Universum:Wie ein 36 Millionen Jahre alter Meteorit in Niederbayern zu Boden stürzte

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Der Ausschnittaus der Aufnahme einer tschechischen Meteorkamera in Kocelovice zeigt die Feuerkugel vom 6. März 2016. (Foto: Pavel Spurny)

In Niederbayern wurde 2016 ein Meteorit gefunden - aus Sicht von Wissenschaftlern eine Sensation. Jetzt können Interessierte sich ein 1,3 Kilogramm schweres Bruchstück ansehen.

Von Hans Kratzer, München

Am Abend des 6. März 2016 sorgte das Weltall wieder einmal für ein Spektakel, zumindest aus der Sicht eines kleinen Erdenbewohners in Niederbayern. Schicksalhaft kreuzte sich damals die Umlaufbahn der Erde mit der eines Meteoriten. Dass es zu einer Kollision kam, bewies eine Feuerkugel, die nach Aussagen von Augenzeugen heller als der Vollmond war und den Himmel über Oberösterreich sowie über dem südlichen Bayern grell erleuchtete. Beim Durchqueren der Erdatmosphäre ist der Meteorit zerbrochen, viele Bruchstücke verglühten, der Rest stürzte nördlich des Inns zwischen den niederbayerischen Ortschaften Stubenberg und Ering auf den Boden.

"Solche Meteoritenfälle lassen sich nicht vorhersagen. Man kann sie nur beobachten und ihren Einschlagsort berechnen", erklärt Dieter Heinlein, der Technische Leiter des Feuerkugelnetzwerks am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Zudem ist er Mitglied in der renommierten Forschervereinigung Meteoritical Society. Dass die ersten Bruchstücke schon sechs Tage nach dem Absturz aufgespürt wurden, sei in dicht besiedelten Gegenden durchaus ungewöhnlich, sagt Heinlein. Die Forscher profitierten in diesem Fall aber von einem glücklichen Umstand. Automatische Feuerkugelkameras des Astronomischen Instituts der Tschechischen Akademie der Wissenschaften fingen das Himmelsphänomen ein. Die hochaufgelösten Digitalfotos ließen die Herzen der Wissenschaftler höher schlagen. Die Tschechen seien auf diesem Gebiet weltweit führend, sagt Heinlein, sie verwenden auch die ausgefeilteste Technik. In diesem Fall handelte es sich um ein Kameranetzwerk, das helle Meteore registriert und Meteoriten aufspürt. Mit ihrer Hilfe konnte das Streufeld des Meteoriten innerhalb weniger Tage berechnet werden.

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Durch die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Wissenschaftlern des tschechischen Observatoriums Ondrejov und den Suchern im Gelände konnte das Ereignis schon am 12. Mai 2016 von der Meteoritical Society als neuer dokumentierter Fall bestätigt werden, sagt Heinlein. Die Finder hatten ihre Fundstücke bereitwillig als Leihgaben für die wissenschaftlichen Untersuchungen zur Verfügung gestellt. Es war erst der siebte dokumentierte Meteoritenfall in Bayern. Die Meteoritenteile tragen nun offiziell den Namen ihres Fundorts Stubenberg.

An diesem Wochenende wird der größte Brocken des Stubenberg-Meteoriten in München zu sehen sein. Das Stück, das bei den Mineralientagen präsentiert wird, ist das größte gefundene Teilstück und wiegt gut 1,3 Kilo und rückt den Betrachter ungewöhnlich nahe an das Phänomen Universum heran. Insgesamt sind für Bayern laut dem Landesamt für Umwelt neun Meteoritenfälle wissenschaftlich anerkannt. Die Meteoriten von Mauerkirchen (1768) und Krähenberg (1869) müssen aber von dieser Zahl wieder weggerechnet werden. Sie fielen zwar einst auf bayerisches Terrain, welches aber mittlerweile zu Oberösterreich und Rheinland-Pfalz gehört. Somit verbleiben für das heutige Bayern sieben offiziell anerkannte Meteoritenfälle: Eichstätt 1785, Mässing 1803, Unter-Mässing 1807, Schönenberg 1846, Machtenstein 1956, Neuschwanstein 2002 und Stubenberg 2016.

Frontalansicht des Meteoriten Stubenberg. (Foto: The Munich Show)

Die meisten kosmischen Körper, die auf die Erde stürzen, sind so klein, dass sie beim Eintritt in die Atmosphäre als Sternschnuppen verglühen. Als Meteorit werden aber nur solche Objekte anerkannt, von denen Gesteinsmaterial erhalten ist. Sie werden in einem internationalen Katalog ("Meteoritical Bulletin Database") registriert. "Meteoritenfälle sind im Gegensatz zu den Sternschnuppen nur selten zu sehen", sagt Heinlein. Er schätzt, dass bisher weltweit gut 1000 Objekte im Fall beobachtet wurden. Davon seien lediglich zwei bis drei Dutzend fotografiert worden. "Und exakte Daten besitzen wir nur von 15 Meteoriten." Heinlein nennt solche Funde deshalb "eine große Sensation", vor allem, weil sich aus ihnen viele Rückschlüsse gewinnen lassen, über Herkunft, Alter und die Bestrahlung im All. Über den Stubenberg-Meteoriten ist bisher bekannt, dass er vor 36 Millionen Jahren aus einem weitaus größeren Brocken herausgerissen wurde und seither um die Sonne kreiste, bis er mit der Erde kollidierte. Weil er wunderschön geformt ist, werde nichts aus ihm herausgeschnitten, sagt Heinlein. Deshalb werde der Stein zu Forschungszwecken lediglich durchleuchtet und geröntgt.

Über die Geheimnisse der Stubenberg-Meteoriten hinaus werden auf den Mineralientagen noch viele weitere Attraktionen geboten. 1200 Aussteller aus der ganzen Welt tummeln sich auf der Plattform für Händler, Interessierte und Laien. Unter anderem lockt dabei die kulturhistorische Sonderschau "Die Juwelen untergegangener Dynastien". Dort sind beispielsweise die Kronen und Star-Diamanten der Habsburger, Wittelsbacher, Wettiner und Romanows zu sehen, allerdings nur als Rekonstruktionen. Der Kurator Bernhard Graf, Historiker und Filmautor beim Bayerischen Fernsehen, wird in zwei Vorträgen über die Juwelen der großen Dynastien Europas sprechen (Samstag und Sonntag, jeweils 14 Uhr).

Unter den ausgestellten Original-Preziosen von König Ludwig II. aus der Sammlung von Sepp Schleicher befinden sich Kleinodien aus dem Besitz des Monarchen sowie Geschenke des Königs an Richard Wagner wie etwa eine Prunktaschenuhr mit zahlreichen Diamanten sowie ein Taktstock mit Brillanten und Rubinen.

Mineralientage München, 25.-27. Oktober, Messegelände Riem, Samstag, 26. und Sonntag, 27. Oktober von 9-18 Uhr für Privatbesucher geöffnet.

© SZ vom 23.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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