Der Freistaat Bayern ist nicht nur zweifellos das schönste, das südlichste und mit dem größten Fußball-Talent gesegnete Bundesland, er ist auch ein versierter, manchmal gar schillernder Unternehmer in der Gastronomie. Am Obersalzberg bei Berchtesgaden betreibt er zum Beispiel ein Fünf-Sterne-Hotel, das jahrelang öffentlich vor allem durch Millionenverluste auffiel. In Ingolstadt errichtete er einen so exklusiven Biergarten für 2,4 Millionen Euro, dass sich fast kein Pächter gefunden hätte, weil der ja auch die teuren Baukosten hereinwirtschaften sollte.
Aber die Krönung der freistaatlichen Gastronomie ist natürlich Hofbräu München, eine Brauerei in Staatsbesitz, gegründet 1589, ein kulturelles Kleinod der bayerischen Landesgeschichte. Wenn es da nicht einen hässlichen Gerichtsstreit in München gäbe.
Privatbier im freistaatlichen Brunnenhof
Denn das Land Bayern klagt seit einiger Zeit erfolglos gegen einen Konzertveranstalter, der im freistaatlichen Brunnenhof mitten in der Landeshauptstadt Bier aus der Privatbrauerei Aying ausschenkte. Und damit auch noch warb. Mit Rechtsgewalt wollte die Verwaltung dafür sorgen, dass in der staatlichen Residenz ausschließlich staatliches Bier fließt. Nicht dass sich hier die Falschen im öffentlichen Gastronomiebetrieb breit machen: Hofbräu München beliefert die meisten Gaststätten im Eigentum der bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung.
Eine Selbstverständlichkeit, möchte man meinen, in den Wirtshäusern der Schörghuber-Gruppe fließt ja auch das heimische Paulaner, und in den Augustiner-Gaststätten wird auch kein Löwenbräu kredenzt. Doch so einfach ist es nicht. Denn in Bayern ist das Bier seit Jahrhunderten ein politisches Streitobjekt. Einst rettete sich das Land vor der Pleite, indem es das Recht zum Brauen unter staatliches Monopol stellte. Auch in jüngster Zeit beschäftigte das Bier mehrmals den Landtag. Im Jahr 2002 fällte er auf Initiative der Grünen den Beschluss, dass die Staatsregierung dafür sorgen müsse, dass in den bayerischen Schlössern auch "regionale, kleine und mittelständische Betriebe zum Zuge kommen" sollten. In einer Anfrage ans Parlament von 2011 zeigte sich allerdings, dass der Erfolg eher übersichtlich war.
Selbst am Tegernsee gibt es Hofbräu
Die Schlösser- und Seenverwaltung listete darin zum Beispiel 36 eigene Betriebe in Südbayern auf. In nur sieben wurde kein staatliches Hofbräu ausgeschenkt. Für Aufsehen sorgten zwei Vergaben an Hofbräu München. Als auf dem Tegernsee im Jahr 2002 auf den Schiffen Bier angeboten wurde, tranken die Passagiere in Sichtweise zum Tegernseer Bräustüberl ausschließlich Staatsbier aus München. Die Lokalpolitiker inszenierten einen kleinen Bier-Aufstand, fortan wurde nach "schwierigen Gesprächen" mit dem damaligen Finanzminister Kurt Faltlhauser, wie es hieß, Bier aus beiden Brauereien angeboten. Der zweite prominente Fall spielte sich auf Schloss Linderhof ab, unter den Augen König Ludwigs II. wurde sein Schlosshotel quasi säkularisiert: Das Bier der Benediktiner aus dem nahen Ettal wurde durch Münchner Hofbräu ersetzt.
Offiziell weiß natürlich niemand von einer möglichen Bevorzugung des Staatsbräus durch staatliche Immobilienverwalter. Aus dem Finanzministerium heißt es, dass es keine entsprechende Weisung gebe. Die ihm unterstellte Schlösser- und Seenverwaltung verneint eine systematische Bevorzugung ebenso wie das staatliche Hofbräu selbst. Man stehe im normalen Wettbewerb mit privaten Brauereien, sagt ein Sprecher.
Einzig eine Lücke gibt es in dieser Mauer um die Schlösser und Burgen: Das Finanzministerium antwortete im Jahr 2009 auf Anfrage des Grünen-Abgeordneten Sepp Dürr: "Nachdem das Staatliche Hofbräuhaus München Staatsbetrieb des Freistaats Bayern ist, ist es auch nachvollziehbar, dass die Liegenschaftsverwaltung des Freistaats Bayern das Staatliche Hofbräuhaus München grundsätzlich als Getränkelieferanten vorgibt."