Kreis Miltenberg:Schlachthof wegen möglicher Tierschutzverstöße geschlossen

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Schweine liegen in der Bucht eines Schweinestalls. (Foto: Marijan Murat/dpa/Symbolbild)

Kranke und verletzte Rinder, Misshandlung von Tieren, Hygienemängel - die Vorwürfe gegen einen Schlachtbetrieb sind schwer. Das Landratsamt machte diesen dicht. Gelangte Fleisch kranker Tiere in den Handel?

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Miltenberg (dpa/lby) - Erneut haben Behörden einen Schlachthof in Unterfranken wegen des Verdachts auf schwere Tierschutzverstöße geschlossen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun eigenen Angaben nach gegen Mitarbeitende des Schlachthofs im Landkreis Miltenberg und mindestens einen Tierhalter. Erst vor zwei Wochen war einem Schlachthof in Aschaffenburg wegen möglicher Tierschutzverstöße der Betrieb untersagt worden.

Videos einer Tierschutzorganisation hatten das Landratsamt auf mögliche Missstände in dem Schlachtbetrieb mit Metzgerei aufmerksam gemacht. „Bei der ersten Sichtung des Materials ergaben sich konkrete Anhaltspunkte für teils schwerwiegende Tierschutzverstöße beim Abladen der für die Schlachtung vorgesehenen Tiere und bei der Betäubung“, teilte die Sprecherin des Landratsamts, Susanne Seidel, am Mittwoch mit. Daraufhin hatte die Behörde den Betrieb am Dienstagmorgen durchsuchen lassen.

Dabei seien kranke und nicht transportfähige Tiere entdeckt worden, sagte Seidel. Außerdem seien Hygienemängel festgestellt worden. Die amtliche Tierärztin, die für die Begutachtung der lebenden Tiere und die Fleischbeschau zuständig sei, sei vorläufig von ihren Aufgaben entbunden. Die Behörde prüfe nun, ob diese möglicherweise ihren Pflichten nicht nachgekommen sei. Die Staatsanwaltschaft ermittele gegen die Frau bislang nicht wegen strafrechtlicher Vorwürfe, teilte eine Sprecherin mit.

Auch bei dem Fall in Aschaffenburg richten sich die Vorwürfe unter anderem gegen eine amtliche Tierärztin. Die Stadt trennte sich von ihr, weil sie den in Verdacht stehenden Schlachthof vor einer Kontrolle gewarnt haben soll.

Es handele sich dabei aber um eine andere Person, sagte Seidel. Der Betrieb im Landkreis Miltenberg war dem Landratsamt zufolge erst im Mai kontrolliert worden. Dabei seien „mittelgradige tierschutzrechtliche Verstöße“ festgestellt worden, heiß es. „Es wurde aber nachgebessert“, sagte Seidel. Damals habe es keine Hinweise darauf gegeben, dass dort möglicherweise kranke Tiere geschlachtet werden.

Die Videoaufnahmen stammen von dem Verein „Soko Tierschutz“. Diese hatte auch die Ermittlungen im Allgäuer Tierschutz-Skandal ins Rollen gebracht, nachdem der Verein Videos veröffentlicht hatte, die Fälle von Tierquälerei aus einem Großbetrieb zeigen sollen. Zum aktuellen Fall sagte der Vorsitzende, Friedrich Mülln: „Es geht um die systematische Schlachtung von kranken und schwer verletzten Rindern.“ Dieses Fleisch dürfe gar nicht in den Handel kommen, weil es eine Gesundheitsgefahr für Menschen darstellen könne. Die Kadaver gehörten in die Tierkörperbeseitigung.

„Der Sachverhalt muss umfassend aufgeklärt werden“, teilte das bayerischen Verbraucherschutzministerium am Mittwoch mit Blick auf die Vorwürfe mit. Tierschutzverstöße seien nicht hinnehmbar. „Das Ministerium erwartet ein hartes und konsequentes Eingreifen der zuständigen Behörden. Rechtsverstöße sind konsequent zu verfolgen.“ Um den Tierschutz in großen Schlachthöfen zu verbessern, arbeite der Bund gerade daran, die Schlachtungen dort permanent mit Video überwachen zu können. Bayern unterstütze dies.

Die Grünen im Landtag sehen allerdings auch die Staatsregierung gefordert. „Es braucht mehr Kontrollen auf Schlachthöfen, Videoüberwachung an den relevanten Stellen, Aufzeichnung und Auswertung für alle Schlachtstätten“, teilte die Sprecherin für Verbraucherschutz, Rosi Steinberger, mit. „Das sind alles keine bedauerlichen Einzelfälle, sondern die Folgen der Politik dieser Regierung. Und nicht nur die Tiere, auch die Menschen in Bayern zahlen die Rechnung dafür – denn auf ihren Tellern landet das Fleisch dieser kranken und gequälten Wesen.“

© dpa-infocom, dpa:230802-99-658673/4

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