München:Ermittler: Corona trieb Prostituierte in Illegalität

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Eine Prostituierte wartet auf Kundschaft. (Foto: Andreas Arnold/dpa/Symbolbild)

Die Corona-Krise hat nach Einschätzung von Ermittlern viele Prostituierte in Bayern in die Illegalität getrieben. Die Zahl der Strafverfahren ist demnach in den...

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München (dpa/lby) - Die Corona-Krise hat nach Einschätzung von Ermittlern viele Prostituierte in Bayern in die Illegalität getrieben. Die Zahl der Strafverfahren ist demnach in den vergangenen beiden Jahren förmlich explodiert.

Allein die Staatsanwaltschaft München I nahm in diesem Jahr schon 215 Ermittlungsverfahren wegen Ausübung der verbotenen Prostitution auf. 2020 waren es nach Angaben des bayerischen Justizministers Georg Eisenreich (CSU) 209. Und selbst das war im Vergleich zu den Vor-Corona-Jahren schon beinahe eine Verdopplung. 2018 waren 120 Verfahren anhängig, 2019 nur 87. Eisenreich sprach von „signifikanten Änderungen zu den Jahren vor Corona“.

Im Oktober vergangenen Jahres hat die Staatsanwaltschaft eine sechsköpfige Spezialabteilung eingerichtet, die sich mit den Delikten „Menschenhandel, Zwangsprostitution und Zuhälterei“ befasst.

Im Schnitt der vergangenen drei Jahre führte die Anklagebehörde 97 Verfahren wegen Zwangsprostitution, 53 wegen Menschenhandels und 47 wegen Zuhälterei. „Das Leid, das durch diese Delikte verursacht wird, ist wirklich sehr, sehr groß“, sagte Eisenreich. Jedes dritte Opfer sei jünger als 21, jedes siebte sogar minderjährig. Fast alle Opfer seien Frauen, fast alle Täter männlich.

Oft werden die Betroffenen mit falschen Job- oder Liebesversprechen aus ihren Heimatländern nach Deutschland geholt und hier dazu gezwungen, sich zu verkaufen.

Die Ermittlungen sind nach Angaben der Abteilungsleiterin Anne Simon meist sehr schwierig - vor allem, weil die betroffenen Frauen oft nicht wagen, gegen ihre Zuhälter auszusagen. Außerdem seien die Ermittlungsverfahren wegen der hohen Dolmetscherkosten nicht billig. Simon spricht von Kosten bis zu sechsstelliger Höhe.

Die meisten Frauen, die Opfer von Zwangsprostitution werden, stammten aus Ungarn, Rumänien und Bulgarien - viele außerdem aus Nigeria. Das bezieht sich allerdings nur auf das sogenannte Hellfeld, also Straftaten, die den Behörden tatsächlich bekannt werden. Ermittler gehen von einem sehr großen Dunkelfeld aus.

Helfen könnte es, den betroffenen Frauen zu erlauben, per Videoschalte gegen die Täter auszusagen, damit sie ihnen im Gericht nicht gegenübertreten müssen. Da sind die rechtlichen Möglichkeiten nach derzeitiger Gesetzeslager allerdings eingeschränkt. Eisenreich fordert schon lange, dies auszubauen.

© dpa-infocom, dpa:210802-99-668481/3

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