Parteifinanzen:Ermittlungen nach Unregelmäßigkeiten bei der Ingolstädter CSU

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Unruhige Zeiten bei der Ingolstädter CSU: Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Staatsanwaltschaft nimmt finanzielle Vorgänge innerhalb der Partei unter die Lupe. Es geht unter anderem um mutmaßlich verschwundene Ticketeinnahmen beim CSU-Faschingsball. Auch Horst Seehofer hatte sich in die Sache eingeschaltet.

Von Thomas Balbierer, Ingolstadt

Nach dem Bekanntwerden finanzieller Unregelmäßigkeiten bei der Ingolstädter CSU hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Wie die Ingolstädter Behörde auf SZ-Anfrage mitteilte, hat sie nach Medienberichten über Ungereimtheiten beim CSU-Faschingsball sowie weiteren Vorgängen im Kreisvorstand zunächst Vorermittlungen geführt, aus denen sich "gewisse Verdachtsmomente" ergeben haben.

Das Ermittlungsverfahren stehe noch am Anfang. Es richtet sich gegen unbekannt, weitere Informationen will die Staatsanwaltschaft derzeit nicht mitteilen. Eine Sprecherin verweist auf die Unschuldsvermutung und die geringen Hürden zur Aufnahme von Ermittlungen.

Im Februar wurden Unstimmigkeiten bei der Abrechnung des Faschingsballs der Ingolstädter CSU im Jahr 2023 öffentlich. Nach SZ-Informationen stand seit Längerem der Verdacht im Raum, dass Einnahmen aus dem Ticketverkauf verschwunden sind, es soll um mehr als 10 000 Euro gehen. Zu diesem Ergebnis kam eine Sonderprüfung der CSU-Kassenprüfer. Demnach stimmt die durch Ticketverkäufe verbuchte Summe bei Weitem nicht mit der Zahl von rund 2000 in Umlauf gebrachten Karten überein, die je nach Kategorie 18 oder 42 Euro gekostet haben. Statt eines Gewinns fuhr die "Schanzer Nacht" 2023 ein Minus von 1600 Euro ein.

Nach SZ-Informationen beanstandeten die Prüfer, dass die Ingolstädter CSU Parteimittel verschwendet und unwirtschaftlich gehandelt habe - und zwar "in eklatanter Weise". Bis zu einer Aufklärung der Unstimmigkeiten solle der Vorstand des Kreisverbands nicht entlastet werden, forderten die Prüfer.

Eine Runde um Horst Seehofer fand keinen Hinweis, dass Geld "entwendet oder veruntreut worden ist"

Am 18. Februar traf sich in Ingolstadt eine hochrangige Runde aktueller und ehemaliger CSU-Funktionäre zu einer mehrstündigen Krisensitzung, mit dabei: Horst Seehofer, Ex-Ministerpräsident. Am Ende teilten die Parteigranden in einer Stellungnahme mit: "Es gibt auch nach eingehender Prüfung keinen konkreten Hinweis darauf, dass Geld des CSU-Kreisverbands entwendet oder veruntreut worden ist."

Den Fehlbetrag erklärten sie damit, dass wohl "mehrere Hundert Karten" verschenkt worden seien, etwa an Sponsoren und Helfer. Doch Zweifel an dieser Erklärung bleiben, weil es keinerlei Dokumentation gab und Beteiligte der Darstellung widersprechen, dass massenhaft hochpreisige Karten verschenkt wurden. Einen Missbrauch konnten die CSU-Granden auch nach ihrer Krisensitzung nicht ausschließen.

Zumal die Seehofer-Runde im Anschluss weitere fragwürdige Vorgänge öffentlich machte. Zum Beispiel, dass die Ingolstädter CSU ihrem Vorsitzenden Stefan Huber zwei Spendenquittungen dafür ausstellte, dass Huber zwei CSU-Anhänger auf seinem Grundstück geparkt hat. Der Kreisvorstand habe davon nichts gewusst. Nach SZ-Informationen soll es um eine Summe von etwa 6000 Euro gegangen sein. "Nach eigener Auskunft hat er die Spendenquittungen zurückgezogen", teilten die CSU-Ältesten im Februar mit. "Die Originale wurden entwertet." Huber hat sich bislang nicht zu den Vorgängen geäußert, er sei krankgeschrieben, heißt es in der Partei. Eine SZ-Anfrage blieb unbeantwortet.

Hubers Stellvertreter Christoph Hofmann teilte am Donnerstag in einem dürren Pressestatement mit, man habe der Staatsanwaltschaft "vollumfängliche Unterstützung zugesagt". Er schrieb auch von einem "Drohbrief", der bei den Ermittlungen eine Rolle spiele. Das Verfahren werde man "nicht weiter kommentieren".

Damit geht die Unruhe in dem aktuell von undurchsichtigen Machtkämpfen umtosten Kreisverband weiter. Zuletzt hatte der CSU-Nachwuchs von der Jungen Union einem ihrer Stadträte öffentlich die Zusammenarbeit aufgekündigt, auch um die OB-Kandidatur 2026 soll es bereits Ränkespiele geben.

Der Partei steckt noch immer der Bestechungsskandal um den langjährigen Oberbürgermeister Alfred Lehmann in den Knochen, der 2019 zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Kurz darauf verlor die CSU das Rathaus an die SPD. In der CSU hatte man gehofft, dass das Kommuniqué der Seehofer-Runde im Februar genügend Gewicht haben würde, für Ruhe zu sorgen. Doch die nun eingeleiteten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dürften den Blutdruck eher nicht senken.

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