Landshut:Polizei fesselt Frau an Laternenmast

Lesezeit: 2 Min.

  • Ein Autofahrer hatte einen einbiegenden Rollerfahrer in Ergolding bei Landshut übersehen und erfasst.
  • Als die Tochter des Unfallopfers eintraf, behinderte sie nach Angaben der Polizei die Arbeit der Rettungskräfte.
  • Deshalb fesselten die Beamten die Frau mit Handschellen an einen Laternenmast - nun hat sie einen Anwalt eingeschaltet.

Von Hans Kratzer, Landshut

Zunächst schien es so, als habe sich in der Landshuter Nachbargemeinde Ergolding ein alltäglich anmutender Verkehrsunfall ereignet. Doch dann ist die Unfallaufnahme auf ungewöhnliche Weise aus dem Ruder gelaufen. Die Interaktion zwischen Polizei und der Tochter des verletzten Unfallopfers eskalierte dermaßen, dass die Frau von der Polizei kurzfristig mit Handschellen an einen am Straßenrand stehenden Laternenmast gefesselt wurde. Sie soll vorher die Arbeit der Polizei und der Sanitäter massiv behindert haben. Möglicherweise kommt es in diesem kuriosen Fall zu einem juristischen Nachspiel.

Der Unfall trug sich auf einer viel befahrenen Straße zu. Ein Autofahrer hatte einen einbiegenden Rollerfahrer übersehen und ihn erfasst. Die Enkelin des Unfallopfers, die mit dem Auto direkt vor ihm fuhr, verständigte ihre Mutter, die an den Unfallort eilte und beim Anblick ihres verletzten Vaters wohl einen Schock erlitt. Nach Lage der Dinge reagierte sie so emotional, dass sie alsbald mit Sanitätern, mit dem Unfallfahrer und mit der Polizei aneinandergeriet.

Die Frau soll sehr aufgeregt und laut gewesen sein und die Arbeit der Polizei und der Sanitäter behindert haben. Ein Polizist erteilte ihr daraufhin einen Platzverweis, auf den sie aber nicht reagierte. Helmut Eibensteiner, der Leiter der Polizeiinspektion Landshut, spricht von einer prägnanten und ungewöhnlichen Lage, die sich am Unfallort entwickelt habe. Eine verletzte Person habe versorgt werden müssen, die Frau sei jedoch resolut dazwischengegangen, man habe sie nicht zur Räson bringen können. Die Kollegen hätten deshalb zu der ungewöhnlichen Maßnahme der Fesselung gegriffen.

Nachdem sie der Frau vergebens einen Platzverweis erteilt hätten, sei ihr in der nächsten Stufe eine Gewahrsamnahme angedroht worden. Auch davon habe sie sich nicht beeindrucken lassen. Die Gewahrsamnahme sei in diesem Fall auf besondere Art und Weise erfolgt. Die kurzzeitige Fesselung der Frau am Laternenmast war laut Eibensteiner die am wenigsten einschneidende Maßnahme, um den Verletzten versorgen und die Unfallstelle schnell wieder freimachen zu können. "Wir gehen davon aus, dass das rechtmäßig war." Der Fall werde gerade rechtlich geprüft.

Die betroffene Frau hat den Rechtsanwalt Hans Ulrich Jeromin eingeschaltet. Er hält nicht nur diese Form der Fesselung, sondern auch den Ort, an dem sie erfolgt ist, für unverhältnismäßig. Jeromin sagt: "Das war ja wie am Marterpfahl, das verstößt gegen die Menschenwürde. Es ist unwürdig, einen Menschen an einer viel befahrenen Straße so der Öffentlichkeit preiszugeben. So etwas wird an keiner Polizeischule gelehrt." Der Anwalt hat deshalb Akteneinsicht beantragt. Dass die Frau mehr als eine Viertelstunde gefesselt gewesen sei, streitet Eibensteiner ab. "Es dauerte nur fünf bis sechs Minuten."

© SZ vom 04.08.2017 / hak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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