Merkel auf dem CSU-Parteitag:"Wir sind stolz auf dich"

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Die CSU träumt wieder von der absoluten Mehrheit in Bayern. Und sie weiß, wen sie dafür braucht: Angela Merkel. Doch die Herzlichkeit, mit der die Christsozialen die Kanzlerin auf ihrem Parteitag in München empfangen, überrascht dann doch. Sie bekommt zuweilen mehr Applaus als alle ihre Vorredner zusammen.

Sebastian Gierke und Oliver Das Gupta, München

Überaus herzlich empfing CSU-Chef Horst Seehofer Kanzlerin Angela Merkel in München. (Foto: Getty Images)

Horst Seehofer nimmt Angela Merkel in den Arm und erntet Gejohle von den Delegierten auf dem CSU-Parteitag in München. Hat er ihr sogar ein Küsschen auf die Wange gegeben? So genau war das nicht zu erkennen. Aber gewundert hätte es an diesem Tag keinen.

"Eine feurige Rede, sehr konzentriert", attestiert der CSU-Chef ihr auf der Bühne in der Messehalle C1. "Alles Wesentliche umfassend, das ist unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel." Die CSU-Delegierten auf dem Parteitag in München haben da bereits einige Minuten stehend geklatscht. Der Applaus ist nicht überbordend, aber herzlich. So herzlich, wie er noch vor einigen Monaten undenkbar gewesen wäre, hier bei der CSU.

Die CSU hat der Kanzlerin auf ihrem Parteitag den roten Teppich ausgerollt. Schon am Vormittag war bekannt geworden, dass die Partei auf Schmusekurs mit Merkel geht. Seehofer rückte von der bisherigen CSU-Linie ab und schloss zusätzliche Hilfen für Griechenland nicht mehr aus. "Wenn ich Merkel wäre, wäre ich super drauf, wenn ich heute in den Flieger nach München steige", sagte Seehofer schon am Mittag.

Der Grund heißt Angela Merkel

Auch bei der Debatte über einen Leitantrag zu Europa waren später keine bissigen Töne Richtung Athen zu hören. Generalsekretär Alexander Dobrindt oder der bayerische Finanzminister Markus Söder wären dafür zu haben, dass Griechenland aus dem Euro ausscheidet. Und sind in den vergangenen Wochen mit dieser Meinung auch der Kanzlerin gehörig auf die Nerven gegangen. Beide sprechen auch auf dem Parteitag, man muss aber schon sehr genau hinhören, um die kritischen Bemerkungen auszumachen.

Woher kommt der Umschwung? Der Grund hat gerade fast ein Küsschen bekommen. Der Grund ist mit wummernden Bässen, rhythmischem Klatschen der Delegierten und Diskolichtern in München empfangen worden. Der Grund heißt Angela Merkel. Denn auch die angesichts der aktuell guten Umfragewerten äußerst selbstbewusste CSU hat mittlerweile eingesehen: Die Kanzlerin ist es, die im kommenden Wahlkampfjahr im Mittelpunkt stehen wird. Ohne die Kanzlerin und ihre hohen Beliebtheitswerte stünde auch die CSU nicht so gut da. Und so sammelt sich die Schwesterpartei hinter der CDU-Vorsitzenden.

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"Deine Beliebtheitswerte liegen in Bayern bei 55 Prozent, liebe Angela", säuselt Seehofer auf der Bühne. "Höher als die von der CSU". Es gäbe Meldungen, die CSU sei ein schnurrender Kater geworden, ein umgängliches Haustier, sagt Seehofer noch auf der Bühne. "Das wollen wir zum Schluss des Tages nicht stören."

Gestört hat auch Merkel nicht. "Wir machen es uns nicht zu jeder Sekunde einfach. Das ist so eine Art Test, wer noch wie viel Kraft hat", sagt Merkel Richtung Seehofer und betont: "Wenn's darauf ankommt, halten wir zusammen." Das gelte insbesondere für das Wahljahr.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht beim CSU-Parteitag.  (Foto: dpa)

Fast andächtig lauschen die Delegierten Merkel. Keiner verkriecht sich hinter seiner Zeitung, keiner steht auf, geht raus. Fast könnte man glauben: Das hier ist ein Heimspiel für die Kanzlerin.

Merkel beschwört bei ihrem Gastauftritt den engen Zusammenhalt von CDU und CSU - trotz aller Differenzen. Der SPD wirft sie vor, eine Senkung von Steuern und Sozialabgaben zu blockieren: "Die Sozialdemokratie hat die kleinen Leute von heute vergessen." Auch für das Prestigeobjekt der CSU, das Betreuungsgeld, wirbt Merkel eindringlich. Die Union wolle Wahlfreiheit gewährleisten. Und sie wolle den Eltern, die ihre kleinen Kinder zu Hause erziehen, damit das Signal geben, "dass wir ihre Arbeit würdigen". "Wenn wir es mit unserer Wahlfreiheit ernst meinen, dann kann man ernsthafterweise nicht aus grundsätzlichen Erwägungen gegen das Betreuungsgeld sein", ruft Merkel den Delegierten zu und bekommt dafür mehr Applaus, als alle anderen Redner am Nachmittag zusammen.

"Es ist gut, dass wir sie haben"

Edmund Stoiber jedenfalls, der alte Rivale und Weggefährte Merkels, ist angetan vom Auftritt der Kanzlerin. "Die Rede hat mir sehr gut gefallen", sagt der ehemalige CSU-Chef und Ministerpräsident zu Süddeutsche.de. "Unbeirrbar" sei Merkels Europa-Kurs, sie habe Bayern und die CSU "gebührend gewürdigt", sagt Stoiber und nickt dabei anerkennend. "Dass Angela Merkel die solide Finanzpolitik der CSU-Regierungen zum Vorbild für Deutschland ausruft, darf uns auch ein bisschen stolz machen."

Damit ist der ehemalige Landesvater nicht alleine: Die Christsozialen fühlen sich sichtlich wohl damit, wie Merkel Land und Partei gepriesen hat. Das, so die Hoffnung, zahlt sich auch im Doppelwahlkampf 2013 aus. "Es ist gut, dass wir sie haben", sagt der Europa-Abgeordnete Manfred Weber zur SZ, "das wird sich im nächsten Jahr noch sehr positiv auswirken."

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Am Ende überreicht Horst Seehofer Blumen. Ungewöhnliche Blumen allerdings: digitale. Ein Strauß gelber Sommerblüten erscheint auf der Videoleinwand hinter der Bundeskanzlerin am Ende ihrer Rede. "Was anderes können wir uns einfach nicht mehr leisten", sagt der CSU-Chef. "Spätestens wenn Du am Flughafen ankommst, hast du die Blumen dann auf dem Handy." Die Kanzlerin nimmt die digitalen Blumen gern. "Sehr praktisch", lacht sie.

"Wir sind stolz auf dich, auf unsere Bundeskanzlerin." Mit diesen Worten komplimentiert sie Seehofer von der Bühne. Eine Stunde hat der Auftritt gedauert. Er wird wohl noch lange nachwirken. Einige in München sprechen von Triumph.

Als die Kanzlerin schon lange weg ist, strahlt zum Beispiel CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe immer noch. "Die innere Verfassung der CSU ist gut, die Rede von Angela Merkel war gut", frohlockt der Vertraute der Kanzlerin. "Ich bin heute sehr happy, das können Sie so schreiben."

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