck durch die seit Jahrzehnten leidgeprüfte SPD gegangen. Wo vorher nur Lethargie und Defätismus waren, herrschte Aufbruchsstimmung. Der beliebte Münchner Oberbürgermeister führte seine Partei aus dem 16-Prozent-Umfragetief. Mehr als 20 Prozent wurden vermeldet, darauf könnte man aufzubauen, so redet man es sich zumindest ein.

Doch der Stagnation bei knapp über 20 Prozent folgt jetzt der Fall unter die wichtige 20-Prozent-Marke. Der letzte Rest des Ude-Hypes ist damit dahin, das von ihm angekündigte "crescendo" wird immer mehr zum "diminuendo". Die Zukunft, sie könnte bereits in der für die bayerische SPD wieder einmal so freudlosen Gegenwart stecken.

Das liegt daran, dass die Partei mit Ude eine illusionäre tägliche Selbsttäuschung zelebriert. Es hat den Anschein, als hätte die Partei noch nicht verstanden, dass Ude nicht der erwartete Heilsbringer ist, mit dem alles wie von selbst in Richtung Machtwechsel läuft.

Die gegenwärtige - und angesichts der vielen Schmutzeleien und internen Querelen beinahe überraschende - Stärke der CSU ist vor allem der schwachen Opposition zu verdanken. Das angestrebte Bündnis aus SPD, Grünen und Freien Wählern: nicht vorhanden. Vor allem nicht in den Köpfen der Menschen.

Nur wenn es gelingt, die Möglichkeiten dieses Bündnisses deutlich zu machen, könnte daraus Mobilisierungspotential für die Landtagswahl entstehen. Jede Oppositionspartei für sich genommen kann nichts werden in diesem Bayern, nur zusammen ist ein Machtwechsel möglich. Der schien im vergangenen Jahr 2012 auch tatsächlich möglich. Kurzzeitig.

Doch vom SPD-Spitzenkandidaten kommt im Moment zu wenig, um diese Möglichkeit den Wählern auch zu verkaufen. Vielleicht kam die Kandidatenkür tatsächlich zu früh für Ude. Er hat ja offiziell noch nicht einmal einen Gegner. Horst Seehofer will sich erst wenige Monate vor der Wahl zum Spitzenkandidaten ausrufen lassen.

Der Ministerpräsident von der CSU gibt sich präsidial, verweigert einfach den Wahlkampf und läuft damit gar nicht erst Gefahr, dass der Eindruck entsteht, er würde mit Ude auf Augenhöhe kämpfen müssen. Der 1,93-Meter-Mann schaut über Ude schlicht hinweg.

Dem selbstbewussten Ude, vom Typ her Seehofer gar nicht so unähnlich, gelingt es nicht, sich die Aufmerksamkeit seines Kontrahenten zu erarbeiten. Er schafft es nicht, das Stadtfürstenimage loszuwerden, dessen politischer Horizont nur bis zu den Grenzen Münchens reicht. Und seine Partei ist von den Jahren des Niedergangs so ausgemergelt, dass die Kraft für einen wirkungsvollen Wahlkampf zu fehlen scheint.

Ude hat nicht mehr lange Zeit, daran etwas zu ändern. Wenn sich erst einmal der Eindruck festsetzt, dass er selbst nicht mehr an seine Chance glaubt, dass er nur Pflaster auf Wunden legt, die längst ausgeblutet sind, anstatt sinnvolle neue Kämpfe zu eröffnen, dann kann selbst ein guter Endspurt ihn nicht mehr retten.

Schon jetzt glauben viele Wähler, dass Ude sich mit stillem, wohltemperiertem politischem Mittelmaß ein langsames Ende erkauft. Es wäre kein sonderlich ehrenvoller Abschluss seines landespolitischen Abenteuers.

Dann doch lieber aggressiv und kraftvoll schreien - auch auf die Gefahr hin, damit womöglich sein Ende zu beschleunigen. Lieber durch die Wucht der Anstrengung vom Weg abkommen, als einen Weg weiter gehen, an dessen Ende es genauso neunzehnprozentig und hässlich aussieht wie in der Gegenwart.

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