Jusos:"Ein Angriff auf den gesamten Nachwuchsverband"

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Nach der Wahlschlappe ihrer Bundesvorsitzenden Johanna Uekermann hadern die bayerischen Jusos mit der SPD

Von Lisa Schnell, Wolfgang Wittl, München

Auch am Montag noch ist es für Johanna Uekermann "nicht einfach", wie sie sagt. Die Bundesvorsitzende der Jusos hatte sich einen aussichtsreichen Platz auf der Bundestagsliste der SPD erhofft. Sie wurde am Samstag auf Platz 26 gewählt und hat damit kaum Chancen, nach Berlin zu gehen. "Klar bin ich sehr enttäuscht", sagt sie. Aber auch wütend. Seit über einem Jahr sei bekannt, dass sie nach Berlin wolle. Dass man es in dieser langen Zeit nicht geschafft habe, eine Lösung zu finden, sei "schon krass".

Die Aufstellung der Bundestagsliste ist für die Bayern-SPD seit jeher eine heikle Angelegenheit. Wie immer gibt es zu viele Kandidaten für zu wenige aussichtsreiche Plätze. Das letzte Mal waren es die Oberbayern, die sich benachteiligt gefühlt hatten. Jetzt sind es die Niederbayern und die Jusos. Die Oberbayern dagegen hatten diesmal rechtzeitig Allianzen geschmiedet. Und so kippten sie zusammen mit den Franken und Schwaben den Vorschlag des Landesvorstands, die Juso-Bundesvorsitzende Uekermann auf den halbwegs sicheren Platz 22 zu setzen.

Vor einem dreiviertel Jahr schon hatten die Jusos einen sicheren Platz für Uekermann gefordert, etwa Platz 20. Dann setzten die Bezirksvorsitzenden durch, auch dieser Platz gehe nach Oberbayern. Am Freitag sprach sich der Landesvorstand mit 19 : 8 Stimmen dafür aus, dass Uekermann Platz 22 bekommen sollte. Doch auch dagegen stand schließlich ein Bündnis - erst auf Platz 26 kam Uekermann zum Zug. Dass sich der Vorstand mit seinem Vorschlag nicht durchsetzen konnte, sei ewig nicht mehr vorgekommen, heißt es. Manche sprechen deshalb von einer "Totalentmachtung" von Landeschef Florian Pronold. Er selbst verweist auf den "Erfolg", dass die ersten 21 Plätze wie geplant ohne Kampfkandidatur durchgingen. Uekermann richtet ihre Vorwürfe auch nicht gegen Pronold, sondern gegen die Bezirksvorsitzenden. Die meisten von ihnen unterstützten sie nicht, weil sie aus Niederbayern kommt und der Bezirk schon mit drei Bundestagsabgeordneten vertreten ist. "Das reine Beharren auf den Bezirksproporz ist einfach unpolitisch", sagt Uekermann. Auch andere Kriterien seien wichtig, etwa das politische Profil. Regionalproporz dürfe nicht das einzige Kriterium sein, sagt auch der niederbayerische SPD-Chef Christian Flisek. "Wir kämpfen ja gemeinsam als Bayern-SPD, nicht als einzelne Bezirke." In Oberbayern hingegen macht Bezirkschef Ewald Schurer eine andere Rechnung auf: Etwa ein Drittel der bayerischen SPD-Stimmen komme aus Oberbayern, demnach stünden seinem Bezirk auch sieben Abgeordnete zu. Tatsächlich habe man die Zahl nun gerade mal von fünf auf sechs erhöht. Niederbayern hingegen, das nur sieben Prozent der Stimmen beisteuere, habe bereits drei seiner fünf Wahlkreise besetzt.

Schurers These: Die Niederbayern hätten das selbst regeln müssen. Soll heißen: Hätten sie Uekermann nominieren wollen, dann auf Kosten der derzeitigen Abgeordneten Rita Hagl-Kehl. Eine Kampfkandidatur gegen Hagl-Kehl aber sei für Uekermann nicht in Frage gekommen. "Es ging nie darum, Leute gegeneinander auszuspielen", sagt sie, sondern auch darum, andere Zielgruppen anzusprechen, etwa junge Frauen. Schurer aber verweist darauf, dass die Oberbayern mit der erst 26-jährigen Bela Bach ebenfalls eine junge Frau ins Rennen schickten. Viele sind außerdem der Meinung, Uekermann habe sich ihre Niederlage selbst zuzuschreiben. Um doch noch eine Chance zu haben, kündigte sie an, auf Platz vier gegen die Bezirksvorsitzende von Schwaben, Ulrike Bahr, zu kandidieren, zog ihre Entscheidung dann aber zurück. Sie hatte sich mit ihrem Vorstoß den Unmut vieler Delegierter zugezogen. "Das war nicht die schlaueste Idee", sagt Florian Post (Oberbayern). Auch Landeschef Pronold sagt: "Man kann sich auch selbst ein Bein stellen." Uekermann habe mit einer Gegenkandidatur auf Platz 22 gegen Katharina Schrader (Schwaben) durchaus eine Chance gehabt. Doch so funktioniere eben Demokratie. Enttäuscht ist aber auch Pronold: Viele Bezirksvorsitzende hätten ihm das eine gesagt, aber anders abgestimmt. In Zukunft werde es schwieriger sein, Vertrauen zu fassen. Am Schluss aber müsse die SPD zusammenarbeiten. Die Versammlung aber habe "Wunden" hinterlassen, sagt der Niederbayer Flisek.

Auch zwischen den Jusos und der Partei scheint einiges zerbrochen zu sein. Uekermanns Niederlage sei "ein Angriff auf den gesamten Nachwuchsverband", klagt Juso-Landeschef Tobias Afsali, "uns wurde die Zusammenarbeit aufgekündigt". Er sei nun selbst gespannt, wie sich das Wochenende auf die Motivation im Wahlkampf auswirke, in dem 70 000 Jusos wieder fleißig Plakate kleben sollen.

© SZ vom 13.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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