Sporttest für Polizeianwärter:Bankdrücken und Pendellauf für die innere Sicherheit

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Tom Nitsche (re.), der Leiter des Rekrutierungsteams der Polizei Bayreuth, stoppt die Zeit beim Pendellauf des Sporttests. Ein Rekrutierungsteam des Polizeipräsidiums Oberfranken ist zu Besuch an der Fachoberschule Bayreuth (FOS), um den Schülerinnen und Schülern den sportlichen Teil des Einstellungstests vorzustellen. (Foto: Daniel Vogl/dpa)

Die bayerische Polizei geht neue Wege bei der Nachwuchsgewinnung: In Oberfranken können Schülerinnen und Schüler ausprobieren, ob sie den sportlichen Einstellungstest bei der Polizei bestehen würden.

Manche fangen schon beim Warmlaufen hörbar zu schnaufen an. Spätestens bei den Übungen geraten alle der etwa 20 Schülerinnen und Schüler in der Turnhalle der Fachoberschule und beruflichen Oberschule (FOS/BOS) Bayreuth ins Schwitzen: Bankdrücken, Pendellauf und Bankspringen stehen in der heutigen Sportstunde auf dem Programm. Kraft, Ausdauer und Koordination sind gefragt. Zu Gast sind Beamtinnen und Beamte der Polizei in Sportklamotten. Die Zwölftklässler - in wenigen Monaten machen sie ihren Abschluss - probieren aus, ob sie den sportlichen Einstellungstest bei der Polizei bestehen würden.

"Man braucht eine grundsätzliche Sportlichkeit für unseren Beruf", sagt Tom Nitsche, Leiter des Recruiting-Teams beim Polizeipräsidium Oberfranken. "Aber wir stellen nicht nur Top-Athleten ein."

Geeignete Bewerber zu finden, wird auch für die Polizei nicht einfacher. Arbeitgeber konkurrieren um immer weniger junge Menschen, deren Ansprüche an Arbeitsbedingungen und Vereinbarkeit von Beruf und Familie höher sind als in früheren Generationen. "Zudem haben wir 2025 wegen der Umstellung von G8 auf G9 einen Abiturjahrgang, der fast ausfällt", sagt Nitsche.

Akute Nachwuchssorgen gebe es bei der bayerischen Polizei derzeit nicht, betont der Leiter des Recruiting-Teams: "Zum 1. März 2024 haben wir bayernweit 630 Stellen besetzt. Für diese Stellen hatten wir über 5000 Bewerbungen." Zweimal pro Jahr stellt die bayerische Landespolizei neue Menschen ein, nämlich im März und September. Zum Beginn des Ausbildungsjahres am 1. September seien die Einstellungszahlen traditionell höher. "Wir haben festgestellt, dass der Gedanke daran, einen Sporttest ableisten zu müssen, für viele eine Hürde ist", erzählt Tom Nitsche. Das sei aber unbegründet: Um den Test zu bestehen, genügt eine Durchschnittsnote von 4,5.

Beim Bankdrücken müssen die Schüler 60 Prozent ihres eigenen Körpergewichts stemmen. Tom Nitsche unterstützt bei Bedarf. (Foto: Daniel Vogl/dpa)

Anspruchsvoll sind die Übungen aber durchaus: Beim Bankdrücken müssen die jungen Männer 60 Prozent ihres eigenen Körpergewichts stemmen, die Frauen 45 Prozent. Wer das dreimal schafft, hat gerade so bestanden, ab 19-mal erhält man die Note eins. Männliche Bewerber müssen in 30 Sekunden mindestens 37-mal über eine kleine Bank springen, um zu bestehen, Bewerberinnen 29-mal. Beim Pendellauf tragen die Teilnehmenden Seile von einer Seite auf die andere, legen sie dort ab und überspringen dazwischen zwei kleine Bänke. Neben Schnelligkeit ist hier Körperkoordination entscheidend.

Eigentlich ist noch ein Cooper-Test dabei, doch dafür reicht in der 90-minütigen Sportstunde an der FOS/BOS Bayreuth die Zeit nicht. Der Cooper-Test ist ein zwölfminütiger Ausdauerlauf. Um zu bestehen, müssen Männer 2200 Meter und Frauen 1900 Meter zurücklegen.

Seit Mai 2023 geht das Recruiting-Team der oberfränkischen Polizei regelmäßig in Schulen, um die Sporttests durchzuführen. "Wir waren die Pioniere in Bayern", sagt Nitsche. Inzwischen seien die Polizeipräsidien Unterfranken und Oberbayern Süd nachgezogen. Im laufenden Schuljahr sei sein Team in ganz Oberfranken schon in 110 Klassen an mehr als 30 Schulen, darunter Gymnasien, FOS, BOS, Realschulen und Mittelschulen mit M-Zweig gewesen, erzählt Nitsche. Die Rückmeldungen von Lehrkräften und Schülern seien sehr positiv. Neben Nachwuchswerbung gehe es darum, mehr Bürgernähe zu zeigen und den Schülerinnen und Schülern auf Augenhöhe zu begegnen, sagt Nitsche. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass sich die Polizeibeamten bei ihren Schulbesuchen von den Schülern duzen lassen.

"Sporttests bringen viele Leute zu uns"

Schülerin Naima Bannert hat die ungewöhnliche Sportstunde Spaß gemacht. "Es war interessant, das mal zu erleben", sagt die 19-Jährige. "Wenn man gezielt trainiert, scheint der Test machbar zu sein. Ich habe mir schon mal überlegt, ob die Polizei etwas für mich wäre. Aber im Moment neige ich eher zu einem technischen Beruf." Mitschüler Finn Bonnen schildert ähnliche Eindrücke: "Es war spannend, manches war schwerer als gedacht. Das Bankdrücken lief bei mir gut, der Pendellauf und das Bankspringen waren anstrengend." Er könne sich grundsätzlich vorstellen, sich bei der Polizei zu bewerben, sagt der 18 Jahre alte Schüler. Doch wahrscheinlich werde er eher Informatik studieren.

"Die Sporttests an Schulen bringen sehr viele Leute zu uns", sagt Andreas Dinger, Einstellungsberater bei der Bayreuther Polizei. Bei vielen jungen Menschen, die zuvor gar nicht an eine Karriere bei der Polizei gedacht hätten, werde so erst das Interesse geweckt. Gerade junge Frauen neigten dazu, sich selbst zu unterschätzen, erzählt Dinger: "Oft schneiden sie beim Sporttest dann viel besser ab als erwartet." Die jungen Männer hingegen merkten oft beim Test in der Schule, wo ihre Schwachstellen liegen und wie sie sich noch gezielter auf ein Bewerbungsverfahren bei der Polizei vorbereiten können.

Wer sich bei der Polizei bewirbt, muss noch weitere Tests durchlaufen: Sprachtest und Grundfähigkeitstest - dabei werden unter anderem logisches Denkvermögen und Gedächtnis geprüft. In einer Gruppendiskussion werden die kommunikativen Fähigkeiten des Bewerbers getestet, in einem strukturierten Interview geht es um soziale Kompetenz, Motivation und Belastbarkeit. Dann folgt eine ärztliche Untersuchung.

Auch abgesehen von den Sporttests gehe die Polizei oft in Schulen, erzählt Andreas Dinger: "Wir möchten Vorurteile abbauen, zum Beispiel, dass der Polizeidienst besonders gefährlich sei." Die sportlichen Leistungen der Schülerinnen und Schüler an der FOS/BOS Bayreuth seien wie immer gemischt gewesen, sagt Nitsche anschließend: "Man hat gesehen, dass es ihnen Spaß gemacht hat. Und es gibt zwei Schüler, die sich für eine weitere Beratung interessieren und sich das Berufsfeld bei der bayerischen Polizei noch etwas genauer anschauen wollen."

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