Nürnberg:„Hau ab!“-Sprechchöre und Pfeifkonzert bei Habeck-Besuch

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Bauern versperren mit einem Traktor den Zugang zu einem Werk des Nougat-Herstellers Viba Sweets. (Foto: Andreas Hoenig/dpa)

Gleich mehrfach wird Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstag von wütenden Demonstranten empfangen. Erst bei einem Besuch in Thüringen, dann in Nürnberg. Auch angesichts einiger gewalttätiger Proteste in jüngerer Zeit fordert er: „Wir müssen mehr miteinander reden.“

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Nürnberg (dpa) - Mit einem lauten Pfeifkonzert und „Hau ab!“-Sprechchören ist Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstag vor einem Bürgerdialog in Nürnberg empfangen worden. Rund 350 Menschen hatten sich laut Polizei zu der Kundgebung am Hauptmarkt versammelt. Die Veranstalter sprachen von bis zu 1200 Teilnehmern. Die Protestierenden kritisierten die Sparpläne der Bundesregierung an. Auf Plakaten stand: „Schluss mit Reden. Jetzt Wirtschaft stärken“ und „Wir brauchen Taten, keine Sprüche“. Der Bayerische Bauernverband hatte zu dem Protest gegen die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung aufgerufen.

Der Grünen-Minister hat sich am Abend bei einem Bürgerdialog der Zeitung „Nürnberger Nachrichten“ den Fragen von Leserinnen und Lesern gestellt. Habeck forderte: „Wir müssen mehr miteinander reden. Und alle Politiker und Politikerinnen müssen die Räume für den Diskurs offen halten.“ Es sei der Sinn von Demokratie und auch von Demonstrationen, dass man Meinungen austausche. „Vielleicht führen die letzten drei Tage dazu, dass alle mal ihre Beiträge überprüfen“, sagte der Grünen-Politiker.

Zuvor hatte es am Donnerstag bei einem Besuch von Habeck im Südwesten Thüringens Bauernproteste gegeben. Demonstranten versperrten mit Treckern einen Zugangsweg zu einem Werk des Nougatherstellers Viba. Auf Plakaten war zu lesen: „Zu viel ist viel“ oder „Ampel ruiniert Landwirtschaft“. Der Grünen-Politiker war bereits im Werk. Schätzungsweise 50 Demonstranten behinderten Reporter, die Habeck auf einer Ländertour begleiteten, am Zugang zu dem Werk. Vereinzelt riefen sie „Lügenpresse“. Der Grünen-Minister sagte nach dem Werksbesuch: „Das ist jetzt, glaube ich, der normale Zustand, dass Bundesminister mit Protest empfangen werden. Ich kenne das seit einem Jahr, würde ich sagen.“

In Nürnberg sagte der Bayerische Bauernverbandspräsident Günther Felßner: „Die Entscheidung des Bundestags, nichts bei den Streichungsplänen der Bundesregierung bei der Agrardieselrückvergütung zu korrigieren, ist für unsere Landwirte ein Schlag in die Magengrube“. Der Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), Wolfram Hatz, sagte, so wie jetzt könne es nicht weitergehen. „Die Bundesregierung macht ihren Job nicht. Statt Reden braucht es endlich Taten.“ Die vbw fordere, Steuern und Abgaben zu senken, Bürokratie und Regulierung einzudämmen und endlich bezahlbare Energie bereitzustellen.

Anders als am Vortag im Baden-württembergischen Biberach verlief der Protest laut Polizei in Nürnberg weitgehend friedlich. Am Mittwoch hatten die Grünen eine Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch aus Sicherheitsgründen abgesagt. Vorausgegangen waren Proteste und Blockaden unter anderem von Landwirten. Nach Angaben der Polizei kam es zu aggressivem Verhalten, Polizisten wurden verletzt. Dies hatte über Parteigrenzen hinweg für Kritik gesorgt.

Habeck sagte am Donnerstagabend, es bedrücke ihn, dass Demonstrationen in letzter Zeit eher zu Nicht-Gesprächen geführt hätten. „Das ist nicht gut, das ist keine gute Entwicklung.“ Da sei in den vergangenen Monaten etwas ins Rutschen geraten.

© dpa-infocom, dpa:240215-99-04527/4

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