Besonderes Kunst-Museum in Bayern:Die Bilder seines Vaters

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Nach den Schließungen wegen Corona und einem Brand: 2023 konnte das Malura-Museum zwar wiedereröffnen, so richtig feiern wollen Leiter Andrew Malura und seine Frau Elke das 30-jährige Bestehen allerdings erst heuer, im 31. Jahr. (Foto: privat)

In einem kleinen Privatmuseum in Oberdießen hält Andrew Malura die Erinnerung an seinen Vater wach, den Maler, Weltenbummler und Schwabinger Galeristen Oswald Malura. Keine leichte Aufgabe, so ganz ohne öffentliche Förderung.

Von Sabine Reithmaier, Oberdießen

Leicht ist es nicht, so eine kleine Einrichtung wie das Malura-Museum am Leben und im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu erhalten. Andrew Malura, Leiter des Hauses in Oberdießen, kann davon ein Lied singen. Allmählich gibt es kaum mehr Zeitgenossen, die sich noch an seinen Vater, den ebenso reise- wie unternehmungslustigen Maler und Schwabinger Galeristen Oswald Malura (1906-2003), erinnern. Obwohl dessen Werk sehenswert ist, locken weder die abstrakten Gemälde noch die Porträts oder die farbenfrohen Landschaftsbilder die Besucher in Scharen nach Oberdießen. Das klappt nur mithilfe der Sonderausstellungen. Nach der Winterpause startet das Haus am 1. Mai mit einer Schau der Landsberger Künstlerin Katinka Schneeweis in die neue Saison.

Das Museum könnte einen Gästeansturm gut vertragen. Schließlich war es 2020 und 2021 der Pandemie wegen komplett geschlossen. 2022 wütete im sogenannten Atelierhaus, in dem Andrew Malura und seine Frau Elke wohnen, ein Feuer. Die Folge: Das Museum blieb ein weiteres Jahr zu.

2023 endlich die Wiedereröffnung. "Erfolgreich, aber wir haben 30 Jahre Malura-Museum zu wenig gefeiert", findet der Chef. Das möchte er nachholen, daher hat er die aktuelle Saison unter das Motto 30 + 1 gestellt. Schließlich sind Oswald Maluras Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen und Collagen seit 1993 in Oberdießen zu sehen, der Maler hatte das Museum noch persönlich mit einer Ausstellung eigener Werke eröffnet.

Genau genommen existiert der Kunstort schon deutlich länger, wenn auch nicht als Museum im klassischen Sinn. Oswald Malura hatte sich 1958 an einem Hang in Oberdießen ein Atelierhaus im toskanischen Stil gebaut. 1977 kaufte er zusätzlich ein altes Bauernhaus, renovierte und eröffnete es 1981 als Haus der "Begegnung für Gleichgesinnte im Geiste". In ein Museum wandelte sich das Gebäude erst 1993, als es von Grund auf saniert und zu einem großräumigen dreigeschossigen Ausstellungshaus umgestaltet wurde.

Erfahrung mit derlei Begegnungsstätten besaß Oswald Malura reichlich: Seine Wohnung in der Münchner Kaulbachstraße 75 diente lange Jahre als Domizil für die "Traumstadt", der legendären Runde von Münchner Malern, Schriftstellern, Kabarettisten und Fantasten um den Schwabinger Poeten Peter Paul Althaus. Der Dichter hatte 1965 deren Gründung "chez Malura" initiiert und damit einen Künstlertreff ins Leben gerufen, der sich erst im Januar 2012 auflöste, als Andrew Malura die Wohnung aufgeben musste. Alle Bemühungen, sie zu erhalten, waren trotz prominenter Unterstützung gescheitert.

Viele Unterlagen aus diesen Jahren, etwa die Briefe, die der Galerist mit Althaus wechselte, finden sich heute in seinem schriftlichen Nachlass. Der gehe demnächst an das Archiv des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg, sagt Andrew Malura stolz. Im Herbst 2023 hat er einen entsprechenden Vertrag mit der Institution abgeschlossen. "Da ist der Vater jetzt sicher für die Zukunft." Briefe, Karten, Gedichte, offizielle Dokumente, Zeitungsausschnitte, alte Tonbänder, Fotos, Tagebücher - noch ist der Sohn dabei, alles zu sichten und in Umzugskartons zu verstauen. Es sei doch eine große Ehre für den Vater, dort zu sein, wo die Nachlässe vieler anderer berühmter Persönlichkeiten aufbewahrt werden, findet er.

Tatsächlich dürfte in den Unterlagen viel Münchner Kunstgeschichte stecken, denn in Maluras Galerie fand nicht nur die Verleihung der ersten Schwabinger Kunstpreise statt. Der Galerist, ein hervorragender Netzwerker, präsentierte auch zahlreiche junge Künstler und hatte auch mit Skandalen kein Problem. Erinnert sei nur an die Künstlergruppe Radama (Gretel Stadler, Erwin Eisch, Max Strack) und den bundesweiten Pressewirbel um die in der Galerie veranstaltete Trauerfeier für den angeblich mit 31 Jahren verstorbenen Maler Bolus Krim, den vierten Mann der Gruppe Radama, letztlich eine von Eisch erfundene Kunstfigur.

Andrew Malura leitet das Museum seit 2003. Den Vater hatte er erst 1970 kennengelernt, als er, ein damals 18-jähriger Amerikaner, seine erste Europareise unternahm. Seine Mutter, eine Ungarin, war 1952 in die Staaten ausgewandert, wohl auch, weil der Vater längst mit einer anderen Frau verheiratet war. 1997 kehrte der Sohn, bis dahin Vizechef in einem Fünf-Sterne-Hotel in Utah, nach München zurück, um den Vater bis zu dessen Tod im Jahr 2003 zu pflegen.

Eigentlich hatte er nicht vorgehabt, ein Museum zu leiten. Oder sich als Vorsitzender der Oswald-Malura-Kunststiftung den Kopf darüber zu zerbrechen, was sein wird, wenn er sich, inzwischen 72 Jahre alt, nicht mehr um das Museum kümmern kann. Was passiert dann mit dem Werk seines Vaters? Andrew Malura seufzt. Er hat schon etliche Versuche unternommen, Mäzene oder Stiftungen für das kleine Haus zu gewinnen. Bislang vergeblich. Der Kunstmarkt hat am Werk seines Vaters derzeit wenig Interesse. "Eine schwierige Geschichte", sagt der Museumsleiter.

Einstweilen macht er weiter wie bisher. Organisiert Sonderausstellungen, macht Veranstaltungen, erhält keinerlei offiziellen Zuschuss. Gäbe es nicht den spendablen und tatkräftigen Freundeskreis des Museums, sähe es oft wohl düster aus. Für die Eröffnung am 1. Mai ist schon alles parat.

Mit Werken der Künstlerin Katinka Schneweis eröffnet die neue Saison im Museum, hier "Psyche", eine Arbeit aus Gips, Tierhaut und Draht aus diesem Jahr. (Foto: Katinka Schneweis)

Katinka Schneweis passt mit ihrer klein- und großformatigen Malerei, Skulpturen aus Bronze, Gips und Papier sowie kleinen Pelzobjekten gut ins Museum, weist sie doch ihr Lebenslauf als genauso unternehmungslustig aus, wie es der Hausherr einst war. Die gebürtige Straubingerin absolvierte erst ein Studium zum Kulturwirt in Passau, dann eine Schreinerlehre in der Passauer Domschreinerei. Nach einigen Jahren als Inneneinrichtungsplanerin studierte sie Kunstpädagogik in München, arbeitete als Kunsterzieherin und bildete sich parallel an Akademien weiter. Seit 2013 ist sie als freischaffende Künstlerin und Coach tätig. Manche der aktuellen Arbeiten entstanden in Oberdießen, denn im Januar und Februar lebte sie als Artist in Residenz im Museum.

Malura freut sich auf die Eröffnung. Und wünscht sich zum wiederholten Mal, dass sich die Gemeinde, der Landkreis oder irgendeine größere Stiftung für die Zukunft des Museums interessieren würde. Aber bis jetzt ist noch kein Problemlöser in Sicht.

Katinka Schneweis: Polaritäten, 1. Mai bis 21. Juli, 73. Sonderausstellung im Malura Museum Oberdießen

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