Plakate zur Landtagswahl 2013:Bayern! Wort! Genug!

Die FDP wirbt mit drei schrägen Partyvögeln, die SPD setzt auf abgeschmackte Namenswitze und die Bayernpartei schmückt sich mit einem Esel. Die Plakate zur Landtagswahl 2013. Eine kleine Stilkunde.

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(Foto: Robert Haas)

Die FDP wirbt mit drei schrägen Partyvögeln, die SPD setzt auf abgeschmackte Namenswitze und die Bayernpartei schmückt sich mit einem Esel. Die Plakate zur Landtagswahl 2013. Eine kleine Stilkunde. Engstirnigkeit kann man der Bayernpartei wohl nicht vorwerfen. Zitieren die einzigen Separatisten unter Münchens Wahlkämpfern auf ihrem etwas altbacken gestalteten Plakat doch ein Märchen der Brüder Grimm - und damit ein Stück ausländische Literatur, hessische nämlich. Einmal "Bricklebrit" gesagt, und schon fallen Goldstücke heraus. Die plakative Botschaft ist simpel und sogar für Nicht-Bayern sofort zu verstehen: Wir wollen unsere Kohle behalten, ihr anderen schaut selber zu, wie ihr klarkommt. Es ist ein Jammer, wie der arme Esel unter seinem weiß-blauen Deckchen leiden muss. Wer sich so fühlt, will wahrscheinlich wirklich einfach nur noch davonhoppeln. An einer biologischen Notwendigkeit kommen allerdings auch die Vorkämpfer bayerischer Souveränität nicht vorbei: Wer ausscheiden will, muss vorher fressen. Der Futternapf ist auf dem Plakat wohlweislich weggelassen worden, vermutlich, weil er aus Gründen der Fairness ebenfalls mit einer Deutschland- und Europa-Flagge versehen werden müsste. Das Plakat transportiert aber noch eine andere Botschaft: Denn der Esel gilt gemeinhin - wenn auch zu Unrecht - als dummes Tier. Was nun eigentlich alle gestandenen Bayern auf die Palme, oder vielmehr die Kastanie, bringen müsste: Ein dummer Esel als Symbol für Bayern. Sauerei! Text: Dominik Hutter

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(Foto: Robert Haas)

Die Veranstaltung liegt schon eine Weile zurück, die FDP findet aber wohl: Was so schön ist, darf ruhig etwas länger hängen. Ein psychedelisch-unscharfer Hintergrund, davor drei schräge Partyvögel mit Handbier - mit diesem Plakat gibt sich die oft als Bankerpartei geschmähte FDP ein cooles Image. Auch wenn bei genauem Hinsehen nur eines der drei Feierbiester authentisch wirkt: Stadtchef Daniel Föst (links), der nicht nur der jüngste der Plakathelden ist, sondern auch im persönlichen Umgang eher an eine Strandbar als neben einen Geldautomaten passt. Dafür trug Rathaus-Fraktionschef und OB-Kandidat Michael Mattar das fotogene Hütchen auch dann, als die mit diesem Plakat angekündigte Party tatsächlich stattfand, und ein Bier hatte er auch in der Hand. Minister Wolfgang Heubisch kam in Weiß statt in Gelb - was in der Logik seiner Wahlkampagne wohl Mut zum Umziehen bedeutet. Die politische Botschaft des Plakats? Es geht auch mit Bier. Text: Dominik Hutter

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Schade, dass die Grünen sich hier nur für ein Porträtfoto entschieden haben. Dabei wäre es so schön zu wissen, ob die heitere Dame (Künstlername: Erna B.) lächelnd und sanft ein Nudelholz mit der rechten in die linke Hand klatscht. Oder ob sie in ihrem Gärtchen den Sohnemann (Beruf: Banker) schon mit einer Tasse Blümchenkaffee auf die Terrasse gesetzt hat, um dem Boni-Jäger gleich die Leviten zu lesen. Oder ob sie mit anderen Damen in mintgrün, hellblau und violett längst im Sitzstreik die Müllerstraße zwischen der Hausnummer sechs und den Luxusappartements im "The Seven" blockiert. So oder so: Verschmitzter Blick, tiefe Lachfalten, wilde Locken und ein bisschen Farbe im Gesicht - das ist schon angenehmer als angebrüllt zu werden von BAYERN! WORT! GENUG! Nur leider, leider will Erna B., die unbekannte Sympathieträgerin der Grünen, gar kein Mandat haben. Text: Silke Lode

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(Foto: Robert Haas)

Post für Sie. Da stiehlt sich schon eine wehmütige Träne ins Auge des Journalisten, der für solche Namenswitze sofort mit einem Berufsverbot überzogen würde. Allenfalls die Verballhornungen anderer dürfen ab und an erwähnt werden. Der Doofbrindt zum Beispiel, oder der Drehhofer. Florian Post hat die Sache lieber selbst in die Hand genommen, klebt Post-its und verteilt "Post für Sie". Die Münchner in der Maxvorstadt, in Moosach oder Milbertshofen, die ein gutes Langzeitgedächtnis haben, werden sich erinnern, dass Post nicht der Erste ist, der mit seinem Namen punkten will. Sein CSU-Konkurrent um das Bundestags-Direktmandat, Johannes Singhammer, hat das vor vier Jahren vorgemacht, als er seinen Hammer zum Singen quälte. Er schmuggelte das grobe Gerät auf eine Notenzeile, als Melodie ging's nicht unter der Nationalhymne. Wenn das keine Messlatte ist. . . Na dann Prost, Herr Post! Text: Silke Lode

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(Foto: Robert Haas)

Sie sieht ein bisschen aus wie die nette junge Dame von nebenan, und das ist vermutlich auch der Eindruck, den die Piraten erzielen wollen: Kein Berufspolitiker, nein, Otto Normaltwitterer soll künftig die Interessen des digitalisierten Volkes vertreten. Leider, das lässt sich nicht verbergen, wirkt die ganze Plakatkampagne ein bisschen wie von nebenan - was bedeutet, dass sie langweiliger ist als man sich das von einer Partei mit Revoluzzer-Image erwartet hätte. Die Piratin hat nichts zu verbergen? Das ist schade, denn eigentlich sollte nicht nur der Freibeuter an sich, sondern jedermann genug zu verbergen haben. Und dazu muss man auch stehen. Ein solches Eingeständnis würde auch die Antwort auf die Frage erleichtern, warum es eigentlich so schlimm ist, wenn Ermittler überall herumschnüffeln. Weil eben das Allermeiste so peinlich und niederträchtig ist, dass man es lieber für sich behält. Text: Dominik Hutter

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(Foto: N/A)

Finger weg!, lautet die erste, ganz natürliche Reaktion auf dieses Plakat. Schließlich ist nicht jeder Fan der sprichwörtlichen Politik zum Anfassen. Wobei: Beim genaueren Hinsehen bemerkt man, dass es nur ganz wenige Berührungspunkte zwischen den esoterisch gen Himmel gereckten Händen gibt. Beruhigend. Aber ist das dann noch die gewünschte Aussage? Kaum Berührungspunkte, dafür ein Blick in die pralle Sonne, der jeden Augenarzt zum Zittern bringt? Merkwürdig. Noch merkwürdiger aber ist es, dass ausgerechnet ein gestandener CSU-Politiker mit einem Motiv wirbt, das an Stuhlkreis und pädagogisches Ringelreihen erinnert. Klassischer wäre es, wenn jede dieser Hände einen schäumenden Maßkrug halten würde. Prost Nachbar, prost Bayern, prost CSU! Ob Johannes Singhammer über einen Parteiaustritt nachdenkt? Text: Dominik Hutter

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