Als sich die Familie Hummel im Jahr 2019 anschickte, das Berta-Hummel-Museum im niederbayerischen Marktflecken Massing angesichts hoher finanzieller Verluste zuzusperren, war hier und dort ein berechtigtes Klagen zu vernehmen. Wieder einmal stand ein geschätztes Kulturgut vor dem Aus. Das 1994 eröffnete Museum war in das Geburtshaus der Künstlerin Berta Hummel (1909-1946) integriert, die vor allem durch ihre Kinderbilder und durch die nach ihren Entwürfen gefertigten Hummel-Figuren weltweit bekannt wurde. Bis heute lagert im Hummel-Haus im Massinger Ortszentrum die weltweit größte Sammlung der einschlägigen Figuren, dazu kommen wertvolle Zeichnungen und Gemälde sowie Karten und der Nachlass der Ordensschwester mit dem überbordenden Kunsttalent.
Nun aber scheint die Zukunft der Sammlung gesichert zu sein. Nach längerem Hin und Her hat der Zweckverband Niederbayerische Freilichtmuseen soeben einen Kostenrahmen für einen Museumsneubau auf dem Gelände des Freilichtmuseums Massing beschlossen. Wenn alles nach Plan läuft, soll dort die Berta-Hummel-Sammlung im übernächsten Jahr wieder öffentlich zugänglich gemacht werden.
Nach der aktuellen Planung benötigt die Dauerausstellung eine Mindestfläche von 110 Quadratmetern, für die Wechsel- und Sonderausstellungen ist eine Fläche von gut 80 Quadratmetern vorgesehen. Für den Museumsbau, für die Inventarisierung der Sammlung, für das kuratorische Konzept sowie für die Ausstellungsgestaltung genehmigten die Mitglieder des Zweckverbandes einstimmig einen Kostenrahmen von gut 3,665 Millionen Euro. Zweckverbandsvorsitzender und Bezirkstagspräsident Olaf Heinrich gab zu, die Realisierung des Museumsgebäudes im Ensemble des Museums sei komplex. Umso mehr freue er sich, dass die Planung von der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen akzeptiert wurde. "Ich bin überzeugt, dass das Endergebnis einen Mehrwert für das Freilichtmuseum Massing und für die Region darstellt", sagte Heinrich.
Der bisherige Museumsbetreiber Alfred Hummel sprach am Telefon von einer schweren Geburt. Unter den gegebenen Umständen sei er mit dem Ergebnis zufrieden, auch wenn es nur die zweitbeste Lösung sei. "Die beste Lösung wäre gewesen, das Museum im Geburtshaus zu belassen." Michael Fahmüller, Landrat des Landkreises Rottal-Inn, erwähnte die große Strahlkraft der Künstlerin Berta Hummel. Er hält den Neubau auf dem Gelände des Freilichtmuseums Massing deshalb für einen wichtigen Baustein für die Tourismusregion Rottal-Inn und das dortige Kulturleben.
Auch Museumsleiter Timm Miersch ist froh über die Entscheidung, "denn im Depot des Neubaus kann die Berta-Hummel-Sammlung konservatorisch einwandfrei gelagert werden, was den Erhalt dieses Kunst- und Kulturgutes in seiner einzigartigen Zusammenstellung gewährleistet". Die große Chance liege aber auch in der räumlichen Nähe und über den erweiterten Zugang der Kunst. So könnten über die Berta-Hummel-Sammlung auch Themen des Freilichtmuseums erschlossen werden. Er hofft auf ein neues und erweitertes Publikum, "denn kunstinteressierte Gäste werden dadurch zu Freilichtmuseumsbesuchern - und andersrum".
Der Streit um das Vermächtnis trieb teils seltsame Blüten
Die Familie Hummel hatte vor der Schließung des alten Museums einen jährlichen Verlust von bis zu 70 000 Euro verzeichnet, was auf Dauer nicht mehr ging, wie Alfred Hummel sagte. Nachdem auch noch die Hummelfiguren-Produktion in Rödental wegen Insolvenz der Firma weitgehend eingestellt wurde, ließen die Verkaufszahlen nach, auch der amerikanische Markt brach ein, und die Besucher, die sonst scharenweise nach Massing kamen, blieben aus. Es musste nun dringend eine Lösung gefunden werden, weil die Familie die Belastungen des Museums (Klimatisierung, Diebstahlsicherung) auch ohne Gäste weiterhin zu tragen hatte und das Gebäude nicht anderweitig nützen konnte.
Die Gefahr, dass das Erbe der Berta Hummel sang- und klanglos im Nichts verschwunden wäre, war durchaus gegeben. Dieses Los wäre der Künstlerin keinesfalls gerecht geworden. Sie wurde zwar nur 37 Jahre alt, bewirkte aber in ihrem kurzen Leben viel Gutes. Von den putzigen Hummel-Figuren, die auf ihre Entwürfe zurückgehen, wurden weltweit Abermillionen Stück verkauft. Bereits in den 30er-Jahren besaß jeder zweite deutsche Haushalt eine Hummel-Figur, ein amerikanischer Hummel-Club zählt noch heute 100 000 Mitglieder. In den vergangenen Jahren trieb der Streit um das Vermächtnis der braven Berta Hummel zum Teil seltsame Blüten und zeigte auf, wie kompliziert das Geflecht von Kultur, Politik und Macht auf regionaler Ebene mitunter sein kann.
Laut Olaf Heinrich wurde der Architekt beauftragt, parallel zum Bau des neuen Gebäudes im Freilichtmuseum auch die Sanierung des dortigen Gastronomiebetriebs zu planen. Der Neubau, der die Hummel-Sammlung aufnehmen soll, soll nahe dem Haupteingang in den Hang integriert werden. Wenn alles nach Plan läuft, was bei der derzeitigen Krise und der damit einhergehenden Preisexplosion nicht selbstverständlich ist, könnten die Bauarbeiten im kommenden Herbst losgehen. Im übernächsten Jahr könnte das neue Museum dann eröffnet werden.