Aufregung im Internet:Darf die Tochter von Herrn Söder das?

Lesezeit: 3 min

Eine junge Frau macht Urlaub in Monaco, postet Fotos davon im Internet und ein Shitstorm bricht los - weil ihr Vater Ministerpräsident ist. So etwas häuft sich.

Von Andreas Glas und Johann Osel, München

"Typisch für die französische Riviera", so schwärmt die junge Frau auf Instagram. Sie sitzt vor Küstenkulisse auf einem Felsmäuerchen, posiert für zahlreiche Fotos. Und lobt bezaubernde Straßen, einen traditionellen Markt, die Region sei bekannt für die Kunst: Picasso, Matisse, Chagall.

Die Sonnenbrille trägt Gloria Sophie zu Recht. Scheint ein herrlicher Tag zu sein dort, irgendwo zwischen Cannes und Nizza, in Südfrankreich. Bildlich dokumentiert hat sie auch ihren Abstecher nach Monaco - worüber sich sicherlich so ziemlich niemand aufgeregt hätte, wäre ihr Vater, sagen wir, ein Heizungsinstallateur aus Deggendorf. Ist er aber nicht.

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Gloria Sophie ist die älteste Tochter von Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Was dann auch erklärt, weshalb die Kommentare im Netz weniger glamourös und friedvoll ausfallen als die Fotos: "Während ihr Daddy die Menschen einsperrt, mit seinem Gelaber den Leuten die Gehirne wäscht, macht sie Urlaub." Oder: "Ach ja, Einschränkungen gelten ja nur für den Pöbel." Der Urlaub von Söders Tochter ist zum Aufregerthema nationaler Tragweite geraten. Als gäbe es ein Reiseverbot.

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Zunächst im Internet, wo ohnehin Daueraufregung herrscht. Schnell entdeckte das die AfD, der bayerische Bundestagsabgeordnete Johannes Huber etwa schrieb: "Auch in Sachen Doppelmoral auf grünem Kurs: Familie Söder schert sich nicht um Corona-Regeln." Wobei Regel-Gegner Huber das Verhalten der Tochter doch "im Grunde sympathisch" findet. Die Boulevardpresse berichtet, mit durchaus vorwurfsvollem Ton in Richtung des CSU-Chefs: "Während Markus Söder 'Vorsicht' predigt ... Sonnt sich seine Tochter im Risikogebiet" ( Hamburger Morgenpost).

Spätestens an dieser Stelle sollte man erwähnen, dass Gloria Sophie 22 Jahre alt ist - und damit bekanntermaßen volljährig. Oder, wie eine Twitter-Kommentatorin schreibt: "Eine eigenständige Person, auch wenn sie die Tochter von Söder ist." So oder so ähnlich kommentieren das viele im Netz - darunter gar nicht wenige, die auf ihre eigene Art betonen, dass sie weiß Gott "kein Freund" von Söder seien. Einer schreibt über den CSU-Politiker und die Tochter, was auch AfD-Mann Huber kaum bestreiten kann: "Ob und wo sie Urlaub macht, bestimmt wohl kaum er."

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Nicht das erste Mal in der Pandemie, dass Söders Familie im Fokus steht. Da war etwa die vornehmlich von der AfD verbreitete Lüge, die Firma von Söders Ehefrau habe Millionen mit Masken verdient. Anstoß in sozialen Medien erregte auch, als eine jüngere Söder-Tochter im Sommer 2020 mit ihrem Wallach "Rendezvous" ein Reitturnier in Münster bestritt - obwohl dies zu jener Zeit nicht verboten war. Selbst wenn Söder ein Selfie von einer Radltour postet, löst das Tiraden aus. "Endlich mal wieder Sonne, da macht eine Radtour besondere Freude", schrieb er im Februar 2021 und präsentierte sich behelmt an Waldesrand. "Unfassbar und beschämend" fanden das manche Kommentatoren: "Sie haben in der Natur nix zu suchen. Sie sperren die kleinen Bürger seit Monaten weg und Sie zeigen jetzt, dass sie eine Radtour machen. Gehts noch?", empörte sich einer, der sicher nur nicht genau wusste, dass auch Nicht-Ministerpräsidenten das Radfahren erlaubt war.

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Jetzt also die Monaco-Causa. Was sagt Söder dazu? Darauf angesprochen, gab er neulich Auskunft - ohne dabei Tochter oder Fürstentum wörtlich zu erwähnen. Er sprach über die Erfolge im Kampf gegen das Virus, jetzt müsse man das Erreichte den Menschen auch zugute kommen lassen. "Ich wünsche jedem, dass er jetzt gerade in den Pfingstferien eine Zeit zum Entspannen hat, dass er die Urlaubszeiten schön wahrnimmt." Da sei es egal, ob der Urlaub an der Küste oder in Bayern stattfinde, sagte er - erstaunlich nachsichtig. Die Lage habe sich in ganz Europa verbessert, "ich will keinem den Urlaub in Mallorca, Italien oder Griechenland oder sonst wo vermiesen".

Vermiesen lässt sich seine Tochter den Trip offenbar eh nicht von dem Knatsch, sie postet weiter Eindrücke - am Dienstag aus Èze, "ein sehr schöner Ort auf einem Berg" samt Schloss. Mit Mauer zum Anlehnen und Fotos-Machen. Und bei gemischtem Feedback in den Kommentaren - von "zum Kotzen" bis "schönen Urlaub".

© SZ vom 26.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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