Mittelfranken:Was macht "Graf Ego" mit den Steuergeldern?

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Das Schloss der Egloffsteins prägt den Marktplatz von Pappenheim. Längst sollte die Fassade saniert sein, doch es tut sich nichts. (Foto: dpa)

Eigentlich sollte Albrecht von und zu Egloffstein damit sein Familienschloss in Pappenheim sanieren. Doch kontrolliert wird er offenbar kaum.

Von Uwe Ritzer, Pappenheim

Als der Bürgermeister die Ausführungen des Ministers gelesen hatte, fühlte er sich an Pippi Langstrumpf erinnert. Zumindest an das Lebensmotto der berühmten Kinderbuchfigur: "Ich mach' mir die Welt, wie sie mir gefällt." Sogleich setzte sich Uwe Sinn, Stadtoberhaupt von Pappenheim, hin und listete auf, was alles falsch sei in Ludwig Spaenles Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Landtagsabgeordneten Helga Schmitt-Bussinger (SPD) oder wo die Wirklichkeit mindestens gespreizt wurde. "Das grenzt schon an Hohn", notierte Bürgermeister Sinn am Ende einer stattlichen Mängelliste.

Tatsächlich scheint es eine ganz eigene Welt zu sein, in der dieser bizarre und beispiellose Fall spielt. Es ist die Welt der bayerischen Denkmalpflege, und es geht um die Frage, ob in dieser Welt alle Menschen gleich behandelt und vor allem mit der gleichen Sorgfalt kontrolliert werden, wenn sie Geld aus öffentlichen Töpfen kassieren. Zur Nagelprobe dafür ist das Schloss geworden, das Sinn beim Blick aus dem Rathaus über den Marktplatz seiner Kleinstadt im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen hinweg sieht.

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Entworfen hat den Flügelbau Anfang des 19. Jahrhunderts der damalige königliche Hofarchitekt Leo von Klenze. Das Schloss gehört der Pappenheimer Grafschaft, als deren Oberhaupt Albrecht Graf von und zu Egloffstein, 70, fungiert. Nach dem Tod seines Schwiegervaters hat der promovierte Kunsthistoriker 1991 dessen Nachfolge angetreten.

Egloffstein ist eine große Nummer in der Denkmalszene, er ist unter anderem Vize-Vorsitzender des Landesdenkmalrates und Landeschef der Burgenvereinigung. Entsprechend hofiert wird er seit Jahren von Politikern und Beamten. Seine Kritiker in Pappenheim nennen ihn hingegen "Graf Ego". Erst recht, seit ein hässlicher Streit um besagtes Schloss tobt, der inzwischen die Landespolitik erreicht hat und nun zu eskalieren droht.

Dabei begann alles harmlos. Für 1,8 Millionen Euro sollte das Schloss saniert werden, gut 1,2 Millionen Euro davon übernahm die öffentliche Hand über diverse Zuschussprogramme, was allein schon ein erstaunlich hoher Anteil ist. Begründung dafür: Das Schloss ist als Privathaus und Sitz der gräflichen Verwaltung zwar nicht öffentlich zugänglich, aber prägend für den Pappenheimer Marktplatz.

Der Ärger begann, als sie im Pappenheimer Rathaus feststellten, dass sich der Graf nicht an den vereinbarten Sanierungsplan hält. 2015 hätte demnach die Fassade zum Marktplatz hin renoviert werden müssen. Das ist sie bis heute nicht, weshalb die Stadtverwaltung die an den Abschluss der jeweiligen Bauabschnitte gekoppelten Raten aus der Städtebauförderung nicht mehr ausbezahlte, sondern erst einmal Aufklärung verlangte.

Die Grafenfamilie reagierte darauf mit einem Kleinkrieg, im Zuge dessen sie etwa vier Quadratmeter mitten in einer öffentlichen Altstadtstadtstraße als ihr Eigentum reklamiert und einzäunen will. Hoffnungen auf eine gütliche Einigung erfüllen sich nicht. "Es gibt in der Angelegenheit keinen Kontakt zwischen Grafschaft und uns", sagte Bürgermeister Sinn (SPD) am Montag. Weshalb der Pappenheimer Stadtrat nach seinem Willen beschließen soll, die vier Quadratmeter zur öffentlichen Straße umzuwidmen und die Grafschaft notfalls zu enteignen.

Womöglich wird es dabei nicht bleiben. Bei einem Ortstermin riet Landtagsvizepräsidentin Inge Aures (SPD) dem Bürgermeister am Montag, die bereits ausgezahlten Städtebaufördermittel von den Egloffsteins zurückzufordern. Sie seien an klare, vertragliche Verpflichtungen gebunden, die nicht eingehalten wurden. Also müsse die Stadt ihr Geld zurückverlangen, sonst laufe jeder einzelne Stadtrat Gefahr, privat dafür zu haften. "Schlimmstenfalls ist das Untreue", sagte Aures.

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Ihre Fraktionskollegin Helga Schmitt-Bussinger will den Fall vor den Obersten Bayerischen Rechnungshof bringen, sollte sich der Landtag nicht endlich ernsthaft kümmern. Jüngst erst wurde ein Berichtsantrag von der CSU-Mehrheit abgelehnt. Seit Monaten ist Schmitt-Bussinger hartnäckig in der Sache unterwegs, doch der Aufklärungswille von Politik und Behörden hält sich in Grenzen. Auch wenn ausstehende Zuwendungen aus dem Entschädigungsfonds und von der Landesstiftung an die Egloffsteins vorerst gestoppt wurden und eine Prüfung angekündigt wurde.

Ernsthaft betrieben, könnte es peinlich werden für die staatlichen Kontrolleure. Spaenles Antwort auf Schmitt-Bussingers Anfrage deutet darauf hin, dass Bauherr Egloffstein mal eben die Prioritäten bei der Sanierung ändern und sogar die Kernbedingung für die hohe Förderung, die Fassadensanierung zum Marktplatz hin, zurückstellen konnte, was die Denkmalpfleger wohl erst im Nachhinein absegneten.

Nach Gesprächen mit Experten und Beteiligten äußerte Schmitt-Bussinger den Verdacht, das vorgeschriebene Treffen unterblieben, bei denen Bauherr, Architekt und Behörde im Regelfall jede Veränderung vorab diskutieren und protokollieren. Was in Pappenheim passiert sei, so die Abgeordnete, "lässt sich so beschreiben: Einer macht was er will und alle machen mit."

Wie schlampig es zuging, zeigt ebenfalls Spaenles Antwortschreiben. So bestreitet der CSU-Minister die Unterteilung der Sanierung in Abschnitte, obwohl es solche Verträge gibt. Er schreibt von einer vollständigen Sanierung der nördlichen Schlossfassade, obwohl laut Bürgermeister nur der mittlere Trakt hergerichtet wurde. Was es aber anstelle Aufklärung und Konsequenzen gibt, ist eine neue Kostenschätzung. Demnach soll die Sanierung statt 1,8 nun 4,1 Millionen Euro kosten.

© SZ vom 23.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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