Prozess:Zimmer mit Nachspiel

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In Miesbacher Amigo-Affäre geht es um teure Renovierungen

Von Matthias Köpf, München

Erst vor einigen Monaten haben die Juroren einen Siegerentwurf für die Erweiterung des Miesbacher Landratsamts ausgewählt, ein Z-fömiger Baukörper mit Gartenhof soll es werden. Landrat Wolfgang Rzehak selbst wird aber sein Amtszimmer im Altbau an der Rosenheimer Straße behalten, samt Vorzimmer und Besprechungsraum. Die helle Holzeinrichtung ist Geschmackssache, genau wie die Trachtenjanker, die in dem Ambiente gern getragen werden. Die Ausstattung hat die Kreissparkasse Miesbach bestellt und bezahlt, zuerst wurde vor zehn Jahren das Amtszimmer für den damals frisch gewählten Landrat Jakob Kreidl (CSU) renoviert. Fast 114 000 Euro soll das gekostet haben, aber das ist juristisch verjährt. 2009 und 2010 folgten dann das Vorzimmer und der Besprechungsraum für zusammen gut 179 000 Euro. Unter anderem deswegen stehen Kreidl, der ehemalige Miesbacher Sparkassen-Chef Georg Bromme, dessen Nachfolger sowie ein weiterer Sparkassen-Manager in diesen Tagen vor Gericht.

Entzündet hatte sich die ganze Miesbacher Amigo-Affäre an einer fast 120 000 Euro teuren Feier zu Kreidls Sechzigstem im Jahr 2012. Als zwei Jahre später bekannt wurde, dass auch für diese Feier zum größten Teil die Sparkasse aufgekommen war, begannen die Staatsanwälte zu ermitteln. Verhandelt wird nun wegen Untreue in mehreren Dutzend Fällen, dazu kommen Vorteilsgewährung, Vorteilsannahme, Bestechung und damit einhergehende Steuervergehen. Den Schaden für die Sparkasse beziffert die Staatsanwaltschaft für die fraglichen Jahre 2009 bis 2012 auf 1,25 Millionen Euro, dazu kommt ein Mehrfaches an Kosten unter anderem für Anwälte und Wirtschaftsprüfer. Angeklagt sind nicht nur Sparkassenvorstände, die nach Ansicht der Staatsanwälte allzu freigiebig mit dem Geld ihres vergleichsweise klammen Instituts umgegangen sind, sondern auch Kreidl, der als Landrat zugleich dem Verwaltungsrat der Sparkasse vorsaß und laut Anklage in dieser Funktion der Freigiebigkeit hätte Grenzen setzen müssen, statt auch noch persönlich davon zu profitieren.

In ähnlicher From, aber in geringerem Ausmaß trifft dieser Vorwurf auch andere damalige Verwaltungsräte, darunter ehemalige und amtierende Lokalpolitiker sowie Unternehmer aus dem Landkreis. Auch der Grüne Wolfgang Rzehak, den die Miesbacher 2008 anstelle des affärengebeutelten Kreidl zu ihrem Landrat gewählt haben, war vor dieser Zeit schon Mitglied im Verwaltungsrat und zählt zu jenen sechs Männern, denen nach Abschluss des laufenden Prozesses womöglich noch ein eigenes Verfahren ins Haus steht.

Doch schon von den sieben Hauptbeschuldigten wird nur noch gegen vier verhandelt. Gegen einen ehemaligen Sparkassenvorstand, der das Institut nach kurzer Dienstzeit Anfang 2010 im Konflikt mit Bromme verlassen hat, wurde das Verfahren wegen Geringfügigkeit gegen eine Geldbuße eingestellt. Bei einem weiteren Manager hat die Staatsanwaltschaft ihre Anklage zurückgenommen, weil der Mann signalisiert hat, einen Strafbefehl mit Geldstrafe zu akzeptieren. Ebenso lief das Verfahren bei Kreidls ehemaligem Stellvertreter als Landrat, Arnfried Färber. Die Feier zu Färbers 70. Geburtstag im Jahr 2010 soll bei der Sparkasse mit rund 55 000 Euro zu Buche geschlagen haben. Färber und der 2010 ausgeschiedene Vorstand zählten zu den ersten Zeugen am Montag, dem zweiten Verhandlungstag des auf insgesamt 21 Termine bis Ende Januar angesetzten Prozesses. In der Folge wird es auch um die Geburtstagsfeiern, um teure Reisen, um Geschenke an Jagdfreunde und Präsente an Verwaltungsräte, um einen lukrativen Beratervertrag nach Brommes Ausscheiden und um ein Grundstücksgeschäft gegen Spenden in Holzkirchen gehen.

Als ersten Themenkomplex hat sich die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht München aber die Renovierung im Landratsamt vorgenommen. Bromme und Kreidl unterstrichen deren Notwendigkeit, da die Räume seit vielen Jahren nicht mehr wirklich vorzeigbar gewesen seien. Brommes Verteidiger argumentierten, dass ihr Mandant im Sinne des Gemeinwohls agiert habe, wie es dem generellen Auftrag der Sparkassen entspreche. Denn die Renovierung der Räume habe dem Erhalt eines denkmalgeschützten Gebäudes gedient. Auch der Prozessvertreter des Landkreises stützte diese Deutung, während der frühere Kreisbaumeister und der Referent vom Denkmalamt nicht das neue Mobiliar, sondern höchstens die Fensterverglasung und allenfalls noch größere Einbauten als denkmalrelevant ansehen wollten. Kreidl betonte, dass die Renovierung von allen Instanzen gebilligt wurde. "Ich bin bis heute überzeugt davon, dass ich damals richtig entschieden habe."

© SZ vom 06.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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