Ermittlungen wegen Korruption:Justiz entlastet Schaidinger

Hans Schaidinger

Der frühere Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger (CSU) darf sich freuen. Die Korruptionsermittlungen gegen ihn wurden eingestellt.

(Foto: dpa)
  • Die Regensburger Staatsanwaltschaft ermittelt vorerst nicht mehr gegen Alt-OB Hans Schaidinger, es gebe keine Nachweise der Vorteilsnahme im Amt.
  • Der CSU-Politiker, der von 1996 bis 2014 Chef im Rathaus war, war verdächtigt worden, den Bauunternehmer Volker Tretzel in "bewusst in rechtswidriger Weise einseitig unterstützt" zu haben bei der Vergabe von Bauland.
  • Abgelehnt hingegen hat das Verwaltungsgericht den Antrag des amtierenden OB Joachim Wolbergs, seine vorläufige Suspendierung vom Amt aufzuheben.

Von Andreas Glas, Regensburg

Die Regensburger Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen Korruption gegen den früheren Oberbürgermeister Hans Schaidinger (CSU) eingestellt. Es lasse sich kein Nachweis der Vorteilsannahme führen, teilte die Ermittlungsbehörde am Mittwoch in einer Presseerklärung mit. Damit steht fest, dass es keine Anklage gegen Schaidinger geben wird, der von 1996 bis 2014 Chef im Regensburger Rathaus war. Die Ermittlungen hatten rund drei Jahre gedauert. Der Alt-OB hatte stets seine Unschuld versichert. Für eine Stellungnahme war er zunächst nicht erreichbar.

Ins Visier der Ermittler war Schaidinger geraten, weil er nach Ende seiner Amtszeit im Frühjahr 2014 einen lukrativen Beratervertrag mit der Firma des Regensburger Bauunternehmers Volker Tretzel geschlossen hat. Das monatliche Beraterhonorar hatte die Staatsanwaltschaft auf 20 000 Euro beziffert. Auch die Nutzung seiner Segelyacht sollte Tretzel dem Alt-OB in Aussicht gestellt haben. Zudem interessierten sich die Ermittler offenbar für den Kauf einer Tretzel-Wohnung durch Schaidingers Tochter. Die Staatsanwaltschaft hegte den Verdacht, dass sich der inzwischen 70-jährige Schaidinger den Beratervertrag noch vor Ende seiner Amtszeit versprechen ließ und den Unternehmer im Gegenzug bei der Vergabe eines Baugrundstücks "bewusst in rechtswidriger Weise einseitig unterstützt" habe.

Während sich diese Vorwürfe gegen Schaidinger erledigt haben, läuft das Verfahren gegen Bauunternehmer Tretzel weiter. Das hat die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung bestätigt. Weitere Details nannte ein Sprecher in diesem Zusammenhang nicht. Der Hintergrund könnte folgender sein: Sollte Tretzel dem Alt-OB den Beratervertrag noch vor Ende seiner Amtszeit angeboten haben, könnte sich der Unternehmer unter bestimmten Umständen selbst dann der Vorteilsgewährung strafbar gemacht haben, wenn nicht nachweisbar ist, dass Schaidinger das Angebot auch vor seinem Ausscheiden aus dem Rathaus angenommen hat. Dann gäbe es zwar keinen Vorteilsnehmer, aber einen Vorteilsgeber. Eine sehr seltene, aber denkbare juristische Konstellation.

Tretzel hat die Vorwürfe in diesem Zusammenhang stets bestritten. Während der rund drei Jahre dauernden Ermittlungen hatte sich Schaidinger nur ein einziges Mal ausführlicher zu den Vorwürfen gegen seine Person geäußert - im Februar 2019, im Regensburger Rathaus, während eines Empfangs der Stadt zu seinem 70. Geburtstag. Damals hatte der Alt-OB die Arbeit der Ermittler scharf kritisiert. Der Kriminalpolizei warf er unter anderem "Unkenntnis der bayerischen Kommunalverfassung" vor, mit Blick auf die Staatsanwaltschaft sprach er von "einer gigantischen Verzögerungsstrategie". Weiter sagte Schaidinger mit Trotz in der Stimme: "Auch wenn sich die größten Vorverurteiler, die in den Medien und in der eigenen Partei zu finden sind, etwas anderes einbilden: Zum Schluss wird abgerechnet."

Urteil im Prozess gegen suspendierten Regensburger OB erwartet

Joachim Wolbergs muss sich im Herbst noch einmal vor Gericht verantworten.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Doch auch wenn die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen des Tretzel-Beratervertrages gegen Schaidinger nun eingestellt hat - völlig aus dem Fokus ist Schaidinger damit noch nicht. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung läuft im Zusammenhang mit einem anderen Bauunternehmer ein weiteres Verfahren gegen den Alt-OB. Dazu wollte sich ein Sprecher der Justizbehörde aber auf Nachfrage nicht näher äußern.

Während Schaidinger sich über das Ende der Ermittlungen in der Causa Tretzel gefreut haben dürfte, musste der derzeitige Regensburger Oberbürgermeister am Mittwoch einen schweren Rückschlag hinnehmen. Wie die Landesanwaltschaft mitteilte, bleibt Joachim Wolbergs weiter vom Dienst suspendiert. Demnach hat das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag des OB abgelehnt, die vorläufige Suspendierung aufzuheben. Die Landesanwaltschaft hatte Wolbergs im Januar 2017 suspendiert, als er unter anderem wegen des Verdachts der Bestechung in Untersuchungshaft saß. Auch im Fall Wolbergs ging es um dessen Beziehung zu Bauunternehmer Tretzel. Aus dessen Umfeld flossen rund 475 000 Euro auf das Konto des SPD-Ortsvereins Stadtsüden, den Joachim Wolbergs leitete.

An der Suspendierung hatte die Landesanwaltschaft auch nach dem Urteil gegen Wolbergs im vergangenen Juli festgehalten. Zwar blieb der 48-Jährige straffrei, doch sprach ihn das Regensburger Landgericht wegen zwei Fällen der Vorteilsannahme schuldig. Dabei ging es um Parteispenden in Höhe von insgesamt rund 150 000 Euro. Von allen weiteren Vorwürfen hatte das Gericht den OB freigesprochen und betont, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass er sich durch Annahme der Spenden der Vorteilsannahme strafbar gemacht habe. Nach dem Urteil sieht sich Wolbergs rehabilitiert und wollte deshalb seine Rückkehr ins Amt vor dem Verwaltungsgericht erzwingen.

Nun hat das Gericht aber nicht nur die vorläufige Suspendierung bestätigt. Sondern erklärt, dass am Ende eines Disziplinarverfahrens auch Wolbergs' dauerhafte "Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wahrscheinlicher ist als der Verbleib im Amt". Als Grund nannte das Gericht ein weiteres Korruptionsverfahren, dem sich Wolbergs von Oktober an stellen muss und das - noch nicht rechtskräftige - Urteil wegen Vorteilsannahme im ersten Korruptionsprozess. Joachim Wolbergs will nun offenbar Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einlegen. Am Mittwoch kündigte er an, seinen "Kampf weiterzuführen, mit allen Mitteln, die mir noch zur Verfügung stehen".

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