Kriminalfall:Tote Doppelgängerin von Ingolstadt - Mord war laut Polizei geplant

Lesezeit: 3 min

Im Sommer legten Menschen in Ingolstadt Blumen und Kerzen an einem Baum ab, in dessen Nähe eine 23 Jahre alte Frau aus dem Landkreis Heilbronn getötet worden war. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Eine 23-Jährige soll im vergangenen Sommer eine Frau getötet haben, die ihr ähnlich sah. Sie wollte so ihren eigenen Tod vortäuschen. Warum? Nun gibt die Polizei neue Details über die brutale Tat bekannt.

Von Thomas Balbierer

Im sogenannten Doppelgängerinnen-Mord von Ingolstadt hat die Polizei am Montag neue Details bekannt gegeben. Statt wegen Totschlags ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft nun wegen Mordverdachts gegen eine junge Frau und einen jungen Mann. Beide sitzen bereits seit August 2022 in Untersuchungshaft. Sie stehen im Verdacht, gemeinsam den Mord an einer Frau geplant und ausgeführt zu haben. Sowohl die zwei Beschuldigten als auch das Opfer waren zum Tatzeitpunkt 23 Jahre alt.

Der Fall zog im vergangenen Sommer bundesweit Aufmerksamkeit auf sich, nachdem die Polizei zunächst die falsche Frau für das Opfer gehalten hatte. Am Tag nach dem Leichenfund stellte sich heraus, dass die Tote, die in einem am Rande der Donau abgestellten Auto entdeckt wurde, doch nicht die Besitzerin des Fahrzeugs ist - sondern eine Person, die dem vermeintlichen Opfer der Polizei zufolge "täuschend ähnlich" sah. Schnell kam der Verdacht auf, dass es sich bei der Verwechslung nicht um einen Zufall handelte, sondern um die Folge eines gezielten Täuschungsmanövers. Diese Vermutung bestätigt die Polizei nun auch offiziell.

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Die Ermittler gehen davon aus, "dass die Tatverdächtige aufgrund familiärer Probleme untertauchen und ihren Tod vortäuschen wollte", heißt es in einer Mitteilung vom Montagmorgen. Auf Nachfrage will die Polizei keine Details zum Familienstreit nennen. Die Tat war längere Zeit vorbereitet worden. Die zwei Beschuldigten sollen im Internet gezielt nach der Frau gesucht haben, die der damals 23-Jährigen optisch ähnelte: lange braune Haare, dunkler Teint und ein stark geschminktes Gesicht. Laut Polizei verfolgten sie da bereits den Plan, "diese zu töten und so zu platzieren, dass der Leichnam für die Beschuldigte gehalten würde".

Den Ermittlungen zufolge soll die mutmaßliche Mörderin über mehrere Social-Media-Profile potenzielle Opfer angeschrieben haben, um "diese durch falsche Versprechungen zu einem Treffen mit ihr zu bewegen". Die Polizei hat in diesem Zusammenhang mehrere Chats mit jungen Frauen ausgewertet. Es habe etwa "eine Handvoll" gescheiterter Lockversuche gegeben, sagt Polizeisprecher Andreas Aichele auf SZ-Nachfrage. Das tatsächliche Opfer, eine 23-Jährige aus dem baden-württembergischen Eppingen, soll von der Tatverdächtigen, einer Kosmetikerin, schließlich Anfang August auf Instagram kontaktiert und mit einem Angebot in Sachen Kosmetik in die Falle gelockt worden sein. Wie genau dieses Angebot aussah, präzisiert der Sprecher aber nicht.

In einem Wald soll mehr als 50 Mal auf das Opfer eingestochen worden sein

Die beiden Frauen sollen ein Treffen für den Tattag, den 16. August, vereinbart haben. "Zu diesem Zweck reiste sie zusammen mit dem Mitbeschuldigten in ihrem Pkw in den Großraum Heilbronn, um das spätere Opfer zu Hause abzuholen", rekonstruiert die Polizei den Tatablauf. Noch während der Rückfahrt soll die junge Frau, wie zuvor geplant, unter einem Vorwand aus dem Fahrzeug in ein Waldstück gelockt worden sein. Dort sei sie der Polizei zufolge "mit einer Vielzahl von Stichen in den Körper heimtückisch und aus niederen Beweggründen getötet" worden. Aichele zufolge wurde dabei mehr als 50 Mal auf das Opfer eingestochen. Anschließend seien die beiden Verdächtigen weiter nach Ingolstadt gefahren, wo sie die Leiche in einem ruhigen Wohngebiet am Rande des Donauufers zurückließen.

Dort wurde sie noch am selben Tag liegend auf der Rückbank des zugesperrten Mercedes gefunden, dem Auto der mutmaßlichen Mörderin. Entdeckt wurde die Leiche am späten Abend ausgerechnet von den Eltern der Fahrzeughalterin. Als sie die blutüberströmte Frau im Auto ihrer Tochter sahen, riefen sie den Notarzt, der daraufhin versuchte, die Tote zu reanimieren - ohne Erfolg. In der Dunkelheit glaubten die Eltern, das Opfer sei ihre Tochter. Auch die Polizei ging zunächst von der falschen Identität aus. Die Verwechslung flog erst nach einer Obduktion der Leiche am nächsten Tag auf.

Staatsanwaltschaft und Polizei in Ingolstadt sehen nach den monatelangen und umfangreichen Ermittlungen "den dringenden Tatverdacht des gemeinschaftlich begangenen Mordes" begründet. Die entsprechenden Haftbefehle sind bereits Ende vergangener Woche erlassen worden. Die zwei mutmaßlichen Mörder waren schon kurz nach der Tat festgenommen worden. Sie sitzen laut Polizei in unterschiedlichen Gefängnissen.

Ob sie nach der Tat im August schon ihre Flucht geplant hatten? Das sei "wahrscheinlich, aber noch nicht nachgewiesen", sagt Polizeisprecher Aichele. Auch die Frage, welche Beziehung die Frau und der Mann zueinander hatten, sei noch nicht abschließend geklärt, ein Paar seien sie wohl nicht gewesen. Die Ermittlungen dauern an. Zu den Vorwürfen haben sich die Beschuldigten auch fast ein halbes Jahr nach der Tat nicht geäußert.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels wurde das Mordopfer fälschlicherweise als Kosmetikerin bezeichnet. Richtig ist, dass die Mordverdächtige als Kosmetikerin gearbeitet hat. Wir haben die Stelle korrigiert und bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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