Schlösser von Ludwig II.:Goldgrube mit Wermutstropfen

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Jährlich kommen Millionen Besucher nach Bayern um die Bauwerke Ludwig II. zu sehen. Die Lust wird aber auch zur Last - die Schlösser leiden unter dem großen Zulauf.

Hans Kratzer

Seine Schlösser, Burgen und Residenzen sind für den Freistaat Bayern auf den ersten Blick so etwas wie eine Goldgrube. Das Millionenheer von Besuchern und Touristen lässt ja nicht nur das Eintrittsgeld da, es füttert auch die heimische Gastronomie und die Wirtschaft - allerdings verschlingt der Unterhalt riesige Summen. Im Vorjahr haben die von der Schlösserverwaltung betreuten Häuser mit einer Quote von 4,7 Millionen Besuchern alles in allem eine Steigerung um 0,5 Prozent aufgewiesen - obwohl das Finanzministerium wegen der Wirtschaftskrise eigentlich einen deutlichen Einbruch erwartet hatte. Die meisten Gäste wurden wie erwartet im Schloss Neuschwanstein gezählt. Es waren fast 1,35Millionen, das sind 4,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Nach Linderhof kamen 450.000 Besucher, 418.000 sahen Herrenchiemsee.

Publikumsmagnet: Jährlich strömen über eine Million Besucher nach Neuschwanstein. "Die Schlösser werden auf Verschleiß gefahren", sagen Beobachter. (Foto: dpa)

Finanzminister Georg Fahrenschon legte diese Zahlen gestern bei der Jahreskonferenz der Schlösserverwaltung vor und bilanzierte: "Wir können damit sehr zufrieden sein." Der Wermutstropfen, den er in seine Worte mischte, war die Erhöhung der Eintrittspreise. Jahrelang waren diese stabil geblieben, jetzt aber führe kein Weg mehr daran vorbei. "Mit Preisen von vor zehn Jahren und Baukosten von heute wird es schwierig", sagte er. Wer künftig einen Blick in das Innere von Neuschwanstein werfen will, muss zwölf statt neun Euro hinlegen. Der Anstieg bei den übrigen Schlössern fällt deutlich geringer aus: zwischen 50 Cent und einem Euro. Das Finanzministerium erhofft sich dadurch ein zusätzliches Plus von 2,3 Millionen Euro.

Diese Mehreinnahme wird es dringend brauchen, denn hinter dem strahlenden Licht, das die Königsschlösser glänzen lässt, sind auch Schatten zu erkennen. Ein Objekt wie Neuschwanstein stößt durch die Massen, die sich durch die Räume wälzen, an seine Grenzen. "Die Schlösser werden auf Verschleiß gefahren", sagen Beobachter, in den engen Gängen von Linderhof reiben die Leute mit ihren Hintern bereits das Gold von den Möbeln. In Neuschwanstein wiederum müssen wegen der verbrauchten Luft ständig die Fenster geöffnet werden, wodurch die empfindlichen Objekte einer aggressiven Lichteinstrahlung ausgesetzt sind. Damit stehen die Schlösser erheblich unter Stress, und jetzt kommt auch noch die Landesausstellung zu Ludwig II. im Schloss Herrenchiemsee dazu. Es ist fünf vor zwölf, was den Erhalt der Gebäude und ihres Interieurs betrifft.

Die Konservierung wird viel Geld verschlingen, gerade in den Königsschlössern sind Restaurierungsmaßnahmen hochkompliziert und aufwendig. Allein die Reinigung der Oberflächen des Paradeschlafzimmers Ludwigs II. auf Herrenchiemsee verschlingt beispielsweise 250.000 Euro. "Aber das ist es uns wert", sagt Fahrenschon aus gutem Grund. Es gibt nämlich in ganz Europa keine Schlösser, die so perfekt im Original erhalten sind wie die Bauten Ludwigs II. Seit seinem Tod anno 1886 ist dort nichts mehr verändert worden, fast alles ist im Original erhalten. Dieses Faktum wird eine große Rolle bei der Entscheidung spielen, ob die Gebäude in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen werden.

Will man dieses Ziel erreichen, braucht man eine gute Begründung. "Es muss deutlich werden, warum sich ein Besucher aus Kenia mit einem verrückten bayerischen König auseinandersetzen soll. So formuliert Johannes Erichsen, der Präsident der Schlösserverwaltung, dieses Grundproblem. 2012 soll aber erst die Entscheidung fallen, ob der Weltkulturerbe-Antrag für das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth von der Unesco angenommen wird, danach gelten dann Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee als aussichtsreichste bayerische Kandidaten. Ein positives Signal setzte am Dienstag der Gemeinderat von Schwangau, der einer Bewerbung einstimmig zustimmte.

Auch Hollywood hat ein Auge auf diese "Location" geworfen, im vergangenen Herbst wurde der US-Streifen "Die drei Musketiere" größtenteils in Bayern gedreht. Die Schlösserverwaltung kam dabei als Hausherr ziemlich ins Schwitzen. Letztlich haben die Residenzen in Würzburg, Schleißheim, München und Herrenchiemsee die Produktion unbeschadet überstanden. Umso mehr hofft Fahrenschon auf einen Werbeeffekt für Bayerns Kulturerbe. "Immerhin hat das Interesse aus Hollywood bewiesen, dass unsere Schlösser zu den attraktivsten weltweit gehören."

Mögliche Probleme in der Gemengelage Film und Schloss blendete Fahrenschon aus, und doch liegen diese sprichwörtlich auf der Hand. "Dreimal umgezogen ist wie einmal abgebrannt", sagt der Volksmund, im Filmgeschäft heißt der Spruch: "Fünfmal gefilmt ist wie einmal abgebrannt." Die Schlösserverwaltung hält sich diesbezüglich zwar bedeckt, aber an den Mienen der Verantwortlichen war abzulesen, dass sie sich die Schlösser als Dauerdrehort eher nicht vorstellen wollen. Andernfalls wäre es vielleicht vorbei mit dem Erwirtschaften von guten Zahlen. Fahrenschon sprach von einer "herausragenden Quote". 2010 nahm die Schlösserverwaltung mit 53,6 Millionen Euro 4,5 Prozent mehr ein und gab gleichzeitig 4,8 Prozent weniger aus - knapp 90 Millionen. Damit trugen die Schlösser 60 Prozent ihres Unterhaltes selber. 2011 wird die Staatsregierung für sie dennoch 31 Millionen Euro ausgeben müssen.

© SZ vom 10.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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