Nürnberg:Regierung zieht Asylbewerbern Taschengeld ab - für kostenloses Wlan

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  • Weil Flüchtlinge in ihrer Unterkunft in Mittelfranken kostenloses Wlan hatten, kürzt ihnen die Regierung das Taschengeld.
  • Die Freifunker, die den Zugang organisiert hatten, schalteten deshalb nun in Fürth das Wlan wieder ab, um die Asylbewerber nicht um ihr Taschengeld zu bringen.
  • Eine gesetzliche Regelung gilt seit Verabschiedung des Asylpakets I eigentlich bundesweit, wurde aber noch nicht überall umgesetzt.

Von Katja Auer, Nürnberg

Asylbewerber mit einem Smartphone in der Hand sind zu einem alltäglichen Bild geworden. Sie brauchen die Handys, um den Kontakt in die Heimat zu halten, um Verwandte aufzuspüren, um mit speziellen Apps Deutsch zu lernen. Wie viel einen Flüchtling eine Internetverbindung kosten soll, darüber ist nun eine Diskussion entbrannt.

Denn wem in seiner Unterkunft kostenlos Wlan zur Verfügung steht, dem werden 36 Euro Taschengeld gestrichen. Diese Regelung gilt bundesweit, wurde aber noch nicht überall umgesetzt. Die Regierung von Mittelfranken hat den Kommunen, die das Geld an die Asylbewerber auszahlen, eine entsprechende Anweisung erteilt. Mit der Folge, dass etwa die Stadt Nürnberg alle Initiativen stoppte, die Heime mit Wlan zu versorgen.

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Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) will das Problem im Städtetag thematisieren und beim Sozialministerium protestieren. Im Nürnberger Rathaus hält man die Regelung für unangemessen, da 36 Euro Abzug zu hoch seien.

Diese Pauschale ist im Asylbewerberleistungsgesetz festgelegt, das auch regelt, dass Flüchtlingen ein sozio-kulturelles Existenzminium von knapp 150 Euro zusteht. Eben jenes Taschengeld, das für Busfahrten, Hygieneartikel oder Handykosten vorgesehen ist.

Freifunker schalten Internetzugang wieder ab

Im Asylpaket I vom Oktober hat die Bundesregierung allerdings beschlossen, Asylbewerbern statt Geld eher Sachleistungen zukommen zu lassen. Werde also der Bedarf an Kommunikation durch Wlan gedeckt, könne hierfür nicht auch noch Geld ausbezahlt werden, argumentiert das Ministerium. Schließlich dürften Flüchtlinge nicht besser behandelt werden als andere Bedürftige, die keinen kostenlosen Internetzugang hätten.

Allerdings will die Regierung das Taschengeld auch dann kürzen, wenn private Initiativen das Wlan installieren. Deswegen schalteten in Fürth die Freifunker ihren Internetzugang in den Flüchtlingsunterkünften wieder ab, um die Asylbewerber nicht um ihr Taschengeld zu bringen.

Immerhin beträgt die Kommunikationspauschale beinahe ein Drittel der Gesamtsumme. So viel kostet ein Internetzugang selten. "Absurd und lebensfremd", nennt die SPD deswegen die Regelung. Am Dienstagabend protestierten die Grünen vor dem Heimatministerium in Nürnberg. Dort gibt es einen kostenlosen Hotspot, wie sie Heimatminister Markus Söder (CSU) bayernweit einrichten will. Deswegen müsse freies Wlan auch für Flüchtlinge gelten, forderten die Grünen.

© SZ vom 17.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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