Oberfranken:Verdacht der fahrlässigen Tötung am Klinikum Bayreuth

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Das Klinikum Bayreuth weist die Vorwürfe zweier Ärzte zurück und beruft sich dabei auf ein Gutachten, das es aber geheim hält. (Foto: Daniel Karmann/dpa)
  • Die Staatsanwaltschaft Hof hat nach einer anonymen Anzeige ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung "im Zusammenhang mit dem Klinikum Bayreuth" eingeleitet.
  • Bekannt wurden die Vorwürfe durch ein Ärztepaar. Es wurde deshalb vom Klinikum entlassen.
  • Die entlassenen Oberärzte wehren sich gegen ihre Entlassung vor dem Arbeitsgericht.

Von Claudia Henzler, Bayreuth

Gab es am Klinikum Bayreuth bedenkliche Mängel bei der Versorgung von Epilepsiepatienten? Wäre der Tod einer 19-Jährigen zu verhindern gewesen? Über diese Fragen wird in Bayreuth diskutiert. Aufgeworfen wurden sie von einem Ärztepaar, das deshalb vom Klinikum entlassen wurde. Inzwischen werden die Zweifel an der Qualität der Epilepsiebehandlung offenbar aus einer weiteren Quelle genährt. Die Staatsanwaltschaft Hof hat nach einer anonymen Anzeige ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung "im Zusammenhang mit dem Klinikum Bayreuth" eingeleitet. Es gehe in der Anzeige auch um eine 19-jährige Patientin, die in Bayreuth mehrmals stationär behandelt worden sein soll. Nähere Angaben machte die Staatsanwaltschaft nicht.

Die beiden Ärzte wehren sich gegen ihre Entlassung. Vor dem Arbeitsgericht wurde der Fall so dargestellt: Die junge Frau sei in Bayreuth zuletzt im Mai 2017 stationär behandelt worden. Damals sei festgestellt worden, dass sie versehentlich selbst ihre Medikation erhöht und über längere Zeit eine zu hohe Dosis eingenommen hatte. Bei dem einwöchigen Aufenthalt sei ihre Medikation reduziert worden. Aus Sicht der beiden entlassenen Ärzte wäre aber eine längere stationäre Betreuung sinnvoll gewesen. Einige Monate später, Anfang September 2017, habe die junge Frau einen Anfall erlitten. Sie sei zunächst nach Bayreuth gebracht und dann von dort nach Erlangen verlegt worden, wo sie starb.

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Das Klinikum teilte der Süddeutschen Zeitung zu dem Fall mit: "Die Behandlung der Patientin ist korrekt und leitlinienkonform verlaufen. Die Klinikum Bayreuth GmbH hat diesen Fall nach einer internen Aufarbeitung auch einem externen Gutachter vorgelegt. Dieser hatte hinsichtlich der Epilepsie-Behandlung keine Beanstandungen. Der Tod der jungen Patientin berührt uns. Faktoren, die zu dieser dramatischen Entwicklung geführt hatten, konnte die Klinikum Bayreuth GmbH allerdings nicht beeinflussen." Vor dem Arbeitsgericht hatte das Klinikum angegeben, dass die Patientin damals mit der Maßgabe entlassen worden sei, ambulante Kontrollen durchzuführen. Sie habe einen vorgeschlagenen Kontrolltermin nicht wahrgenommen. Zu den strafrechtlichen Ermittlungen äußert sich das Klinikum nicht.

Die entlassenen Oberärzte, ein Neurologe und eine Neuropädiaterin, die miteinander verheiratet und beide auf Epilepsie spezialisiert sind, hatten sich Ende 2017 an den Bayreuther Stadtrat gewandt, weil sie Patienten in Gefahr sahen und die Stadt einer der Träger des Klinikums ist. Sie bezogen sich unter anderem auf den Tod der 19-Jährigen, gingen in ihrer Kritik aber über diesen Fall hinaus. Ihrer Ansicht nach gab es bei der Diagnose und Behandlung von Epilepsiepatienten insgesamt Qualitätsmängel. Das Klinikum weist diese Vorwürfe zurück und stützt sich dabei auf ein Gutachten vom Februar 2018, dessen Inhalt es unter Verschluss hält. Es wurde weder dem Betriebsrat noch dem Arbeitsgericht vorgelegt. In einem Zwischenbericht vom Dezember 2017, welcher der SZ vorliegt, hatte der Gutachter erstaunlicherweise noch auf Mängel hingewiesen.

In der juristischen Auseinandersetzung um die Kündigungen hat die Klinikleitung kürzlich eine Niederlage erlitten: Das Arbeitsgericht Bayreuth hat sie Ende August dazu verurteilt, die Neuropädiaterin wieder anzustellen. Noch habe sich das Klinikum nicht entschieden, wie es darauf reagiert, teilt ein Sprecher mit. Bis Ende September könnte das Klinikum Berufung einlegen. Ein weiteres Arbeitsgerichtsverfahren, in dem es um die Kündigung des Neurologen geht, beginnt im Oktober.

In der ersten Verhandlung vor dem Arbeitsgericht ging es auch um den Vorwurf der möglichen Patientengefährdung. Ein Arbeitsgericht kann solche Vorwürfe dabei nicht in der Tiefe prüfen, wie dies in einem Strafverfahren geschehen würde. Das Gericht bewertete nach Aktenlage, ob die Kritik völlig haltlos war, wie es das Klinikum darstellt. Es kam zu dem Schluss, "die Vorwürfe einer konkreten beziehungsweise generellen Patientengefährdung" seien "durch ausreichende Indizien gestützt". Außerdem könne man der Ärztin keine Rufschädigung vorwerfen, weil sie sich zusammen mit ihrem Mann nicht an die Öffentlichkeit gewandt habe, sondern an den Stadtrat. Was den Tod der 19-jährigen Patientin angeht, könne man zwar "nicht mit der erforderlichen Gewissheit" herleiten, dass dieser gerade durch etwaige Mängel eingetreten sei, welche die Ärztin dem Gericht geschildert hatte. Es gebe aber "Indizien für einen nicht optimalen Verlauf der Behandlung".

© SZ vom 14.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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