Niederbayern:Landshut: CSU-Kandidat muss in Stichwahl um Oberbürgermeisteramt

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Helmut Radlmeier von der CSU (links) war der Favorit in Landshut, noch im Frühsommer lag er in den Umfragen klar vorne. Jetzt kam alles anders. Dass er nur ein Drittel der Stimmen erreicht, damit hatte niemand gerechnet. Nicht einmal bei drei Gegenkandidaten. (Foto: Robert Haas)
  • Der künftige Oberbürgermeister von Landshut wird in einer Stichwahl zwischen Helmut Radlmeier (CSU) und Alexander Putz (FDP) bestimmt.
  • Nach der Auszählung aller Stimmbezirke kam CSU-Mann Radlmeier auf 32,75 Prozent, sein FDP-Konkurrent auf 27,86 Prozent der Stimmen.
  • An dritter Stelle lag mit 22,40 Prozent Stefan Gruber von den Grünen, an vierter Stelle Patricia Steinberger (SPD) mit 16,99 Prozent.
  • Die Stichwahl wird der Stadt zufolge am 23. Oktober stattfinden.

Von Andreas Glas, Landshut

Um 18 Uhr, kurz bevor die ersten Ergebnisse auf der Leinwand aufblinken, steht Helmut Radlmeier im Landshuter Plenarsaal, wippt von einem Fuß auf den anderen und schüttelt pausenlos Hände. So wie er es seit Monaten tut, eben seit der Wahlkampf um das Landshuter Oberbürgermeisteramt läuft. Wie er sich fühlt, so kurz vor der Entscheidung? "Angespannt, aber guter Dinge", sagt der CSU-Kandidat und versucht zu lächeln. Eine Viertelstunde später lächelt Radlmeier nicht mehr. Mit verschränkten Armen blickt er hoch zur Leinwand und muss zuschauen wie der schwarze Balken, sein Balken, immer weiter schrumpft.

Dann, um 19.25 Uhr, steht es fest: Der Favorit, CSU-Kandidat Radlmeier, hat die erste Runde der OB-Wahl in Landshut gewonnen. Die absolute Mehrheit hat er dagegen verpasst - und zwar so deutlich, wie kaum einer erwartet hat. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis holt Radlmeier nur 32,7 Prozent der Stimmen. Damit kommt es in zwei Wochen zur Stichwahl um den Posten des Oberbürgermeisters. Radlmeiers Gegner: FDP-Bewerber Alexander Putz, der satte 27,9 Prozent holt und damit überraschend den zweiten Wahlgang erreicht. Im Gegensatz zum höher gehandelten Stefan Gruber (Grüne), der auf 22,4 Prozent kommt. Auf Platz vier landet SPD-Bewerberin Patricia Steinberger mit 17 Prozent der Stimmen.

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Helmut Radlmeier hat sich verkalkuliert und sich zu sehr auf seine Nähe zu den Mächtigen in der CSU verlassen. Deswegen muss der Kandidat nun in die Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt.

Kommentar von Andreas Glas

Während Helmut Radlmeier das Lachen vergangen ist, steht FDP-Mann Putz am Sonntagabend im Plenarsaal und kramt sein Handy aus der Sakkotasche. Er tippt ein paar Mal auf dem Gerät herum, dann öffnet sich sein digitaler Notizblock, auf dem er am Nachmittag seine persönliche Wahlprognose notiert hatte: Die Prognose ist fast identisch mit dem tatsächlichen Ergebnis. Ein bisschen wirkt es, als sei Putz der einzige, der nicht überrascht ist von seinem starken Ergebnis - und der krachenden Niederlage des CSU-Favoriten.

"Man hat in den letzten Wochen gemerkt, dass Bewegung reinkommt", sagt Alexander Putz über den Stimmungsumschwung im Wahlkampfendspurt. "Ich habe einen Nerv getroffen. Den Leuten hat gefallen, wie ich über Politik gesprochen habe." Man muss wissen: FDP-Mann Putz ist gebürtiger Österreicher, er ist ein politischer Quereinsteiger, hat im Gegensatz zu CSU-Bewerber Radlmeier und Grünen-Kandidat Gruber kein Stadtratsmandat. Seine politische Unerfahrenheit, die manche als Nachteil sahen, hat sich offenbar als Trumpf erwiesen. "Die Menschen finden toll, wenn jemand einen gesunden Blick von außen hat", sagte Bauingenieur Putz in den vergangenen Wochen immer wieder und inszenierte sich so als Anti-Politiker. Nicht mal eine Werbeagentur hatte er für seinen Wahlkampf beauftragt, jeden Werbetext schrieb er selbst.

Wie überraschend das Landshuter Wahlergebnis ist, zeigt auch eine Wählerumfrage der Landshuter Zeitung aus diesem Frühsommer. Damals hatte sich noch ein deutlicher Vorsprung für Helmut Radlmeier abgezeichnet. Fast jeder Zweite sprach sich damals für den 50-jährigen Bankkaufmann aus, der seit drei Jahren für die CSU im Landtag sitzt. Dagegen hatten 27 Prozent angegeben, den Grünen-Kandidaten Stefan Gruber zu wählen, FDP-Bewerber Alexander Putz lag weit dahinter, bei schlappen 13 Prozent.

Das Ergebnis vom Wahlsonntag ist nicht die erste überraschende Wendung, die der Landshuter Wahlkampf macht. Bis Anfang Juni hatten praktisch alle mit einem Zweikampf zwischen CSU-Bewerber Radlmeier und der Hochschulprofessorin Gabriele Goderbauer-Marchner (Wählervereinigung Landshuter Mitte) gerechnet. Doch dann musste Goderbauer-Marchner ihre Kandidatur wegen einer Krebserkrankung zurückziehen, am 1. Juli starb die 56-Jährige. Weil die Landshuter Mitte keinen neuen Kandidaten ins Rennen schickte, konnte sich FDP-Mann Alexander Putz als konservative Alternative zum CSU-Kandidaten Radlmeier profilieren. Wenn die Landshuter OB-Wahl in die zweite Runde geht, dürfte Putz nun sogar ernsthafte Siegchancen haben und könnte nach 46 Jahren der erste Landshuter OB ohne CSU-Parteibuch werden. Am 23. Oktober wird sich endgültig entscheiden, wer zum Jahreswechsel auf Noch-OB Hans Rampf (CSU) folgt, der aus Altersgründen nicht mehr zur Wahl antreten durfte.

"Jetzt werde ich weiterkämpfen", sagt Alexander Putz. In den kommenden zwei Wochen will er "weitermachen wie bisher" und vor allem diejenigen für sich gewinnen, die an diesem Sonntag nicht zur Wahl gegangen sind. Das Potenzial ist da: Von 54 000 Wahlberechtigten haben am Sonntag nur etwa 25 000 gewählt, nicht einmal jeder zweite. Und Helmut Radlmeier? Kann sich am Ende des Wahlabends immerhin wieder zu einem Lächeln durchringen. "Ich werde weiter Vollgas geben", sagt auch der CSU-Kandidat.

© SZ vom 10.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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